STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (11/12 2016)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören!

  • [FR] MIETERHÖHUNGSSPIEGEL VERABSCHIEDET
  • [FR] KEINE SOZIALWOHNUNGEN IM EKZ LANDWASSER
  • HAMBURG: LEERSTAND ZWANGSVERMIETET
  • BERLIN: ZWANGSRÄUMUNG VERHINDERT
  • STUTTGART GEGEN OBDACHLOSE
  • ERWERBSLOSE IN DER BRD BESONDERS ARM
  • SPANIEN: TOD DURCH ENERGIEARMUT
  • [FR] PROTEST GEGEN AUSSTERBEN DER NACHT- UND KULTURSZENE
  • ERWERBSLOSE ALS GEFAHR

[FR] MIETERHÖHUNGSSPIEGEL VERABSCHIEDET
Der Gemeinderat hat den Mietspiegel 2017 verabschiedet. Dieser weist eine seit 2015 um nicht weniger als 6,5% gestiegene durchschnittliche Netto-m²-Miete auf. Die Mittlere Netto-Basismiete liegt nun bei 8,25€ pro m². In den Mietspiegel fließen keine Bestandsmieten, sondern nur die Mieten ein, die sich in den letzten Jahren verändert haben. Es handelt sich also automatisch um einen Mieterhöhungsspiegel. Große Vermietungsgesellschaften dürfen ihre eigenen Wohnungen vorschlagen, die in den Mietspiegel einfließen. Diese haben natürlich ein Interesse daran, Wohnungen zu wählen, die dafür sorgen, dass der Mietspiegel besonders stark ansteigt, um so wieder die Mieten erhöhen zu können. Methodisch fällt auf, dass eine hohe  Fehlertoleranzquote  von 5% angenommen wird und dass die Zu- und Abschläge sehr willkürlich gewählt sind. So bringt z.B. eine über sechs Jahre alte Einbauküche noch einen Aufschlag von 15% auf die durchschnittliche Nettomiete mit sich. Auch der Vorwurf eines Statistikprofessors, dass die Mieten aufgrund eines methodischen Fehlers generell 5% zu hoch ausgewiesen werden, konnte bisher nicht ausreichend ausgeräumt werden. Die Mieterhöhungswelle bei der Stadtbau, etwa in der Kampffmeyerstraße in Haslach, im Stühlinger und auch im Rieselfeld hat derweil schon begonnen. Diese Mieterhöhungswelle liegt auch daran, dass der Gemeinderat seine Entscheidung, die Stadtbaumieten an den Mietspiegel heranzuführen, noch immer nicht revidiert hat.

[FR] KEINE SOZIALWOHNUNGEN IM EKZ LANDWASSER
Der Investor Unmüssig, dessen Westarkaden kurz nach der Errichtung schon zahlreiche Mängel aufweisen, baut das EKZ Landwasser neu. Unmüssig reißt ab, baut das Einkaufszentrum neu und mit 200-300 Wohnungen größer. Der Freiburger Gemeinderat stimmte mal wieder einer Ausnahme von der 50%-Regelung zu. Eigentlich sollten bei neuen Bauprojekten 50% sozial gebundener Mietwohnungsbau entstehen. Allerdings gibt es bis auf zwei Mal nur Ausnahmen von der Regel, die mit einer Mehrheit von einer Stimme gegen Grüne und CDU durchgesetzt worden war. Unmüssig muss bei den entstehenden Wohnungen sogar keine einzige Sozialwohnung errichten. Derweil fallen in Landwasser demnächst 250 Wohnungen aus der sozialen Bindung.

HAMBURG: LEERSTAND ZWANGSVERMIETET
In Hamburg greift der Bezirk Hamburg-Mitte zum schärfsten Mittel des Wohnraumschutzgesetzes. Sechs Mietwohnungen im Stadtteil Hamm, die trotz Zwangsgeldern seit 2012 leerstehen, werden saniert und über einen Treuhänder vermietet. Die Kosten trägt der Eigentümer, der erst im Anschluss an die erfolgte Vermietung sein Eigentum zurückerhält. Auch andere Hamburger Bezirke wie Altona überlegen, sich der Linie gegen unverantwortliche Eigentümer anzuschließen.

BERLIN: ZWANGSRÄUMUNG VERHINDERT
In Berlin Kreuzberg wurde Ende November eine geplante Zwangsräumung verhindert. Nachdem das Bündnis Zwangsräumung verhindern zum Protest aufgerufen hatte, versperrten etwa 130 Menschen der  Gerichtsvollzieherin den Weg in die Wohnung. Die herbeigerufene Polizei verzichtete auf eine Räumung. Die Wohnung wird seit 31 Jahren von demselben Mieter bewohnt. Nach einem Eigentümerwechsel hatte er die Miete versehentlich weiter auf das alte Konto überwiesen. Eine sofortige Begleichung des offenen Betrags durch den Mieter lehnte der Eigentümer ab. 4 Tage vor Weihnachten war die nächste Zwangsräumung dieser letzten unsanierten Wohnung im Haus angekündigt.

STUTTGART GEGEN OBDACHLOSE
Nicht nur das grün geführte Freiburg, nein auch das grün geführte Stuttgart geht massiv gegen ausgegrenzte Personengruppen vor. So hat der Sozialausschuss des Stuttgarter Gemeinderats mit den Stimmen der Grünen und der CDU beschlossen, im Frühjahr 2017 bei durchgehenden Sitzbänken auf der Königstraße jeden zweiten zu entfernen. So setzt man auch in Stuttgart ein eindeutiges Zeichen an Obdachlose: Wir wollen euch, wir wollen Armut nicht sehen! Obdachlose würden die Bänke „belagern und zweckentfremden“. Veronika Kienzle von den Grünen spricht angesichts von bettelnden und schlafenden Menschen gar von einem „Angstraum“. Zum Glück scheint so viel soziale Kälte doch noch einigen Menschen Angst zu machen: Etwa 100 Menschen demonstrierten mit einer symbolischen Sitzaktion gegen den Abbau der Bänke.

ERWERBSLOSE IN DER BRD BESONDERS ARM
Jeder dritte Erwerbslose kann sich Dinge des täglichen Lebens nicht leisten. Darunter wird u.a. gefasst, wenn die Miete, das Wasser und der Strom nicht rechtzeitig gezahlt werden kann, wenn die Wohnung nicht ausreichend geheizt werden kann oder auch, wenn man sich nicht jeden zweiten Tage eine Mahlzeit mit Fleisch der Fisch leisten kann.  Der EU-Schnitt derer, die unter erheblicher materieller Entbehrung leiden, liegt bei einem Viertel der Erwerbslosen. In Deutschland liegt diese Quote seit 2012 immer über 30 Prozent.

SPANIEN: TOD DURCH ENERGIEARMUT
In Spanien wurde einer 81-jährigen Rentnerin in der katalanischen Gemeinde Reus der Strom abgestellt, da sie die Stromrechnung nicht mehr zahlen konnte. Sie war gezwungen Kerzen aufzustellen. Diese lösten einen Brand aus, der zum Erstickungstod der 81-Jährigen führte. Die Energiearmut forderte einer Studie zufolge in Spanien im Jahr 2014 mehr als 7000 Menschenleben und damit etwa sechsmal mehr als Verkehrsunfälle. Nach dem Tod der alten Dame gingen in Spanien Tausende auf die Straßen: „Das sind keine Todesfälle, das sind Ermordungen!“

[FR] PROTEST GEGEN AUSSTERBEN DER NACHT- UND KULTURSZENE
„Raubt ihr uns die Träume, rauben wir euch den Schlaf“, so das Motto einer Demonstration, die Mitte Dezember in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 5 Uhr morgens durch die Freiburger Innenstadt zog. Etwa 250 Menschen beteiligten sich an der Protest-Parade gegen die restriktive Politik der Stadt Freiburg, die mit  Verordnungen und Auflagen eine „spannende und lebhafte Nacht- und Kulturszene“ verhindere. In den letzten 20 Monaten sei diese Politik schuld an der Schließung von sieben Clubs. Kritisiert wurde zudem die härtere Bestrafung von Outdoor-Raves mit bis zu 10.000€, ein Kommunaler Ordnungsdienst getarnt als Gaststättenkontrolldienst und ein drohendes Alkoholverbot in der Innenstadt. Organisiert wurde die nächtliche Protestparade von mehreren Veranstaltungskollektiven, Polit-Gruppen, Gastronomen, Kulturschaffenden und Aktivistinnen. Dieser Protest, so die Ankündigung, werde nicht die letzte Veranstaltung dieser Art in Freiburg sein.

ERWERBSLOSE ALS GEFAHR
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Jobcenter die Herausgabe von dienstlichen Telefonnummern ihrer MitarbeiterInnen verweigern dürfen. Unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz hatten ErwerbslosenaktivistInnen versucht, die Herausgabe der Nummern zu erzwingen. Der Verweis auf den Datenschutz kam aber beim  Bundesverwaltungsgericht durch. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden könne. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehören u.a. Individualrechtsgüter wie Gesundheit und Eigentum sowie die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerledigung staatlicher Einrichtungen. Peter Nowak analysiert: „Hier schwingt die alte Furcht vor den Unterklassen mit.“