Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Januar – 15. Februar 2020)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Januar - 15. Februar 2020)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] NEUGESTALTUNG DER STADTBAU
Ende März debattiert der Gemeinderat über die Neukonzeption der Stadtbau. Klar scheint zu sein: Die Angleichung der Stadtbaumieten an den Mietspiegel soll endlich fallen und es sollen mehr Mietwohnungen entstehen. Trotzdem wird wohl auch der unsägliche Eigentumswohnungsbau auf den raren Flächen weitergehen; zudem ist unklar, ob wirklich alle FSB-Wohnungen mindestens 25 % unter dem Mietspiegel vermietet werden. Um das und damit auch Mietsenkungen durchzusetzen, braucht es Druck der Mieter*innen. Auch um eine Demokratisierung der Stadtbau zu erreichen, müssten sie sich organisieren, und um den Plänen der Stadtverwaltung eine Absage zu erteilen: Wer einen Mietnachlass braucht, müsse zugleich einen Wohngeldantrag stellen. Dies ist lediglich der Versuch, Bundes-/Landesgelder zu bekommen, um den Mietwahnsinn besser zu finanzieren, nicht um ihn zu stoppen und aus der Marktlogik auszusteigen. Wenn Freiburg mehr Geld für dauerhaft, bezahlbaren und demokratisch verwalteten Wohnraum braucht, sollte es sich mit Bund und Land anlegen und mehr Geld fordern. Es kann nicht die Lösung sein, Menschen mit wenig Geld zum Amt zu zwingen um Anträge zu stellen.

[FR] STADTBAU ZUR GENOSSENSCHAFT MACHEN?
Der ehemalige Linke-Liste-Stadtrat Hendrijk Guzzoni schlägt in der Debatte um die Zukunft der Stadtbau (FSB) vor, dass die StadtbaumieterInnen eine Genossenschaft gründen und der Stadt die Hälfte der Stadtbau abkaufen. Er geht davon aus, dass die FSB ca. 900 Millionen Euro wert ist. Die Genossenschaft müsste dann einen Kredit von 450 Millionen Euro aufnehmen. Guzzoni errechnet für die einzelnen Mieter*innen eine Belastung von
durchschnittlich 208 Euro pro Monat um den Kredit zurückzuzahlen und ausreichend Rücklagen zu bilden. Da die eine Hälfte der Genossenschaft gehören würde, geht er davon aus, dass die Mieter*innen nur die Hälfte der vorherigen Miete plus die genannten 208 Euro zahlen müssten. Bei den meisten Wohnungen wäre dies eine Mietsenkung. Die Frage, ob eine Demokratisierung der FSB so erkauft werde soll, muss noch diskutiert werden.

[FR] VORGETÄUSCHTER EIGENBEDARF
Im Dezember 2018 hatten Aktivist*innen von Wohnraum Gestalten (WG) die Guntramstraße 44 besetzt. Zuvor war das 5-stöckige Mehrfamilienhaus vom Arzt Bertram Feil durch Mieterhöhungen, laut WG auch dem Abstellen von Strom sowie fragwürdigen Eigenbedarfskündigungen, entmietet worden. Der in der Schweiz lebende Arzt wollte angeblich mit Frau und drei Kindern nach Freiburg ziehen. Trotz Eigenbedarfskündigung ist er nun aber doch nicht in die Guntramstraße gezogen. Der Arme beklagt, dass er und seine Familie sich durch die „Hetze der Aktivisten traumatisiert“ fühlten und hat die Wohnungen nun, nach Eigenangaben günstig, anderweitig vermietet. Auch die SPD Fraktion spricht von „vorgetäuschtem Eigenbedarf“ und stellte eine Gemeinderatsanfrage. Die WG erklärte angesichts der teilweise zurückgenommenen Strafverfolgung gegen die Hausbesetzer*innen: „Wir halten es auch weiterhin für legitim und notwendig ein Recht auf Stadt zu fordern, Häuser zu besetzen und den öffentlichen Diskurs mitzugestalten. Dabei finden wir es legitim Gesetze zu brechen und Eigentumsverhältnisse in Frage zu stellen, denn die Häuser sollten denen gehören, die darin wohnen. Unser Ziel ist nicht eine unzureichende Regulierung des Wohnungsmarktes, die den realen Verhältnissen immer hinterher hinkt, sondern eine Gesellschaft, in der ein ‚Dach über dem Kopf‘ für jeden Menschen selbstverständlich ist und nicht hart erstritten werden muss.“

[FR] KRITIK AN IMMOMESSE
Auf der Immomesse, organisiert von der städtischen FWTM, durften sich wieder Profiteur*innen der Spekulation mit Wohnraum präsentieren. Vertreten waren u.a. Makler- und Immobilienbüros, Bauträger, Banken, Versicherungen und Wohnungsunternehmen. Wohnraum-Aktivist*innen wollten die Selbstbeweihräucherung der Besitzenden und ihrer Verwalter*innen nicht ungestört geschehen lassen. Das Startup „Wohnraum gentrifizieren“ informierte über den besten Weg zur Mieter*innenverdrängung und Gentrifizierung. Obwohl genau das im Sinn der Messe ist, reagierten die Organisator*innen gereizt.

[FR] ZEITUNG FÜR SICHERHEITSKRITIK
Aus verschiedenen Freiburger Gruppen und Netzwerken heraus, u.a. dem neu gegründeten Anwohner*innen-Verein Stühlinger, ist die Idee entstanden, eine Zeitung zum Thema „Sicherheit“ herauszugeben. Ziel ist es, die Sicherheitsdebatte in Freiburg unter anderem Blickwinkel zu beleuchten als dies bislang durch Polizei, Stadtverwaltung und Badische Zeitung geschieht. Die Zeitung soll einen Impuls für eine andere Auswertung der im Jahr 2017 zwischen der Stadt und dem Land geschlossenen „Sicherheitspartnerschaft“ liefern. Angesichts der massiven Diskursverschiebung nach rechts setzt sie sich kritisch mit dem Sicherheitsbegriff auseinander. Häufig wird das Verweisen auf „Sicherheit“ dazu benutzt, um Repression und Unterdrückung zu rechtfertigen. Echte Sicherheit wäre hingegen eine soziale Sicherheit im Sinne einer Abwesenheit existenzieller Bedrohung und eines gewaltarmen, freien Zusammenlebens. Die Zeitung ist auch online unter rechtaufstadt-freiburg.de nachlesbar.