STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (10/11 2013)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese „Stadt für Alle“ – Nachrichten bei RDL

JUNGE ERWERBSLOSE WERDEN IN OBDACHLOSIGKEIT GETRIEBEN
Erwerbslose haben mit Restriktionen zu kämpfen. Junge Erwerbslose allerdings werden besonders hart vom Gesetz getroffen. Über 25-jährige bekommen beim ersten sogenannten Pflichtverstoß 30% des Arbeitslosengeldes gestrichen, unter 25-Jährige bekommen direkt 100 Prozent gestrichen. Beim zweiten Verstoß sind es 60% bei den über 25-Jährigen, bei jüngeren Erwerbslosen fällt sogar noch der Mietzuschuss weg. Seit das Gesetz im Jahr 2007 eingeführt wurde, steigt die Zahl der jungen Wohnungslosen.

ERNEUTER SIEG GEGEN ZWANGSRÄUMUNG IN SPANIEN
Zum wiederholten Male stoppte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof eine Zwangsräumung, in Spanien. Das Gericht in Straßburg erklärte, dass der besetzte Häuserblock in Salt in Katalonien nicht geräumt werden könne, wenn die Regierung nicht erklären kann, wie sie die Menschenrechte der BewohnerInnen zukünftig gewährleisten will. Das Recht auf eine menschenwürdige und angemessene Wohnung ist sogar in der spanischen Verfassung verankert. Schon 700 Menschen haben gemeinsam mit der PAH, der Plattform der Hypothekengeschädigten, Wohnungen besetzt.

SPANIEN II: ZWANGSRÄUMUNG VON TOTEN
Nachdem seit Beginn der Krise 400.000 Familien zwangsgeräumt wurden, weil sie ihre Hypotheken oder Miete nicht mehr zahlen konnten gibt es jetzt eine neue ekelhafte Art der Räumung. Viele können mangels Einkünften auch die Gebühren für Gräber oder Grabnischen ihrer Angehörigen nicht mehr bezahlen. Auf dem teilprivatisierten Friedhof in Granada sollen demnächst die Reste von Leichen, deren Angehörige nicht mehr zahlen können, ausgegraben und in einem Massengrab verscharrt werden.

RASSISMUS AUF DEM WOHNUNGSMARKT
Menschen mit migrantischen Namen werden auf dem Wohnungsmarkt systematisch diskriminiert. In Berlin zahlen sie laut Berliner Mieterverein im Schnitt 15 Prozent mehr Miete als ihre deutschen Nachbarn. In einem Frontal-21-Bericht betraf eine Mietererhöhung in einem ganzen Wohnblock nur Menschen mit Migrationshintergrund. Trotz Antidiskriminierungsgesetz werden bei gleichlautenden Bewerbungen oftmals nur Personen mit vermeintlich deutschen Namen zur Besichtigung eingeladen.

MEHR ZWANGSRÄUMUNGEN, WENIGER SOZIALWOHNUNGEN
In Berlin gibt es Schätzungen zufolge 22 Zwangsräumungen pro Tag. Auch der Berliner Senat, der nur Fälle zählt, in denen Obdachlosigkeit droht, sieht innerhalb von nur 2 Jahren einen Anstieg der Räumungen von einem Drittel. Die Zahl an Zwangsräumungen, die nach der Mietrechtsreform von Anfang des Jahres noch leichter sind, steigt, die Zahl der Sozialwohnungen dagegen sinkt rasant. Bundesweit zwischen 2002 und 2010 von 2,47 Millionen auf 1,66 Millionen.

[FR] STADT OHNE NACHTLEBEN IN DER INNENSTADT?
In Freiburg wird um das Nachtleben gestritten. Der Lokalverein Innenstadt Freiburg, – für Totenstille und Überwachung – fordert eine Verkürzungen der Sperrzeiten, mehr Polizei und die Einführung eines kommunalen Ordnungsdienstes. Gegen die Initiative hat sich eine Bürgerinitiative pro Nachtleben gegründet, die allerdings sehr von kommerziellen Clubs und Kneipen geprägt ist. RDL zum Widerstand: Bunter und autonomer geht’s aber schon.

EZB KILLT GÜNSTIGEN WOHNRAUM
Durch die Zinspolitik, die Politik des billigen Geldes der Europäischen Zentralbank, sind allein im Jahr 2012 Kredite in Höhe von 69 Millionen Euro im sozialen Wohnungsbau vor Fristende abgelöst worden. In Baden-Württemberg sind dadurch allein im Jahr 2012 4.671 Wohnungen aus der sozialen Bindung gefallen. Freiburg ist mit 2.510 Wohnungen, die in den letzten 12 Jahren vor Fristende aus der sozialen Bindungen rausgekauft wurden, an 2. Stelle in Baden-Württemberg. Mehr Wohnungen sind auf diese Weise nur noch im größeren Stuttgart aus der sozialen Bindung gefallen.

[FR] AUCH GENOSSENSCHAFTEN VERLANGEN UNRECHTMÄSSIG HOHE MIETE
In der letzten Ausgabe berichteten wir von der FSB, die den Mietspiegel zu Ungunsten der MieterInnen ausgelegt hatte und bei 400 Wohnungen die Miete senken musste. Nun verwundert es wenig, dass auch die Wohnungsgenossenschaft Heimbau Breisgau unrechtmäßige Mieten verlangt. Diesmal ging es u.a. darum, dass auch Küche und Bad mit festinstallierter Heizung ausgestattet sein müssen und sonst ein Mietabschlag fällig ist. Öffentlich wurde das Thema dadurch, dass sich ein engagierter Heimbau-Mieter an das Netzwerk Recht auf Stadt gewendet hatte.

[FR] FREIBURG GEGEN RECHT AUF MOBILITÄT
5€ monatlich, so heißt es, neuerdings gar gesetzlich bestimmt, sei eine angemessene Beteiligung an den Mobilitätskosten des Nahverkehrs für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in ALG-II Grundsicherungs-Haushalten. In Freiburg allerdings beträgt die Zumutbarkeit der Eigenbeteiligung an der Regiokarte bisher 11,70 €. Und dabei soll es nach dem Willen des Gemeinderats auch bleiben. Dafür werden in Freiburg generell Geschwisterkinder, selbst von LehrerInnen, BankerInnen etc., gefördert. Sozial gerecht.

PARTEIFÖRMIGER PROTEST DER WOHLSITUIERTEN
Für die Gemeinderatswahl hat sich eine neue Liste gegründet. „Freiburg Lebenswert“ erklärt, für ein Ende von Wachstumswahn, Bauwut und stadtbildfeindlicher Nachverdichtung in allen Stadtteilen zu sein. Die Forderung, den Anstieg der EinwohnerInnenzahl auf ein „gesundes Maß“ zu reduzieren, entlarvt die Liste, die sich hauptsächlich aus einigen BürgervereinsvertreterInnen zusammensetzt, allerdings als das, was sie ist: Eine „Nicht-in-meinem-Vorgarten“-Liste, die eine lebenswerte Stadt für sich selbst will. Ob gewollt oder nicht, würde das schnell zu einer Stadt gegen ärmere Menschen und gegen alles, was von der bürgerlichen Norm abweicht, führen.

KRITISCHE IMMOBILIENAKTIONÄRE
Bei Konzernen wie Daimler und Co existieren sogenannte kritische Aktionäre. Auf den Aktionärsversammlungen nerven sie immer wieder mit ihrer Kritik die Chefetage. Von diesem Beispiel inspiriert existiert seit kurzem die Idee der „kritischen Immobilienaktionäre“. Die Idee ist recht einfach: Kaufe eine Aktie, nimm dein Rederecht an der Aktionärsversammlung wahr und kritisiere die Unternehmenspolitik. So sollen nicht die Aktienunternehmen gestützt werden, sondern Aufklärungsarbeit über die unsozialen Praktiken der Unternehmen befördert werden. Wer an dieser Idee gefallen findet, kann sich bei info@rechtaufstadt-freiburg.de melden. Und wenn wir dann gerade dabei sind, könnten wir auch die Aufsichtsrats-Sitzung der Freiburger Stadtbau (FSB) besuchen oder die Genossenschaftsversammlungen von unten aufmischen.

EUROPAWEITER AKTIONSTAG
Unter dem Slogan „Wohnungen für Menschen – nicht für den Profit“ fanden am 19. Oktober in zahlreichen europäischen Städten Demonstrationen und Aktionen statt, so u.a. in Athen, Amsterdam, Berlin, Budapest, Dublin, Lissabon, Malaga, Paris, der Region RheinRuhr, Rom, Tolouse und Warschau. Immer wieder wurden die hohen Wohnkosten bei gleichzeitigem Leerstand thematisiert. Allein im überteuerten Paris stehen z.B. über 100.000 Wohnungen leer. Ziel des Aktionstages war die perspektivische Weiterentwicklung einer grenzüberschreitenden wohnungs- und stadtpolitischen Basisbewegung und die Vernetzung lokaler BewohnerInnenorganisationen gegen die unsolidarische Austeritätspolitik Politik der EU, der Troika und nicht zuletzt der Bundesregierung.