STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (03 2017/04 2017)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören!

  • [FR] STÄRKSTE STADTBAU-MIETERHÖHUNGEN SEIT 4 JAHREN
  • [FR] VIELE NEUE MIETSHÄUSER-SYNDIKATSPROJEKTE?
  • NEOLIBERALES EMPIRICA INSTITUT OHNE JEDE EMPIRIE
  • VER.DI POSITIONIERT SICH IN DER WOHNUNGSPOLITIK
  • WIEN: VERKEHRSBETRIEBE VERTREIBEN OBDACHLOSE
  • BASEL: MASSENKÜNDIGUNGEN GEGEN MIETERINNEN
  • TÜBINGEN: TÖDLICHE ZWANGSRÄUMUNG
  • [FR] GRÜNER OB CONTRA URBAN GARDENING
  • [FR] HÖHER BAUEN IN DIETENBACH

[FR] STÄRKSTE STADTBAU-MIETERHÖHUNGEN SEIT 4 JAHREN
Die Entscheidung des Gemeinderats, die Stadtbaumieten an das Marktniveau anzupassen, führt wieder zu einer extremen Mieterhöhungswelle in Freiburg. Auf die Verabschiedung des Mieterhöhungsspiegels, in den ausschließlich Mieten einfließen, die in den letzten Jahren erhöht wurden, folgt nun, laut dem Mieterbeirat der Freiburger Stadtbau, die größte flächendeckende Mieterhöhungswelle im kommunalen Wohnungsbestand seit vier Jahren. Betroffen sind Stadtbauhäuser in Weingarten, dem Stühlinger und der sogenannte Streubesitz. Die Mieten erhöhen sich um bis zu 15%. Die Gemeinderäte erfuhren von den extremen Erhöhungen teilweise erst aus der Mitteilung des Mieterbeirates. Wieder zeigt sich, dass eine städtische Wohnungsbaugesellschaft keine Lösung darstellt, wenn der politische Wille fehlt, klare Vorgaben zu einem sozialen Handeln zu machen.

[FR] VIELE NEUE MIETSHÄUSER-SYNDIKATSPROJEKTE?
Der BAUVEREIN Wem gehört die Stadt? im Mietshäuser Syndikat hat in einer Erklärung verkündet: „Wir bewerben uns auf alle Baugrundstücke, die die Stadt in neuen Baugebieten ausschreibt und die für Mietshausprojekte geeignet sind.“ So sollen nicht zuletzt auch Investoren gezwungen werden, sich in der Konkurrenz mit dem Syndikat ebenfalls auf lange Sozialwohnungs-Bindungen zu verpflichten. Der alternative Bauverein hofft darauf, dass die nicht auslaufende Sozialbindung, neben anderen, immer zum Kriterium für die Bauplatzvergabe in Freiburg wird.  Im Hinblick auf das Baugebiet Dietenbach und Nachverdichtungsgebiete soll ein Bau- und Informationsbüro gegründet werden, das das Ziel einer neuen Baugenossenschaftsbewegung hat.

NEOLIBERALES EMPIRICA INSTITUT OHNE JEDE EMPIRIE
Der Bauverein Wem gehört die Stadt? aus dem Mietshäuser Syndikat macht in seiner Bildungsreihe „Populäre Irrtümer über den Mietwohnungsbau“ auf eine Falschbehauptung des Empirica-Instituts aufmerksam, auf das sich immer wieder auch die Freiburger Grünen berufen. So bringt Emiprica folgendes Argument gegen die 50%-Quote für sozialen Wohnungsbau: „Muss ein Investor diese Quote erfüllen, wird er die restlichen Wohnungen umso hochwertiger und teurer bauen, um am Ende eine angemessene Rendite erzielen zu können. Das mittlere Preissegment fällt weg. Junge Familien mit berufstätigen Eltern sind geradezu gezwungen, aus der Stadt zu ziehen.“ Richtigerweise erklärt Empirica, dass Wohnungsbauinvestoren nicht auf Renditen verzichten. Daraus folgt allerdings, anders als von Emiprica und den Grünen suggeriert, dass ein Investor eben nicht an „untere-Mittelschicht-Familien“ günstiger vermietet, sondern immer so teuer wie möglich. Im Neubauviertel Güterbahnhof-Nord, für das keine Sozialbauquote galt, finden sich Wohnungen mit 15 oder 16 €/m² Kaltmiete. Der frei finanzierte, bezahlbare Mietwohnungsbau existiert nicht. Die Empirica- und Grünen-Thesen sind also empirisch nicht haltbar. Ohne städtische Vorgaben wird es keinen neuen bezahlbaren Wohnraum, auch nicht für Mittelschichts-Familien, geben.

VER.DI POSITIONIERT SICH IN DER WOHNUNGSPOLITIK
In einem aktuellen wohnungspolitischen Diskussionspapier verknüpft die Gewerkschaft ver.di Wohnungspolitik und Forderungen zu Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Wohnungswirtschaft. So fordert ver.di u.a: Öffentliche Grundstücke dürfen nicht an den Meistbietenden verkauft werden, sondern an die, die sich verpflichten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Bundesländer sollen Auszubildendenwerke (analog zu Studierendenwerken) gründen, um Auszubildende mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Fördermittel von Land und Bund müssen eine eindeutige Zweckbindung für soziale Wohnraumförderung erhalten. Die Vergabe von Fördermitteln für den Wohnungsbau sollte an die Tarifbindung der Unternehmen sowie das Vorhandensein von Mitbestimmungsstrukturen geknüpft sein. Insbesondere in öffentlichen Wohnungsunternehmen darf kein Outsourcing stattfinden. Ver.di vertritt im Diskussionspapier auch die Idee einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit.

WIEN: VERKEHRSBETRIEBE VERTREIBEN OBDACHLOSE
„Die Stadt gehört dir“, der Slogan der Wiener Verkehrsbetriebe gilt leider nicht für alle. Als Ostergeschenk an die TouristInnen, die vermeintlich eine Stadt ohne sichtbare Armut wollen, veranstalteten die Wiener Linien eine sogenannte „Aktion Scharf“ gegen BettlerInnen und MusikerInnen. Zusammen mit Polizei und extra bereitstehenden SchnellrichterInnen fahndeten sie im Verkehrsnetz nach Menschen, die das Hausrecht vermeintlich verletzen. Die Regierung in Wien: Rot-Grün.

BASEL: MASSENKÜNDIGUNGEN GEGEN MIETERINNEN
Im schweizerischen Basel gab es allein in diesem Jahr schon sieben Massenkündigungen gegen MieterInnen. In einem öffentlich gewordenen Fall waren 20 Mietparteien betroffen, die teilweise 50 Jahre im betroffenen Haus mit relativ günstigem Wohnungen lebten. Aufgrund einer „Rundumsanierung“ mit anschließend wohl deutlich höheren Mieten haben die Betroffenen, darunter auch eine etwa 90-Jährige, lediglich drei Monate Zeit, sich eine neue Bleibe zu suchen.

TÜBINGEN: TÖDLICHE ZWANGSRÄUMUNG
In Tübingen endete im 20. März eine Zwangsräumung tödlich. Der Betroffene hatte zuvor auf die Zwangsräumer vom Ordnungsamt geschossen, dabei aber niemanden verletzt. Als er sich versuchte vor einem wohl aus Verzweiflung gelegten Feuer zu retten, stürzte der 69-jährige vom Balkon. Wiederbelebungsversuche scheiterten. Der Mann hatte sich seit vielen Jahren in dem Universitätsgebäude eingerichtet. Bis August 2011 war er laut Universität als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Tübingen beschäftigt. Eine gerichtlich angeordnete Zwangsräumung scheiterte, weil das Amtsgericht den Räumungstermin aufhob. Ein ärztliches Attest hatte Suizidgefährdung bescheinigt. Ein Amtsarzt erklärte dann aber im April 2016: Es bestehe „kein erkennbar erhöhtes Risiko für suizidale Handlungen“. Mehrere Räumungsschutzanträge wurden abgewiesen. Ein Vorgehen von Universität, Sozialamt und Amtsarzt, das nach der tödlichen Zwangsräumung äußerst fragwürdig erscheint. Zudem hatte das Opfer eine Woche zuvor gegenüber dem Universitäts-Rektor und im Internet seine Selbsttötung angekündigt.

[FR] GRÜNER OB CONTRA URBAN GARDENING
Selbst gegenüber dem Stadtimage bestimmt nicht abträglichen Projekten, wie dem urban gardening vor dem Theater, beweist der grüne Oberbürgermeister Salomon seine besondere Ordnungsliebe. Im Gemeinderat entfuhr ihm die Aussage: „Der Saustall muss weg“. Da aber der Kürzungsantrag seiner eigenen Fraktion zur Neugestaltung des Theatervorplatzes bei der Haushaltsdebatte durchfiel, kann der Grüne OB zu seiner Freude doch auf eine betonierte Zukunft hoffen. Das bei vielen beliebte Gartenprojekt muss um seine Zukunft bangen.

[FR] HÖHER BAUEN IN DIETENBACH
Im neuen Stadtteil Dietenbach soll nun doch höher gebaut werden dürfen als angenommen. Der Gemeinderat gibt grünes Licht für eine bis zu 8-stöckige Bebauung. Dieser etwas nachhaltigeren Flächennutzung steht allerdings die Befürchtung entgegen, dass es, auch aufgrund des Sparkassendeals mit den Eigentümern, eher hochpreisig zugehen dürfte. Der Verzicht auf ein öffentliches Stadtteilzentrum dürfte zudem nicht gerade dem sozialen Leben im neuen Stadtteil zuträglich sein.