AK Vielfalt Wagen! zu Sand im Getriebe

Rede des AK Vielfalt Wagen! im Netzwerk Recht auf Stadt bei der Kundgebung und Petitionsübergabe am 9. Mai von Sand im Getriebe

Seit bald einem Monat sind die Wagen der Gruppe Sand im Getriebe beschlagnahmt und stehen unzugänglich für ihre BewohnerInnen auf einer Brache in Freiburg Hochdorf. Die Stadtverwaltung hat der Gruppe empfohlen, sich doch bei einer Obdachlosenunterkunft zu melden. Auch angesichts der Überbelegung dieser Einrichtung ein ekelhafter Vorschlag der Stadt. In der städtischen Notfallkartei befinden sich derzeit etwa 1400 Haushalte. Nur wer mindestens 2 Jahre in Freiburg gemeldet ist und besondere Härte geltend machen kann, hat Chancen auf einen Platz. Selbst wer in dieser Datei ist, muss im Durchschnitt 10 Monate auf eine Wohnung warten. Im Extremfall dauert es auch schon mal 3 Jahre….

In Freiburg herrscht akuter Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Selbst wenn Wagenleben nicht DIE Lösung für den Wohnungsmangel ist, so ist es doch ein begrüßenswerter Schritt der Selbstorganisation, um auf kreative Weise die eigene Wohnversorgung in die Hand zu nehmen.

Doch die offene Stadt Freiburg treibt noch mehr Menschen in die Obdachlosigkeit und will die WäglerInnen ohne Not zu Konkurrenz für die machen,die wirklich dringend einen Platz in einer Notunterkunft brauchen.

Die Repression gegen WäglerInnen findet statt, weil die Gruppe mit ihren Besetzungen immer wieder die Eigentumsfrage stellen. Als im Herbst am Wiehrebahnhof besetzt wurde wusste die Stadt erst gar nicht, wem das Gelände gehört, hat ja bisher auch niemanden interessiert, doch als sie es herausgefunden hatte, erfolgte sogleich die Räumung. Stadt und Polizei verteidigen Brachen gegen WäglerInnen.

Die Wahrung der Eigentumsordnung ist wichtiger als das Grundbedürfnis Wohnen. Offensichtlich besteht die Angst, dass mehr Menschen die herrschende Eigentumsordnung in Frage stellen könnten. Aber es wäre höchste Zeit, das zusammen zu  tun! Die andauernde Inwertsetzung des Grund und Bodens in den Städten sorgt dafür, dass bei jedem Weiterverkauf die Preise weiter steigen. Günstige Mietpreise werden so an vielen Standorten fast unmöglich. WäglerInnen bringen den erwünschten Profit natürlich nicht.

Dass die Nutzung von Brachflächen, anders als Im Fall der Wagenguppe Sand im Getriebe, sehr wohl relativ schnell ermöglicht werden kann, zeigt das Beispiel Fußball-WM. Für die Erzeugung eines nationalen Gemeinschaftsgefühls von Menschen, die beim Blick in ihren Geldbeutel eigentlich feststellen sollten, dass sie eben keine Gemeinschaft sind, wird in Freiburg schnell ein Platz für eine Fanmeile für über 10 Tausend Menschen gefunden. Hier stellt Lärm dann auch kein Problem dar. Andres als der Lärm, der von unkommerziellen Festen am 1. Mai oder vom Beisammensein mit Gitarrenbegleitung auf dem Augustinerplatz ausgeht. Dieser Lärm wird von Bürgervereinen und Stadtverwaltung gemeinsam bekämpft.

Die scheinbar offene Stadt Freiburg ist offen nur für wirtschaftlich Verwertbares. Alles andere wird ausgegrenzt, unsichtbar gemacht oder ganz vertrieben. Eine echte Alternative soll auf dem Gelände der Polizeiakademie entstehen. Hier wollen wir – anders als es die Stadt derzeit tut – nicht Flüchtlinge und WäglerInnen gegeneinander ausspielen, sondern wollen alle zusammen ein Stadtquartier entstehen lassen, wo wir unabhängig von unserem ökonomischen Kapital und unserer Herkunft gleichberechtigt zusammen leben können.

Hier soll der Grund und Boden mithilfe des Mietshäusersyndikats dauerhaft dem Markt entzogen werden.

Wenn wir aber ein Recht auf Stadt für alle, eine Stadt für Alle wollen, können solche Projekte nur ein Anfang sein.

Letztendlich müssen wir gemeinsam in verschiedene Kämpfe intervenieren um gemeinsam eine ganz andere Stadt entstehen zu lassen, in der Wagen nicht beschlagnahmt werden , Flüchtlinge nicht in Sammelunterkünften mit Angst vor Abschiebung leben müssen, und in der wir nicht immer mehr arbeiten müssen, um uns das Grundbedürfnis Wohnen noch leisten zu können.

Das Recht auf Stadt wird uns nicht gegeben: wir müssen es uns gemeinsam erkämpfen!