STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (07 2017/09 2017)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

KAUM SOZIALWOHNUNGEN, MEHR WOHNUNGSLOSE IN BAWÜ
Der Paritätische Verband spricht von 22.800 ordnungsrechtlich untergebrachten wohnungslosen Personen in Baden-Württemberg. „Die aktuelle Wohnungsnot ist nicht vom Himmel gefallen. Gegen Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit helfen nur Wohnungen! Der soziale Mietwohnungsbau wurde in Baden- Württemberg über Jahre hinweg vernachlässigt.“ Der aktuelle Bedarf liegt bei einer halben Million Sozialwohnungen, vorhanden sind nur 57.000, Tendenz fallend. In Freiburg wird von 800 Obdachlosen ausgegangen.

[FR] KAMPF GEGEN LINKS
Der Ruck nach rechts und der Kampf gegen alles, was links ist, ist unübersehbar. Nun traf es die Internetplattform „linksunten“, die mit einer windigen Rechtskonstruktion verboten wurde. So die aktuelle Redaktion von rdl.de: „Im Alleingang und ohne richterlichen Beschluß Razzien anzuordnen und eine Internetplattform zu verbieten, klingt für uns eher nach einem autoritären Staat als nach pluralistischer Demokratie“. Die „geistig-moralische“ Wende, die Kohl gegen die 68er ansetzte, erlebt in den letzten Jahren einen neuen breiten Aufschwung. Einige wollen wieder in 1950er Jahre. Manche marschierten gleich noch ein paar Jahrzehnte weiter zurück.
Dagegen hilft nur: Links unten anfangen zu organisieren.

TODESLISTE VON RECHTSTERROR GRUPPE
Anfang September wird die rechtsterroristische Gruppe „Nordkreuz“ – den (Un-)Sicherheitsbehörden bereits länger bekannte – öffentlich gemacht. Sie besteht aus Polizisten, AFD- Mitgliedern und Personen eines Reservistenverbandes, welcher Waffen hortet. Der Reserveoffizier des Reservistenverbandes war laut taz „vorgesehen, eine Kompanie anzuführen, die rund um den G20-Gipfel in Hamburg militärische Anlagen beschützen sollte“. In den ersten Meldungen wird von einer Todesliste mit rund 5.000 Personen (aus dem linken Spektrum, Flüchtlingsverbände, Unterstützer*innen eines linken Wohnprojekts…). berichtet. Daraus wird am Ende des Tages beschönigend eine „lose Blattsammlung“.

SIE WOLLEN MEHR TOTE! – DIE MAUERN MÜSSEN WEG!
Europa baut die Zusammenarbeit mit den brutalen Milizen (in den Medien als „libysche Küstenwache“ bezeichnet) und weiteren Diktaturen in Afrika als Türsteher Europas aus und bekämpft die Flüchtlinge und diejenigen, die sie vor dem Ertrinken retten. Über „die kaltschnäuzige Heuchelei, Gleichgültigkeit und Gewissenlosigkeit der Politik im Umgang mit Flüchtlingen“ legte das Auswärtige Amt widerwärtig auf Twitter Zeugnis ab: „Heute vor 56 Jahren begann der Bau der Berliner Mauer. Wir gedenken der Mauertoten und sind froh, dass wir in der EU heute ohne Mauern auskommen“.
Deutschland und die EU wenden Gewalt an mit Abkommen, Waffenlieferungen, der Militarisierung von Nord/Mittel-Afrika und den EU-Außengrenzen. Angesichts der verschärften Stimmungsmache ist es wichtig, deutlich wahrnehmbar Widerspruch zu artikulieren. Die Mauern müssen weg, für eine solidarische Flüchtlingspolitik.

HARTZ AUF FRANZÖSISCH
Ähnlich wie die Agenda 2010 (Hartz-Gesetze) unter sozialdemokratisch-grüner Regierung in Deutschland soll mit der neuen Arbeitsgesetzgebung auch in Frankreich die Lage der arbeitenden Bevölkerung verschlechtert und erkämpfte Rechte abgebaut werden, damit Unternehmen ihre Gewinne weiter steigern können.
Der neue französische Staatspräsident und Senkrechtstarter Macron peitscht die durch seinen Vorgänger eingeleiteten Angriffe konsequent via Dekret weiter. Dem Lohndumping in Deutschland folgend, will nun auch das Kapital in Frankreich die Löhne drücken. Die Lohndumping- und Sozialabbauspirale nach unten geht weiter.
Am 12. September gab es in Frankreich landesweite Protestaktionen um sich gegen diese Angriffe zur Wehr zu setzten. Auch in Freiburg gab es ein kleine Kundgebung:
„Hiermit wollen wir zeigen, dass wir unabhängig von Ort oder Staat eine Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen durch staatliche Reformen nicht hinnehmen werden.“, so aus dem Freiburger Flugblatt.

[FR] MIETEN FRESSEN EINKOMMEN AUF
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung untersuchte den bundesweiten Mietwahnsinn (auf Grundlage des Mikrozensus 2014). Rund 40% der Haushalte in Deutschlands Großstädten müssen mehr als 30% ihres Nettoeinkommens ausgeben, um ihre Miete (bruttokalt – also Grundmiete plus Nebenkosten, ohne Heiz- und Warmwasserkosten) bezahlen zu können. In Freiburg sind es überdurchschnittlich viele, nämlich 41,5% der Haushalte, die über 30% Mietbelastung haben. 21,8% der Haushalte haben eine Belastung von mehr als 40%.
„Etwa 1,3 Millionen Großstadt-Haushalte haben nach Abzug der Mietzahlung nur noch ein Resteinkommen, das unterhalb der Hartz-IV-Regelsätze liegt.“ Sie haben somit so wenig zum Leben – aufgrund der hohen Miete – dass sie das repressive Hartz-IV beantragen könnten.
Die Mietbelastungsquote liegt in Freiburg bei 27,6%, das sind im Mittel (Median) eine Bruttokaltmiete von 8,48 €/m² und somit befindet sich Freiburg mal wieder unter den Spitzenreitern.

MIETWAHNSINN STOPPEN
Anfang September demonstrierten in mehreren Städten Menschen gegen den Mietwahnsinn. Denn die Mietpreisbremse – die Beruhigungspille der letzten Wahl – wirkt nicht. Die zarten Versuche den sozialen Wohnungsbau zu fördern bieten keine Antwort auf den extremen Mangel an preisgünstigem Wohnraum. Sie sichert lediglich die Gewinne der Wohnungsunternehmen. Aber ein Richtungswechsel hin zu einem grundlegenden Wandel der Wohnungspolitik und einer bedarfsorientierten Versorgung ist nicht zu erkennen.
So forderten die Demonstrant*innen eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und Verbesserung des Kündigungsschutzes, keine Verdrängung durch Modernisierung, und riefen dazu auf, Zwangsräumungen zu verhindern. Es gab aber auch Forderungen, die etwas tiefer in die Struktur der Immobilienverwertung eingreifen: Wohnungsunternehmen sollen demokratisiert und kollektive Mieter*innenrechte geschaffen werden!
Auf mehr Bewegung, nicht nur in der Wohnungsfrage!

[FR] BÜRGERASYL IN FREIBURG
In einer „Freiburger Erklärung“ wurde am 4. September vom Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung und vielen Unterstützer*innen ein „Bürgerasyl und humanitäres Bleiberecht für Frau Ametovic und ihre Kinder“ verkündet. Die Familie wurde 2015 nach Serbien abgeschoben, wo sie seitdem unter katastrophalen Umständen gelebt hat. Um ihrer unerträglichen Situation in Serbien zu entkommen, sind Frau Ametovic und ihre Kinder inzwischen nach Deutschland zurückgekehrt und haben einen Asylfolgeantrag gestellt. Jedoch droht erneut die Abschiebung. Daher: „Wenn Appelle und Demonstrationen nicht ausreichen, ist ziviler Ungehorsam geboten.“
Medial löste der Aufruf besonders in der nach rechts gerückten Badischen Zeitung (BZ) heftige Reaktionen aus. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster spricht von „Selbstjustiz“. Der Politikredakteur der BZ Dietmar Ostermann assistierte rechtstreu, indem er einen Vergleich aufmachte: Es darf kein Bürgerasyl geben, denn es dürfe ja auch keine „Bürgerabschiebung“ geben. Abgesehen davon, dass er sich dadurch wohl auch gegen das Kirchenasyl ausspricht, macht es einen Unterschied: Denn „Selbstjustiz bedeutet Rache und Gewalt. Hier geht es um das Gegenteil, nämlich darum, zu verhindern, dass die Familie Ametovic in gewaltförmigen und menschenunwürdigen Verhältnissen zugrunde geht“, wie es das Grundrechtekomittee richtig auf den Punkt gebracht hat.
Die Freiburger Erklärung kann hier www.freiburger-forum.net unterzeichnet werden