STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (03/04 2016)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese Stadt-für-Alle Nachrichten.

[FR] GEFAHRENGEBIET STÜHLINGER KIRCHPLATZ
Die Stadt und die Freiburger Polizei haben Ende letzten Jahres den Stühlinger Kirchplatz zu einem „Einsatz- bzw. Kriminalitätsbrennpunkt“ erklärt. Die Polizei gibt sich damit das Recht, verdachtsunabhängige Personenkontrollen vorzunehmen. Auch Aufenthaltsverbote für den Platz in der Zeit zwischen 10 Uhr morgens und 3 Uhr nachts werden ausgesprochen. Eine Statistik, die als Rechtfertigung für diese Sonderrechte, die massiv in Grundrechte eingreifen, existieren soll, ist laut Polizei nicht zum Veröffentlichen vorgesehen. Die verstärkte Kontrolltätigkeit der Polizei führt Berichten zufolge mal wieder zu einem racial profiling, also zu einer rassistischen Kontrollpraxis. Vorhandene Probleme werden nicht gelöst, sondern verlagert.

[FR] MIETERINNENVERDRÄNGUNG IM BINZENGRÜN BESCHLOSSEN
Der Freiburger Gemeinderat hat die geplante Umwandlung der Stadtbauwohnungen im Weingartener Hochhaus Binzengrün 34 von Miet- in Eigentumswohnungen abgesegnet. Für 3.250 €/qm sollen die Wohnungen verkauft werden. Zuerst bekommen sie die ehemaligen MieterInnen angeboten. Diese werden sich die Wohnungen aber in den allermeisten Fällen nicht leisten können. Die FSB ist erfreut darüber, dass ihrer Annahme zu Folge maximal 2% der AltmieterInnen in den sanierten Bau zurückkehren werden. Die Sanierung des Hochhauses, das anschließend privatisiert wird, kostet etwa 16,2 Millionen Euro. 4,2 Mio. kommen aus öffentlichen Geldern.

BANLIEUES IN BERLIN?
In der Tageszeitung Neues Deutschland warnt der Berliner Stadtsoziologe Andrej Holm vor der Entstehung von Banlieues, wie sie etwa in Frankreich existieren. Für Berlin erklärt er: „Es entwickelt sich eine ziemlich klassische Konzentration von Armen in Großsiedlungen am Stadtrand.“ Große Teile der Stadt seien „Hartz IV-freie Zonen“. Das Herausfallen von innerstädtischen Wohnungen aus der sozialen Bindung, das auch in Freiburg massenhaft geschieht, nennt Holm einen Skandal. Er fordert ein Mietmoratorium für die öffentlichen Wohnungen, das Erhöhungen bei Bestandsmietern und auch bei Neuvermietungen ausschließen würde. Durch einen „Anti-Spekulationsfonds“ könnte die Stadt zudem Häuser, in denen offensichtlich „Entmietungsstrategien“ existieren, aufkaufen.

[FR] KEINE 50%- MIETERINNENBETEILIGUNG AN STADTBAU
In einer Pressemitteilung hatte die Linke Liste am 1. April verkündet: Radikaler Kurswechsel bei der Freiburger Stadtbau. In einer schonungslosen Analyse seien Rathausspitze und Geschäftsführung der FSB zum Schluss gekommen, dass die Stadtbau zunehmend nicht mehr ihrem im Gesellschaftervertrag festgelegten sozialen Auftrag nachgekommen sei. Die galoppierende Mietpreisentwicklung mache eine radikale Umkehr notwendig. Entsprechend den Stadtbau-Geheimplänen sollten die MieterInnen mit 50% an der Freiburger Stadtbau beteiligt werden. Die Gründung einer MieterInnen-Genossenschaft, über die die Mieterbeteiligung laufen könnte, werde geprüft. Leider alles nur ein Aprilscherz.

[FR] TEURES WEINGARTEN
Die Immobilienpreise steigen auch in Freiburg immer weiter. 2015 wurden aber trotz der Wohnungsnot nur rund 350 Neubauwohnungen, darunter knapp 100 Studierendenwohnungen, verkauft, so die Bilanz aus dem städtischen Immobilienbericht. 2005 wurden z.B. knapp 700 Neubauwohnungen verkauft. Der durchschnittliche Kaufpreis pro m² lag letztes Jahr bei 4.466 Euro. Studierendenwohnungen wiesen einen Quadratmeterpreis von 5.199 Euro auf. In Herdern lag der durchschnittliche Preis für neue Wohnungen bei 6 130 Euro pro m². In Weingarten stiegen die Preise in den letzten drei Jahren bei Bestandsimmobilien um fast 46 Prozent, auf 2089 Euro.

BUNDESBANK WARNT VOR IMMOBILIENBLASE
Angesichts des starken Preisanstiegs bei Wohnimmobilien in den Metropolregionen und einem Kreditvolumen, das zuletzt so stark gestiegen ist wie seit 13 Jahren nicht mehr, gibt sich selbst die Bundesbank skeptisch. Man habe mehr Bedenken als in den vergangenen Jahren. Die niedrigen Zinsen führen dazu, dass Banken großzügig Immobilienkredite vergeben. Es besteht allerdings die Gefahr, dass die KundInnen diese später nicht mehr bedienen können, was eine Immobilienblase mit sich bringen würde.

ARME STERBEN DEUTLICH FRÜHER
Die Lebenserwartung unterscheidet sich bei Männern zwischen der niedrigsten und der höchsten Einkommensgruppe um 10,8 Jahre. Bei Frauen beträgt der Unterschied 8,4 Jahre. Das zeigen Daten des Robert-Koch-Instituts. Von Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes oder chronischen Lungenerkrankung sind ärmere Menschen deutlich häufiger betroffen. In struktur- und einkommensschwachen Regionen ist die Lebenserwartung deutlich niedriger als in Gegenden mit hohen Einkommen. „Billige Wohnungen liegen häufig an befahrenen Straßen, Lärm und Abgase machen krank.“ so der Soziologe Matthias Richter. Auch in Freiburg und dem Freiburger Umland baut man Sozialwohnungen, wenn man sie denn baut, meist als Lärmschutzriegel und schützt so die Reichen mithilfe der Armen vor Gesundheitsrisiken.

WAHNSINNIG HOHE STUDIMIETEN
Studierende zahlen immer höhere Mieten, zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Um zweistellige Prozentwerte stiegen zwischen 2010 und 2015 die Mieten für eine typische Studierendenwohnung in 11 untersuchten Universitätsstädten. In Stuttgart betrug die Preissteigerung in diesem Zeitraum 18,2%. Auch WG-Zimmer sind keine günstige Alternative mehr. In München zahlten Studierende 2015 im Durchschnitt sage und schreibe 580 € im Monat für das Wohnen. WG-Zimmer waren durchschnittlich für schlappe 530 € zu haben. Gerade durch die vielen Umzüge treiben Studierende mit diesen gezahlten Mieten auch für alle anderen die Mietpreise in Unistädten weiter in die Höhe.

[FR] CRASH STATT IHK
Anders als vor einiger Zeit berichtet, wird der subkulturelle Club Crash weiter an der Schnewlinstraße bleiben. Zumindest bis 2024 wurde der Mietvertrag verlängert. Bis dahin wird es dann wohl auch nichts mit den Neubauplänen der Industrie- und Handelskammer, die sich auf dem Gelände des Crash erweitern wollte. Ein Bündnis aus Mietshäusersyndikat, Grünhof, Bürgerforum Sedanquartier und Nachbarn macht sich für die Entwicklung eines alternativen Nutzungskonzeptes für das Gelände stark, das auch das Crash beherbergen soll.

[FR] KRIMINALITÄTSSTATISTIK ANDERS LESEN!
Die erste Botschaft der Polizei klang für viele besorgniserregend: Freiburg bleibt die kriminellste Stadt Baden-Württembergs. Wer genauer hinsieht, erkennt aber schnell: Der vermeintliche Kriminalitätsanstieg resultiert vor allem aus der Bekämpfung der Armen und der Flüchtlingen. Ein Großteil des Anstiegs stammt von der massiven Zunahme, um etwa 1300 Fälle, des sogenannten „Schwarzfahrens“. Angesichts des immer noch nicht eingeführten Sozialtickets stellt das Fahren ohne Fahrschein einen verständlichen Akt da, dessen Bestrafung eine Bestrafung der Armen ist. Wer weiß, dass eine Einreise nach Deutschland ohne Verstoß gegen die unsägliche Dublinverordnung eigentlich kaum möglich ist, weiß auch, dass die Ahndung von Verstößen gegen das Aufenthalts- und das Asylgesetz eine Bestrafung dafür ist, dass man vor Krieg und Existenzgefährdung flieht. Selbst die BZ musste eingestehen, dass Flüchtlinge unterproportional im Bezug auf ihre steigende Zahl an der Zunahme der Kriminalität beteiligt sind. Merke: Wer Flucht nicht bestraft und Mobilität für alle ermöglicht, verringert auch die vermeintliche Kriminalität.