STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (09/10 2016)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese Stadt-für-Alle Nachrichten.

[FR] 10 JAHRE VERHINDERUNG DES FSB -VERKAUFS
2006 plante Oberbürgermeister Dieter Salomon zusammen mit den Gemeinderatsfraktionen der Grünen, der CDU und der Freien Wähler den vollständigen Verkauf des städtischen sozialen Wohnungsbaus an eine private Immobilienfirma. Durch den vielfältigen Widerstand unzähliger Menschen konnte ein Bürgerentscheid über den Verkauf der Stadtbau initiiert und gewonnen werden. Die Privatisierung war somit vom Tisch. Dieser Erfolg wurde nur dadurch möglich, dass man sich nicht vom Gerede von einer „alternativlosen Lösung“ hat einlullen lassen. Jahre später gab eine Politikerin der Grünen die wahren Gründe für die Initiative zum Verkauf preis: Man wollte damals, mit dem ersten grünen Oberbürgermeister im Amt, den Erfolg einer schuldenfreien Stadt präsentieren – auf Kosten tausender Mieter und Mieterinnen. Trotz des erfolgreichen Bürgerentscheids erhöhte die FSB massiv die Mieten und verkaufte, sobald es rechtlich möglich war,  ihren Streubesitz. Nichtdestotrotz: Der Entscheid setzte bundesweit ein wichtiges Signal gegen Privatisierung von öffentlichem Eigentum.

WIRKUNGSLOSE MIETPREISBREMSE
Die Mietpreisbremse, die von Anfang an nicht das Ziel hatte, in den Markt einzugreifen und die Mieterhöhungen zu stoppen, bringt nichts. Zu diesem Ergebnis kommt auch das ZDF-Magazin Frontal 21. So stiegen die Mieten trotz der angeblichen Bremse in Hamburg im ersten Halbjahr 2016 um 5,0% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, in Berlin um 5,5%, in Frankfurt um 6,1% und in München gar um 7,6%. Die Mieten stiegen in Berlin auf 9,07 Euro pro m², in München auf 15,52 Euro pro m².

ARM BLEIBT ARM
Die Hans-Böckler-Stiftung kam in einer Studie zur leider wenig erstaunlichen Erkenntnis: „Arm bleibt arm und Reich bleibt reich“. Galten 1993 noch elf Prozent der Deutschen als arm, waren es 10 Jahre später schon 15,3 % der Bevölkerung, die weniger als 60 % des durchschnittlichen Einkommens verdienten. Jede zweite Person, die 2009 in Armut lebte, tat dies am Ende der Studie 2013 auch noch. 63 % der Untersuchten, die sich im Untersuchungszeitraum nicht aus der Armut befreien konnten, verfügten lediglich über einen Hauptschulabschluss. Die Einkommensungleichheit ist besonders in Ostdeutschland ausgeprägt. Laut Böckler-Stiftung bestehen vor allem bei der unteren Mittelschicht Abstiegsrisiken.

WEITERER ANGRIFF AUF HARZ-IV-BEZIEHERINNEN
Die Jobcenter sollen, nach dem Willen der Bundesagentur für Arbeit, Hartz-IV-BezieherInnen noch schärfer kontrollieren. So sollen BezieherInnen, die nach Ansicht der Bundesagentur ihre „Bedürftigkeit selbst verursacht oder verschlimmert haben“ sämtliche erhaltene Leistungen für bis zu drei Jahre zurückzahlen müssen. Darunter würden selbst Essensgutscheine fallen. Als „sozialwidriges Verhalten“ soll zukünftig auch gelten, wenn Hartz-BezieherInnen nichts tun, um aus ihrer Notlage herauszukommen oder diese verschärfen. Wer z.B. bezahlte Jobs nach Ansicht des Jobcenters grundlos ablehnt, könnte auch von der Rückzahlungsforderung betroffen sein. Die Jobaufgabe, um sich anderweitig weiterzubilden könnte ebenfalls hart sanktioniert werden. Der Krieg gegen Erwerbslose geht weiter. „Sozialwidrig“ ist die ständige Drangsalierung von Hartz-IV-BezieherInnen und die Anhäufung von Reichtum, die aus aus der Ausbeutung der Armen resultiert.

GÖTTINGEN: OM10 KAUFT GEWERKSCHAFTSHAUS
Im November 2015 hatten AktivistInnen das leerstehende ehemalige DGB-Haus in Göttingen besetzt. Sie wollten schnell Wohnraum  für Geflüchtete und andere wohnungssuchende Menschen zu Verfügung stellen. Nun, ein knappes Jahr danach, kommt eine erfreuliche Nachricht aus Göttingen. Der öffentlich Druck hat dazu geführt, dass die Initiative Om10 das Haus zu einem politischen Preis, der sich nicht am Immobilienmarkt orientiert, von der Vermögensverwaltungs- und Treuhandgesellschaft des DGB kaufen konnte. „Mit dem Hauskauf wird das Gebäude für immer dem Spekulationsmarkt entzogen und somit auf Dauer als politisches Zentrum und Raum für selbstverwaltetes Wohnen gesichert.“  so OM10. Auch in Freiburg gibt es die Forderung, das leerstehende DGB-Haus als soziales Zentrum für Alle gemeinsam mit Geflüchteten zu nutzen. Vielleicht auch aufgrund der fehlenden Besetzung, sträubte sich aber bisher die DGB-Bundesebene mit der Initiative zu verhandeln.

[FR] FLÜCHTLINGE WAREN 7-9 MONATE IN NOTUNTERKUNFT
Als die Stadthalle in Freiburg als Notfallunterkunft für Flüchtlinge eröffnet wurde, hieß es von der Stadt, dass die dort untergebrachten Personen nur wenige Wochen bis höchstens 3 Monate in der Stadthalle bleiben sollten. Geplant war, sie dann anders unterzubringen. Nicht zuletzt eine Zukunftswerkstatt zu den Bedingungen in der Stadthalle hat nun ergeben: Die Verlautbarungen im Vorfeld hatten nichts mit der Realität zu tun. Die von den WissenschaftlerInnen befragten Flüchtlinge mussten 7-9 Monate in der Stadthalle bleiben und litten dadurch, dass die Schlafkabinen oben offen sind, insbesondere am Lärm. Kaum Schlaf sei in der Unterkunft in der Stadthalle möglich. Eine noch viel existenziellere Angst beherrscht die Flüchtlinge aus Afghanistan, die in der Unterkunft untergebracht sind. Sie haben Angst vor Abschiebung ins nach Neusprech „sichere“ Afghanistan. Die Notfallunterkunft in der Stadthalle soll Ende dieses Jahres geschlossen werden.

[FR] GRUNDSTÜCKSSPEKULATION AUF KOSTEN DER BÜRGER
Das Essilor-Gelände auf der Freiburger Haid soll Platz für eine Flüchtlingsunterkunft bieten. Das Gelände ist ein städtisches Erbbaugelände. Trotzdem schloss die Stadt vor einigen Monaten mit Essilor einen wahnsinnig teuren Mietvertrag. Und verzichtete durch den Vertrag auch noch komplett auf die Erhebung von Erbpachtzinsen. Durch dieses Handeln der Stadt zum lukrativen Spekulationsobjekt geworden, hat jetzt Essilor schnell einen Investor gefunden, der das Grundstück kaufen wollte. Nun hatte die Stadt Freiburg nur bis zum 4. Oktober Zeit das Gelände zu kaufen, um so die Kontrolle zu behalten. Nachdem die Stadt selbst den Preis hochgetrieben hat, soll  letztlich nicht die sie den Kauf abwickeln, sondern die FWI, an der die Stadt beteiligt ist. So bekommt auch die Sparkasse, andere Eigentümerin der FWI, noch ein bisschen Geld durch spätere Mieteinnahmen zugesteckt. Es lebe die unnötige Immobilienspekulation auf Kosten der Freiburger SteuerzahlerInnen. Der Gemeinderat hat dem Deal einstimmig zugestimmt.

[FR] WIR BAUEN LUXURIÖS
In einer  Pressekonferenz der Stadt zum Thema Wohnen wurden zahlreiche kommende Baustellen präsentiert. An der Habsburger Straße, Mooswald-West, Kappler Straße, in Zähringen. So sollte Aktivität öffentlich gezeigt werden. Festzuhalten bleibt aber: Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum scheint auf der Prioritätenliste der Stadt nicht sehr weit oben zu stehen. Das Motto lautete hingegen: Wir bedienen das Luxussegment… ein paar Krümel werden schon bei den Ärmeren ankommen. Fast 260.000 Menschen könnten Prognosen zufolge bis 2030 in Freiburg leben. Ärmere Menschen dürften es aber schwer haben. So stellte Dieter Salomon mit Blick auf den neuen Stadtteil Dietenbach schon mal klar, dass aufgrund der hohen Baukosten und der benötigten Infrastruktur wohl kaum  preisgünstiger Wohnraum in großer Anzahl entstehen werde. Das Einhalten der 50-Prozent-Quote an sozialem Wohnungsbau, die Einführung einer Vorgabe, keine städtischen Grundstücke mehr an Investoren zu verkaufen, solche Ideen sind Salomon & Co. fremd.