STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (10 2017/11 2017)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

  • [FR] FALLEN WIEDER 600 SOZIALWOHNUNGEN WEG?
  • [FR] MOOSWALD WIRD NICHT BEBAUT
  • [FR] INVESTOREN WERDEN BEVORZUGT
  • [FR] WIEHRE FÜR ALLE!
  • [FR] WOHNUNGSLOSE STERBEN FRÜH.
  • MIETSPIEGEL ÄNDERN!
  • BEHÖRDEN IGNORIEREN UNVERLETZTLICHKEIT DER WOHNUNGEN
  • [FR] NACHKOMMEN FREIBURGER JÜD*INNEN WERDEN IGNORIERT

[FR] FALLEN WIEDER 600 SOZIALWOHNUNGEN WEG?
Am Ende dieses Jahres fallen in Freiburg wieder ca. 600 Wohnungen aus der sozialen Bindung, so etwa bei Baugenossenschaften. Damit wird die Miete wohl in vielen dieser Wohnungen massiv ansteigen. Eigentlich gäbe es über das Landeswohnraumförderungsprogramm die Möglichkeit, Sozialbindungen verlängern zu lassen. Die Stadtverwaltung scheint aber wenig bemüht zu sein, das Programm, das auch durch städtische Freiburger Mittel mitfinanziert wird, zu nutzen. Darauf macht die SPD-Fraktion aufmerksam. Anfang November hat die Stadt noch keinerlei Gespräche mit Baugenossenschaften, Immobilienfirmen etc. geführt, bei denen Sozialbindungen auslaufen.

[FR] MOOSWALD WIRD NICHT BEBAUT
Ganz offensichtlich aufgrund des anstehenden Oberbürgermeisterwahlkampfes hat Dieter Salomon verkündet auf die umstrittene Bebauung des Mooswaldes zu verzichten. Die Entscheidung gab er auf der Mitgliederversammlung der Grünen, bei der es um die OB-Wahl ging, bekannt. Ursprünglich sollten hauptsächlich zwischen Landwasser und Mooswald bis zu 1500 Wohnungen entstehen. Die Bürgerinitiative AG Mooswald hatte 10.000 Unterschriften gegen die Bebauung gesammelt. Als eine mögliche Ersatzfläche für weiteren Wohnungsbau ist nun z.B. der Parkplatz an der Ensisheimer Straße gegenüber der Eishalle vorgesehen. Auch die Unabhängigen Listen begrüßten das Ende der Pläne: „Der Wald bildet hier einen unverzichtbaren Lärm- und Feinstaubschutz zwischen Zubringer und Wohnbebauung.“ UL und SPD fordern weitere Anstrengungen beim sozialen Wohnungsbau. Oberbürgermeister Salomon versteifte sich zur merkwürdigen Aussage: Aktuell sei der Druck beim Thema Wohnungen etwas weniger hoch als vor zwei Jahren.

[FR] INVESTOREN WERDEN BEVORZUGT
Der Bauverein „Wem gehört die Stadt“ aus dem Mietshäuser Syndikat kritisiert die Stadtverwaltung für ihre Praxis der Grundstücksvergabe. Konkret kritisiert er das Vermarktungskonzept für das Grundstück Alice-Salomon-Str. im Baugebiet Innere Elben im Stadtteil Sankt Georgen. So vergibt die Stadt Freiburg z.B. bei der Vergabe genauso viele Punkte für geförderte wie für gebundene Sozialwohnungen. Geförderte Wohnungen haben aber eine Sozialbindung von 30 Jahren, die von Investoren bevorzugten gebundenen Wohnungen nur 20 Jahre. Die geförderten Sozialwohnungen, die auf das Förderprogramm des Landes zurückgreifen und auch für Projekte des Mietshäuser Syndikats in Frage kommen, werden auch noch mit Benennungsrechten durch die Stadt konfrontiert. Wer dagegen wie die Investoren 10 Jahre kürzere Sozialbindungen realisiert, bekommt keine MieterInnen durch die Stadt benannt. Und: Wer viel zahlt, braucht nicht sozial zu sein und bekommt trotzdem für das höchste Gebot noch einmal Extrapunkte.

[FR] WIEHRE FÜR ALLE!
Die Wohnungsbaugenossenschaft Familienheim will im Freiburger Stadtteil Wiehre, beginnend in der Quäkerstraße am Wiehrebahnhof, mehrere Häuser entmieten und abreißen. Die Wohnungen mit einem Mietpreis von rund 7 € pro qm entsprächen den zeitgemäßen Anforderungen nicht mehr. Die BewohnerInnen wurden im Sommer erst nur vage über anstehende Modernisierungsmaßnahmen informiert. Nun will die Familienheim die BewohnerInnen rasch zum Umzug bewegen. Es gibt aber weniger Ersatzwohnungen als benötigt würden. Für die Betroffenen gäbe es in den Ersatzwohnungen und auch später im entstehenden Neubau deutlich höhere Mieten. Die Familienheim plant den Neubau lediglich mit einem Anteil von 30 Prozent Sozialwohnungen. Viele von den jetzigen MieterInnen könnten die höheren Mietpreise im Neubau nicht schultern. Aus Widerstand gegen die drohende Vertreibung durch die Familienheim hat sich die Initiative Wiehre für Alle gegründet. Sie fordert den Erhalt der auch architektonisch guten Bausubstanz und keine Luxussanierung.

[FR] WOHNUNGSLOSE STERBEN FRÜH.
Das Durchschnittsalter von verstorbenen Wohnungslosen in Freiburg ist erschreckend niedrig. Das Alter der Verstorbenen, die den Hilfeeinrichtungen in Freiburg bekannt sind, liegt im Durchschnitt in etwa zwischen 40 und 50 Jahren, so eine Vertreterin des Vereins Schwerelos gegenüber Radio Dreyeckland. Gerade im Winter nehmen die Todesfälle in der Regel deutlich zu. Achtet aufeinander!

MIETSPIEGEL ÄNDERN!
Wie wir immer wieder berichtet haben, ist der Mietspiegel ein Mieterhöhungsspiegel, weil er nicht den kompletten Bestand abbildet, sondern nur die Mieten, die sich in den letzten vier Jahren verändert, also erhöht haben und auch keine Sozialwohnungen beinhaltet. Eine Studie des Immobilienverbandes Deutschland kam zum Ergebnis: „Wenn wir jetzt den Mietspiegelzeitraum von vier auf zehn Jahre verlängern, reduzieren wir die Vergleichsmiete in den Großstädten in vielen Fällen um einen zweistelligen Prozentbereich. Sprich: Mehr als zehn Prozent geht die Vergleichsmiete zurück.“ Ein längst überfälliger Schritt, um die Mietspirale wenigstens ein klein wenig zu dämpfen.

BEHÖRDEN IGNORIEREN UNVERLETZTLICHKEIT DER WOHNUNGEN
Der Eingriff in Grundrechte geht Polizei und Behörden momentan leicht von der Hand. Das grundgesetzlich verankerte Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung scheint dabei wenig zu zählen. In Freiburg reichte schon ein unterstelltes Statement aus, in dem jemand den G-20-Protest guthieß, um mit dem Vorwurf „Billigung von Straftaten“ eine Privatwohnung zu durchsuchen. In Tübingen wurden gleich mindestens zwei große Mietshäusersyndikats-Wohnprojekte mehrere Wochen kameraüberwacht, in Grundrechte zahlreicher BewohnerInnen und Gäste eingegriffen, mit der vagen Vermutung, man könne Indizien im Ermittlungsverfahren rund um einen Autobrand sammeln. Auf die für so einen Eingriff notwendige Zustimmung eines Richters verzichtete man kurzerhand.

[FR] NACHKOMMEN FREIBURGER JÜD*INNEN WERDEN IGNORIERT
Die Stadt Freiburg hat am Platz der Alten Synagoge vieles falsch gemacht. Insbesondere dass sie den Willen der jüdischen Gemeinden übergangen hat, die Fundamentreste der zerstörten Synagoge sichtbar zu erhalten, fällt ins Gewicht. Statt sich um Besserung zu bemühen, ignoriert die Stadt auch bei der Frage, was mit den abgetragenen Fundamentsteinen der Synagoge geschehen soll, weiterhin die Interesse von jüdischen Nachkommen von ehemaligen SynagogennutzerInnen. Nun wenden sich auch die bekannten NazijägerInnen Beate und Serge Klarsfeld an Oberbürgermeister Salomon und den Gemeinderat. Sie fordern die Einbindung aller Juden in die Gespräche mit der Stadt, die in Beziehung zu diesem Ort stehen mit demografischer und demokratischer Gewichtung, also sowohl der Freiburger israelitischen Gemeinden als auch der Nachkommen, jeweils durch ihre Sprecher. Zusammen mit François Blum, der 400 Jüdinnen und Juden, die als Nachfahren der Freiburger Juden gelten, welche die Synagoge erbaut hatten und in ihr gebetet haben, vertritt, schlagen sie zudem vor, sichtbar an die 394 ermordeten Freiburger JüdInnen zu erinnern, z.B. kombiniert mit einem Mahnmal aus den Fundamentresten, dass in das Wasserspiel mit integriert werden könnte.