Solidarität statt Niedriglöhne und Mietexplosion – Wer hier wirklich gegen wen kämpft

Dieser Text entstand auf Grundlage einer Rede der FAU die bei der Demo: „Niemand flieht ohne Grund – Solidarität statt Asylrechtsverschärfung“ gehalten wurde.

Die letzte Dekade ist geprägt von ständigen Angriffen auf die sozialen und politischen Rechte und der Schaffung von mehr Armut und Prekarität. Die Deregulierung des Wohnungsmarktes seit Kohl, die Agenda 2010 unter Rot-Grün. Die beschlossene Einschränkung des Streikrechts und Handelsabkommen wie TTIP und Co. – das alles folgt demselben Muster: Die aus Kämpfen entstanden Errungenschaften für ein besseres Leben der Arbeitenden, Erwerbslosen, BürgerInnen und Nicht-BürgerInnen werden eingeschränkt oder abgeschafft. Rechte werden restriktiver, Sozialleistungen werden gekürzt und marktförmig organisiert. Ausgrenzungen werden geschaffen, und dies ist kein Betriebsunfall, sondern die Logik des Kapitalismus und dessen Krisen.

Gesetze und ihre Mittel werden bei Flüchtlingen zuerst angewendet und geschaut, ob die Gesellschaft bereit ist, die jeweilige Einschränkung hinzunehmen.
Ein Beispiel sind die bekannten 1-Euro-Jobs. Diese gab es bereits vor den Hartz-IV Gesetzen bei den Flüchtlingen. Nennenswerte Widerstände gab es nicht. Denn: „So lange es mich nicht selber betrifft, ist es mir egal“. So wurden sie dann Jahre später für Erwerbslose eingeführt.

EU-BürgerInnen, Flüchtlinge
Das Aussetzen des europäischen Fürsorgeabkommens durch die Bundesregierung, das EU-BürgerInnen wie „InländerInnen“ in der sozialen Absicherung eigentlich gleichstellt, geht in die gleiche Richtung. Es ist ein Kampf gegen Arme und der Versuch, Menschen in 1./2./3. Klasse einzuteilen und gegeneinander in Stellung zu bringen. Diese rassistische Politik wird mit Begriffen wie „Armutszuwanderung“ oder „Sozialtourismus“ begleitet.

Der Umgang mit Flüchtlingen ist Teil des Kampfes gegen Arme und von sozialem Ausschluss betroffene Menschen. Erwerbslose und Flüchtlinge haben viel gemeinsam. Alle stehen unter dem Druck, ihre Existenz sichern und legitimieren zu müssen, und werden dabei eben auch staatlicherseits angegriffen und versucht gegeneinander auszuspielen. Das neue „Asyl-Gesetz“ steht unter dem Motto: „Wer nicht geht, wird ausgehungert“ (Abschiebung) und wer nützlich ist, darf bleiben. Die Hartz-Gesetze waren begleitet vom Schlagwort: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ (Arbeitszwang), so der damalige Wirtschaftsminister Müntefering (SPD). Also anstatt sich gegeneinander auszuspielen und aushungern zu lassen, lieber gemeinsam kämpfen!

Auch die Wohnungsfrage wird immer mehr zur sozialen Frage. Die Antwort der Politik ist ein Mittelstand- und Oberschicht-Befriedigungs-Programm (Mietpreisbremse, neue Wohnungen nicht unter 10€/m²). Selbst die „Immowelt“ titelte: „Sozialer Wohnungsbau ade – Staat fördert Wohneigentum für Mittelschicht“. Der Bestand an Sozialwohnungen ging zwischen 2002 und 2013 um mehr als eine Million auf 1,4 Mio. Wohnungen zurück. Die Logik dahinter: „Wohnungen für die Reichen, dann fällt auch ein bisschen was für die anderen ab.“ Diese krude These vom Sickereffekt wird sich nicht bestätigen. Verbesserungen müssen erkämpft werden!
Die Süddeutsche Zeitung erklärte treffend: „Der Verteilungskampf findet also nicht zwischen Flüchtlingen und Obdachlosen statt. Sondern zwischen Reich und Arm.“
Die Frage nach „sozialem Wohnungsbau“ kommt in Bewegung, gerade weil die Flüchtlinge hier sind. Der alte „soziale Wohnungsbau“ allein hilft aber nicht. Ideen wie die des Mietshäuser-Syndikats, mit mehr MieterInnenmitbestimmung und vor allem dauerhaft niedrigeren Mieten, gehen in die richtige Richtung.
Eine andere Gesellschaft, die auf Solidarität aufbaut, braucht Druck von unten – von uns!

Soziale Kämpfe sind hierzulande leider selten. Innenminister De Maizière empörte sich jüngst, dass Flüchtlinge sich nicht mit den miesen Zuständen in den Lagern zufrieden geben und sich für ein würdevolles Leben einsetzten. Das ist ungewohnt in Deutschland, aber ermutigend. Lasst uns solidarisch miteinander für bessere Lebensverhältnisse kämpfen, weltweit!