Abseits des Marktes – wo kommen wir denn da hin?

wohnungsmarkt nein dankeDas hat es schon lang nicht mehr gegeben, dass in der Wohnungsfrage der gewohnte kapitalistische Gang ein wenig Schluckauf bekommen hat. Der marktradikale Block von Grünen-CDU-FreieWähler (der Freiburger Stadtbauverkaufs-Block von 2006) wurde mit einer Stimme Mehrheit im Gemeinderat überstimmt. Zukünftig sollen, wenn der Gemeinderat nichts anders beschließt (die Hintertür, so groß wie ein Scheunentor) 50% der Wohnungen, die gebaut werden, geförderter MIETwohnungsbau sein.

Die Reaktion und die Kampagne dagegen war zu erwarten. In der Badischen Zeitung wurde diese Entscheidung gleich die Tage danach medial in Frage gestellt und bis jetzt ist keinE BefürworterIn wirklich zu Wort gekommen.
Die Immobilienlobby „Vereinigung Freiburger Wohnungs- und Gewerbeunternehmen“ (VFW), die vor einem Jahr gegen Ralf Klausmann (Freiburg Stadtbau FSB) geputscht hatte, um von seinem scheinbaren „Kuschelkurs“ abzuweichen, meldete sich zu Wort, um nun nicht mehr so „brav“ wie in der Vergangenheit zu sein. Cornelia Rupp-Hafner vom VFW: „Die Quote stellt eine dirigistische Zwangsmaßnahme dar, die nicht mit marktwirtschaftlichen Prinzipien vereinbar ist und in erheblichem Maße in die Privatautonomie sowie das Eigentumsrecht eingreift.“
Dass die Immobilienlobby ihre Reichtumsvermehrung höher und schützenswerter einstuft als die Privatautonomie eines Menschen, der kein Wohneigentum hat, oder der in ständiger Angst ist, diesen Rückzugort (Mensch kann nicht Nichtwohnen) durch steigende Mieten zu verlieren, überrascht nicht – da geht alles seinen gewohnt kapitalistischen Gang.
Zu Weihnachten konnten wir ja wieder erleben, wie  sich die Immobilienverwertungs-Koalition gerne sieht: Als WohltäterIn, die am Ende des Jahres symbolisch und ritualisiert beispielsweise Schlafsäcke verteilt (CDU), oder regionale Immobilienmakler und Hausverwalter (IVD), die mit 3200€ (etwa 3 Mieterhöhungen) 40 Kindern aus dem Stühlinger ermöglichte, dass diese Geschenke zu Weihnachten bekamen. Statt nicht mehr ständig die Mieten zu erhöhen, wird zum Ende des Jahres ein bisschen Mitleidsökonomie gemacht und es werden  medienwirksam  „Wohltaten“ verteilt. Danke auch!

Ja haben wir denn schon Sozialismus?
Ein weiterer Teil dieses Kasperletheaters ist fast schon lustig und trägt zur Unterhaltung bei. Die FDP musste sich in einer Pressemitteilung, nach dem Beschluss, von sozialistischen Umtrieben distanzieren: Denn „manche Mitglieder und Sympathisanten der FDP befürchteten, bei deren Stadträten sei der Sozialismus ausgebrochen“, so die FDP. Aber sie beschwichtigt, sie haben nicht dem Kapitalismus und der „Freiburger Schule“ abgeschworen, so sei der „Beschluss eher symbolischer Natur, da er kaum Auswirkungen haben wird“.

Genossenschaftsstadt
Die Aufregung, die dieser Beschluss hervorgerufen hat, zeigt, dass selbst Minischritte weg von der über den Markt organisierten Wohnversorgung (Dekomodifizerung) in Freiburg einer Palastrevolution gleichkommen.
Die illustre Gruppe von Ex-Stadtplanern, die sich in letzter Zeit immer wieder zu Wort meldet, meinte im Wochenbericht (3.6.2015): „Die Stadtbau und weitere genossenschaftliche Bauträger müssten gestärkt werden, denn nur sie seien Garant für günstige Wohnungsangebote auch bei Neubauten.“
Auch wenn es reichlich naiv ist, die FSB, aber auch die ein oder andere Genossenschaft als Garant für bezahlbaren Wohnraum anzusehen, ist der Gedanke richtig: Freiburg muss eine (Wohn-)Genossenschafts-Stadt werden!
Also jene kleinen Genossenschaften von Unten und Mietshäuser-Syndikate, in denen die Menschen entscheiden, die in den Häuser leben und somit ein Garant dafür sind, dass das Wohnen dem Markt entzogen wird und nicht (wieder) kommerzialisiert.