STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (07/09 2015)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese Stadt-für-Alle Nachrichten (Rückblick 15. Juni – 15. Juli 2015)

SOZIALER WOHNUNGSBAU FÜR ALLE!
Mehrere Akteure fordern angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen eine massive Ausweitung des Sozialen Wohnungsbaus. Im in Hannover entstandenen Buch Refugees Welcome – Konzepte für eine menschenwürdige Architektur wird z.B. der Umbau von innerstädtischen Parkhäusern vorgeschlagen, um hier ein gemeinsames Wohnen von Flüchtlingen und Studierenden zu ermöglichen, um so zu einer Durchmischung im Zentrum zu kommen. Ferner schlägt der Architekturprofessor Jörg Friedrich vor, dass nur wer 20 Prozent „Flüchtlingswohnungen“ mitbaut, ein städtisches Baugrundstück übereignet bekommen soll. Allgemein lässt sich sagen, dass die großangelegte Schaffung von bezahlbarem Wohnraum die Aufgabe für die nächste Zeit wird, auch um soziale Konflikte beim Kampf um Wohnraum zwischen verschiedenen Gruppen der Gesellschaft, wie auch Flüchtlingen, vorzubeugen.

[FR] ZAHL VON ZWANGSRÄUMUNGEN STEIGT LEICHT
Auch in Freiburg werden Menschen Jahr für Jahr zwangsweise aus ihrer Wohnung geräumt, z.B. weil sie ihre Miete nicht mehr zahlen konnten. Im Jahr 2014 waren in Freiburg laut Amt für Wohnraumversorgung 136 Zwangsräumungen mit 282 Betroffenen angesetzt. 2013 waren es 138 Räumungen mit 230 Betroffenen. Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres sind bisher 67 Zwangsräumungen angesetzt gewesen. Tatsächlich stattgefunden haben 2014 102 Räumungen; 2013 waren es 90. Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres wurden 48 Zwangsräumungen vollzogen.
Von den terminierten Zwangsräumungen betrafen 2014 66 sogenannte Wohnbauunternehmen, worunter auch die Stadtbau fällt, die hier den größten Anteil ausmachen dürfte, und 70 private VermieterInnen. 2015 fielen 26 auf Wohnbauunternehmen und 41 Wohnungen auf private VermieterInnen.

ÜBER 300 STÄDTE WURDEN VON BRAUNKOHLEKONZERNEN VERNICHTET
Seit 1924 wurden in Deutschland 313 Siedlungen weggebaggert. Friedhöfe wurden verlagert, Kulturdenkmäler, uralte Schlösser und Kirchen vernichtet und Menschen vertrieben. 2017 soll im Zuge der Erweiterung des Braunkohletagebaus der Dom von Immerath, ein Meisterwerk der rheinischen Neuromanik, gesprengt werden.

HAUSBESETZUNG GEGEN GENTRIFIZIERUNG IN KÖLN
In Köln wurde in der Südstadt ein Haus besetzt. Die Besetzung des Karthäuserwalls 14 fand einen Tag nach der zwangsweisen Räumung einer Familie statt, die seit 27 Jahren im Haus gewohnt hatte. Das Haus soll abgerissen werden. Mehr Wohnraum soll auch nach dem Neubau nicht entstehen, dafür aber sollen die Preise deutlich steigen. Eine vermeintliche Baufälligkeit wird von unabhängigen Architekten bestritten. Die BesetzerInnen sagen NEIN zum Abriss von günstigem Wohnraum zugunsten von Luxus-Neubauten; NEIN zur Verdrängung und zum Austausch der Bewohnerschaft in zentralen Lagen.

[FR] BRACHE WICHTIGER ALS WILLKOMMENSZELT FÜR FLÜCHTLINGE
Zur Eröffnung der bedafsorientierten Erstaufnahmestelle gegen Flüchtlinge errichtete das No-Lager-Bündnis, ein Zusammenschluss aus verschiedenen flüchtlingssolidarischen Gruppen und Einzelpersonen, gegenüber der BEA, auf einem Teil der Götz-und-Moritz-Brache, zwei Willkommenszelte für Flüchtlinge. Hier sollte es unabhängige Informationen zum Asylverfahren für die Betroffenen und Raum zum Austausch geben; es sollte Kritik an der Lagerunterbringung geübt und ein klares Willkommenszeichen gesetzt werden. Die Eigentümerin des Grundstücks, Frau Götz aus der Baumarktfamilie Götz und Moritz, interessierte all dieses aber nicht. Sie stellte Strafanzeige. Nach wenigen Tagen ergriff die Polizei die Initiative und räumte. Schnell kam ein Bagger, um dort, wo tags zuvor noch Flüchtlinge mit anderen Fußball spielten, ein unbrauchbares Hügelfeld zu hinterlassen.

ZELTSTÄDTE SIND POLITISCH GEWOLLT
Während etwa 1000 Flüchtlinge in Dresden in einer Zeltstadt untergebracht sind, in der sie anfänglich immer wieder massiven Anfeindungen von Rechten ausgesetzt waren, stehen in der gleichen Stadt Dresden etwa 20.000 Wohnungen ungenutzt leer.

OLYMPIA VERTREIBT MENSCHEN
In Brasilien müssen Schätzungen zufolge etwa 70.000 Menschen umziehen, um der Glitzerwelt der olympischen Spiele in Rio de Janeiro Platz zu machen. Ganze Armenviertel werden platt gemacht, die BewohnerInnen, die bleiben wollen, teilweise polizeilich vertrieben. Ist die Sache nicht legal, zertrümmern Bagger bei den Arbeiten der Olympiabaustelle „aus Versehen“ die Abwasserrohre des Armenviertels und hinterlassen eine stinkende Kloake, neben der es kaum jemand mehr aushält. Im Herbst sollen Hamburgs BürgerInnen in einem Referendum entscheiden, ob sie die Olympiabewerbung Hamburgs für die Spiele 2024 unterstützen.

ABSCHOTTUNG, ABSCHRECKUNG UND OBDACHLOSIGKEIT
Das Bundesinnenministerium plant eine weitere massive Zerstümmelung des Asylrechts. Ein Mitte September bekanntgewordener Entwurf sieht u.a. vor, Flüchtlingen, die über andere EU-Staaten nach Deutschland eingereist sind, sämtliche finanzielle Mittel zu streichen und ihnen nur eine Fahrkarte und Reiseproviant zu gewähren. Das betrifft dann auch genau die Geflüchteten, für dessen freundliche Aufnahme sich Deutschland so gerühmt hatte. Auch Flüchtlingen, die angeblich selber schuld sind, dass sie noch nicht abgeschoben wurden, sollen die Asylberwerberleistungen gestrichen werden. Weiter soll der Verbleib in den unwürdigen Erstaufnahmelagern auf bis zu 6 Monate ausgedehnt werden. Flüchtlinge  aus angeblich sicheren Herkunftsstaaten sollen sogar bis zur Abschiebung kaserniert werden.

NEW YORK: POLIZEI MIT INTERNETPRANGER GEGEN OBDACHLOSE
Auf Initiative von Polizeigewerkschaftsboss Ed Mullins laden gerade zahlreiche PolizistInnen in New York Bilder von Obdachlosen hoch. New York würde verkommen. Die Leute, so Mullins, pinkeln auf die Straße. Obdachlose überall. Er forderte die PolizistInnen dazu auf, in ihrer Freizeit die „Schande New Yorks“ zu zeigen. Die PolizistInnen erstellen eine Karte der Stadt, die verzeichnet, welcheR Obdachlose wo öffentlich zu sehen ist. Derzeit leben offiziell 60.000 Obdachlose in New York City. Schätzungen gehen noch von höheren Zahlen aus.

[FR] UNERTRÄGLICHE ZUSTÄNDE IM MASSENLAGER BEA
Kurz nach der Eröffnung herrschen in der bedafsorientierten Erstaufnahmestelle gegen Flüchtlinge beschämende Zustände, darauf machte das No Lager Bündnis aufmerksam. Die Schutzsuchenden bekommen kein Bargeld, sondern lediglich Sachleistungen. Dies ist ein klarer Rechtsbruch. Laut Gesetz steht ihnen eine Bargeldsumme von 143 € monatlich (für alleinstehende Erwachsene) zu, unabhängig von förmlicher Asylantragstellung oder Anhörung. Privatsphäre und Schutz für Frauen, auch schwangere Frauen, existierte nicht, die Versorgung mit Essen war mangelhaft, es gibt zu wenige und dreckige  sanitäre Einrichtungen und die Kleiderspenden der Bevölkerung kommen nicht bei den Betroffenen an. Sprach man erst von 300-500 Personen, die dort untergebracht werden sollen, ist nun schon von über 900 die Rede.