STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (12 2016/01 2017)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören!

  • ARME STERBEN FRÜHER
  • GEWALT GEGEN OBDACHLOSE
  • [FR] ANGRIFF AUF FLÜCHTLINGSWOHNHEIM
  • OXFORD: UNIGEBÄUDE FÜR OBDACHLOSE BESETZT
  • WENIGER QM FÜR MEHR GELD
  • DRESDEN: NEUE KOMMUNALE WOHNUNGSBAUGESELLSCHAFT
  • ZAHLEN FÜRS CONTAINERWOHNEN BEENDET
  • ABSCHIEBUNGEN BLEIBEN UNMENSCHLICH
  • [FR] GEFÄHRLICHES RADFAHREN

ARME STERBEN FRÜHER
Eine Analyse des Lebensversicherers Zurich kommt zu einem wenig erstaunlichen Ergebnis. Ärmere Menschen haben eine deutlich geringere Lebenserwartung als Reiche. Männer mit hohem Einkommen werden elf Jahre älter als ärmere Männer. Bei den Frauen beträgt der Unterschied acht Jahre. Reiche Männer werden im Durchschnitt 81, arme Männer nur 70,1 Jahre alt. Reiche Frauen werden 85, arme Frauen hingegen nur 77 Jahre alt. Im Fall einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf 71 würde die Rentenbezugsdauer ärmerer Menschen auf den niedrigsten Wert in der Geschichte der BRD fallen. De facto bedeutet das: Arbeiten bis zum Tod, um den Reichtum der Reichen weiter zu vermehren.

GEWALT GEGEN OBDACHLOSE
Nach der widerlichen Tat von sieben aus Syrien und Libyen stammenden jungen Flüchtlingen, die in Berlin versucht hatten, einen Obdachlosen anzuzünden, der zum Glück Hilfe von Passantinnen erhielt, breitete sich besonders im Internet die Hetze gegen Flüchtlinge im Allgemeinen aus. Gewalt gegen Obdachlose ist aber kein neues Phänomen. Es geht besonders von denen aus, die jetzt scheinbar ihr Herz für Obdachlose entdecken: Mindestens 28 Obdachlose wurden in Deutschland seit 1990 von Nazis ermordet. Zudem haben rechte Gruppen laut der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe zahlreiche weitere Gewaltakte gegen Obdachlose verübt. Die Tat zeigt also eher, dass sich die 7 Flüchtlinge besonders schnell in die nach unten tretende deutsche Gesellschaft integriert haben. Man geht davon aus, dass die Zahl derer, die in Deutschland auf der Straße leben müssen, von derzeit 335 000 Menschen auf 536 000 bis 2018 steigen könnte. Ohne nachhaltige Bekämpfung der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit dürfte die Gewalt gegen Obdachlose  weiter zunehmen.

[FR] ANGRIFF AUF FLÜCHTLINGSWOHNHEIM
Auf das Flüchtlingswohnheim in der Freiburger Kaiserstuhlstraße hat es kurz vor Silvester einen Angriff gegeben. Dabei wurde eine 37-jährige Frau aus dem Kosovo am Bein verletzt. Sie habe zwei Knallgeräusche gehört und sei mit ihrem Sohn nach draußen gegangen, um nachzusehen. Dabei fiel ein dritter Schuss, der bei ihr zu einer Brandverletzung führte. Laut Polizei wurden die Silvesterböller aus einer Schreckschusspistole gefeuert. In der Vergangenheit war das Wohnheim durch mehrere Abschiebungen durch die Behörden terrorisiert worden.

OXFORD: UNIGEBÄUDE FÜR OBDACHLOSE BESETZT
Im englischen Oxford haben AktivistInnen ein leerstehendes Universitätsgebäude besetzt, um es als Schutz- und Schlafraum für Obdachlose zu nutzen. Während zahlreiche Universitätsgebäude teilweise 10 Jahre lang leerstehen, hat sich die Zahl der Obdachlosen in Oxford seit 2010 verdreifacht. 2016 beschloss der Stadtrat trotzdem, die finanzielle Unterstützung in diesem Bereich um 38 Prozent zu kürzen.

WENIGER QM FÜR MEHR GELD
Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund haben in Deutschland deutlich weniger Wohnraum pro Person zu Verfügung, als sogenannte „Bio-Deutsche“. Dies ergibt sich aus einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2014. Sie lebten im Durchschnitt auf 32,8 m² pro Person, die Anderen auf 47,7 m². Mit 7,26 € pro m² durchschnittlicher Kaltmiete mussten MigrantInnen deutlich tiefer in die Tasche greifen als der Rest, der „nur“ 6,69 € pro m² zahlen musste. Ein Grund für die höheren Preise sei zwar der Umstand, dass Menschen mit Migrationshintergrund häufiger in Großstädten lebten, allerdings zahlten MigrantInnen auch innerhalb der Städte höhere Mieten als Nicht-MigrantInnen und müssten in Folge dessen auch mehr Geld  vom verfügbaren Haushaltseinkommen für das Wohnen ausgeben.

DRESDEN: NEUE KOMMUNALE WOHNUNGSBAUGESELLSCHAFT
Anders als in Freiburg wurde 2006 in Dresden der Verkauf der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft nicht durch einen Bürgerentscheid verhindert. Selbst der städtische Wohnungsmarktbericht gestand später ein, dass der Verkauf ein Grund für Mietsteigerungen auf dem Dresdner Wohnungsmarkt war. Ein weiterer Grund war der Abriss von Wohnungen. Nach dem Verkauf der städtischen Wohngen an Fortress, später Vonovia, hatte es Streit um die Aushebelung der vereinbarten „Sozial-Charta“ gegeben. Nun scheint man den Privatisierungsfehler einzusehen und möchte eine neue städtische Wohnungsbaugesellschaft  gründen. In einer ersten Phase sollen 800 neue, kommunale Wohnungen gebaut werden.

ZAHLEN FÜRS CONTAINERWOHNEN BEENDET
Durch den Abschluss des neuen Tarifvertrags im Bau-Hauptgewerbe zwischen der Gewerkschaft IG Bau und den Arbeitgeberverbänden sollten Bauarbeiter nun nicht mehr im Container übernachten und das auch noch selbst bezahlen müssen. In der Vergangenheit bekam derjenige, der mehr als einen Tag für den Betrieb unterwegs war, vom sogenannten Arbeitgeber eine „Auslöse“ von 34,50 € pro Kalendertag und musste davon häufig selbst die Unterkunftskosten bezahlen. Gerade in Großstädten war es aber kaum möglich, für dieses Geld eine Unterkunft zu finden. Organisierte der Chef die Unterkunft, durfte er dafür dem Bauarbeiter in der Vergangenheit auch noch Geld abziehen. Im neuen Tarifvertrag wird auch eine Verpflegungspauschale von 24 € pro Arbeitstag festgeschrieben, die per
Betriebsvereinbarung, für die es natürlich eine starke, organisierte Arbeiterschaft benötigt, auf bis 28 € erhöht werden kann.

ABSCHIEBUNGEN BLEIBEN UNMENSCHLICH
Immer wieder werden zahlreiche Menschen, insbesondere Roma, aus Baden-Württemberg abgeschoben. Um die Betroffenen vor Sammelabschiebung zu warnen, werden mögliche Termine auf aktionbleiberecht.de veröffentlicht. Immer wieder zeigen Einzelschicksale, wie unmenschlich Abschiebungen sind. Aus Rottweil wurde z.B. ein älterer Mann mit Gehirntumor abgeschoben. Er hätte demnächst operiert werden sollen. Als Angehöriger der Roma-Minderheit wird er in Mazedonien keine Chance auf eine ausreichende Behandlung haben. Mit dem kranken Mann zusammen wurden seine Frau, die beiden erwachsenen Söhne und die Enkelin abgeschoben. Einer der Söhne hat eine geistige Behinderung. In Rottweil hätte er voraussichtlich in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderung arbeiten können. Die Enkelin musste ihren Freund in Deutschland zurücklassen. Die Familie hat in Mazedonien nichts mehr, keinerlei Unterkunft, kein Holz zum Heizen – und das mitten im Winter.

[FR] GEFÄHRLICHES RADFAHREN
Im Dezember hat es in Freiburg an der Hauptverkehrsachse Heinrich-von-Stephan-Straße zwei schwere Fahrradunfälle gegeben. Zweimal übersahen LKW beim Überqueren des Radstreifens RadfahrerInnen. Eine 22-jährige Radlerin verstarb noch am Unfallort. Die Radspur ist zu Berufs- und Universitätsverkehrszeiten so stark frequentiert, dass ein Kreuzen mit adäquatem Sicherheitsabstand zu den RadlerInnen für die Kraftfahrzeuge kaum möglich ist. Leider stellt sich deshalb die Frage nach einer Mitschuld der Verkehrsführung am tragischen Todesfall. Nicht nur hier kann der Verkehrsfluss nicht oberste Priorität haben. Die Stadt sollte dringend dafür sorgen, dass Kraftfahrzeuge, um auf die B 31 zu gelangen, nicht mehr den Fahrradweg kreuzen müssen und die Grünphasen für RechtsabbiegerInnen und FahrradfahrerInnen, die geradeaus fahren, voneinander trennen. Weitere solcher Unfälle wären für eine angeblich fahrradfreundliche Stadt eine Schande.