Stadtteil von Unten: Erstes Konzept für eine alternative Nutzung der Polizeiakademie Freiburg

Ein sozialer, ökologischer, selbstverwalteter Stadtteil –
Stadtentwicklung selbst machen!

Worum geht’s?

PolizeiakademieIm März 2012 wurde bekannt, dass im Zuge der baden-württembergischen Polizeireform die in Freiburg angesiedelte Akademie der Polizei nach Böblingen umziehen wird. Damit wird das Gelände der Polizeiakademie in Haslach-Schildacker aller Voraussicht nach bis Sommer 2016 frei.
Das ca. 5,8ha (=58.000m²) große Areal kann damit einer neuen Nutzung zugeführt werden. Dies hat auch die Stadt Freiburg erkannt und im Herbst 2013 entschieden, dass ein Rahmenkonzept zur zukünftigen Entwicklung des gesamten Areals erstellt werden soll. Die Stadt hat zwar noch eine leise Hoffnung, die Polizeiakademie in Freiburg halten zu können, es ist aber nach derzeitigem Stand der Dinge davon auszugehen, dass die Reform wie geplant umgesetzt, die Akademie also aus Freiburg abziehen wird. Die Stadt lässt deshalb ein Nutzungskonzept für den Schildacker entwickeln. Erste Ergebnisse dieser Planungen sollen im Herbst 2014 vorliegen.
Das Land Baden-Württemberg hat angekündigt, landeseigene Flächen wie die der Polizeiakademie um bis zu 50% unter den marktüblichen Bodenpreisen an die Kommunen abzugeben.

Was wollen wir?

Nach Bekanntwerden dieser Pläne hat sich aus dem Freiburger Recht-auf-Stadt Netzwerk heraus eine Initiative gebildet, die das Gelände der Polizeiakademie einer neuen Nutzung zuführen will. Angesichts des überaus angespannten Freiburger Wohnungsmarktes, der kaum noch Wohnraum zu bezahlbaren Preisen bietet, und einer Stadtentwicklungspolitik, die sich an Prestigeobjekten orientiert (aktuelle Beispiele sind das Green City Hotel in der Vauban, das mit dem Geld der Stadtbaumieter_innen finanziert wurde, und der Umbau des Platzes der alten Synagoge in der Innenstadt), wollen wir mit unserem Plan für eine alternative Nutzung der Polizeiakademie dieser Entwicklung etwas entgegensetzen.
Wir stellen uns vor, dass das Areal als „Projekt-Stadtteil“ unter dem Dach des Mietshäuser Syndikats dauerhaft dem Immobilien- und Bodenmarkt entzogen wird. Sozialer Wohnungsbau, der in der Regel nach 10, 15 oder auch 20 Jahren unhinterfragt aus der Bindung fällt (wie bspw. in den Freiburger Vorzeigestadtteilen Vauban und Rieselfeld), schafft keinen dauerhaft günstigen Wohnraum und steht auch nicht außerhalb von „Marktgesetzen“, weshalb Mieterhöhungen und Drangsalierung der Mieter_innen hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind.
Aus diesen Gründen wollen wir eine echte Alternative schaffen: einen Stadtteil, der dem Markt entzogen wird und bleibt, der selbstverwaltet und basisdemokratisch funktioniert und der sozial und ökologisch nachhaltig genutzt wird. Dazu gehört für uns auch, dass in einem solchen Stadtteil für vielfältige Wohn-, Arbeits- und Lebensformen Platz sein muss. Hierzu gehören z.B.  menschenwürdige Unterkünfte für Flüchtlinge, Wagenplätze, politische Initiativen wie das Rasthaus, Gemeinschaftswerkstätten, Mehrgenerationenwohnen, barrierefreie Raumkonzepte und vieles mehr.
In Freiburg ist der Mangel an solchen Wohn- und Lebensmöglichkeiten in den letzten Jahren zum beherrschenden Thema geworden. Es ist kein Platz mehr für alternative und nicht-kommerzielle Subkultur, es fehlen Wohnraum für Geflüchtete, Wohnungslose, Studierende und im allgemeinen für Menschen mit wenig Geld ebenso wie z.B. Proberäume für Bands oder günstiger Raum für Kleingewerbe. Familien haben zunehmend Schwierigkeiten, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu finden, Plätze für Wagenleben stehen nicht (mehr) zur Verfügung – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Wir wollen für eine gute Mischung hinsichtlich des Lebensalters sorgen und Raum schaffen für eine große Vielfalt an Lebensentwürfen und (flexiblen) Haushaltsgrößen. Wir wollen ein Quartier, an dem Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen wie die oben genannten unabhängig von ihrem ökonomischen Status teilhaben können.

Die Chance!

Die Polizeiakademie als eines der letzten großen innerstädtischen Entwicklungsgebiete bietet uns das Potential, eine echte Alternative zur gängigen Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik zu schaffen. Dass solche Pläne realisierbar und keine bloßen Gedankenspiele sind, zeigen die zahlreichen Projekte, die unter dem Dach des Mietshäuser Syndikats entstanden sind. In Freiburg bspw. ist die SUSI im Vauban heute ein großes, seit 20 Jahren funktionierendes Projekt, das unter ähnlichen Bedingungen begonnen hat. Die Polizeiakademie ist mehr als dreimal so groß wie die Fläche von SUSI – bietet uns also dementsprechend mehr Möglichkeiten, unsere Visionen einer Stadtentwicklung umzusetzen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen und nicht an Profit und Prestige orientiert. Wir wollen eine soziale, ökologische, selbstverwaltete, nicht-kapitalistische und emanzipatorische Alternative jenseits von Markt und Staat schaffen, eine Alternative zu dem, was uns tagtäglich als ökonomische Notwendigkeit und Sachzwang präsentiert wird. Aus dieser Logik auszubrechen, dafür bietet das Gelände der (bald ehemaligen) Polizeiakademie die in Freiburg vielleicht letzte große Chance. Die Initiative schafft bewusst Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen aus ganz unterschiedlichen Milieus.

Wie weiter?

Im Januar dieses Jahres hat sich eine Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen Zusammenhängen zusammengesetzt und den Anstoß gegeben, das Gelände der Polizeiakademie auf eine kreative Weise neu zu nutzen. Seitdem beraten wir mit wachsender Beteiligung über geeignete Strategien, etablieren eine gute Organisations- und Kommunikationsstruktur und entwickeln gemeinsam ein Konzept, wie unser Modellstadtteil konkret aussehen soll und wie wir die Finanzierung stemmen können. Im Hinblick auf die Kommunalwahl Ende Mai ist es unser Ziel, unsere Vorstellung einer alternativen Nutzung der Polizeiakademie zu einem großen stadtpolitischen Thema dieses Jahres zu machen.

Wir laden alle Interessierten herzlich ein, sich einzubringen und selbst an der Entwicklung dieses einzigartigen Projektes mitzuwirken!

Informationen und Kontakt vorerst noch über www.rechtaufstadt-freiburg.de

Das Konzept als Flyer