Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Oktober bis 15. November 2023)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Oktober bis 15. November 2023)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] ANTI-ARMEN-POLIZEI WIRD AUFGESTOCKT
Oberbürgermeister Martin Horn hat angekündigt den kommunalen Vollzugsdienst, früher als KOD bekannt, zu verdoppeln. Und zwar ohne einen Beschluss des Gemeinderats. Als Vorwand dient die Entscheidung des Mannheimer Verwaltungsgerichtshof zum Augustinerplatz. Dieser verpflichtet die Stadt dazu, die Nachtruhe durchzusetzen. Bekannt wurde die Verdoppelung der Stadtsheriffs etwa zur selben Zeit, als publik wurde, dass der Vollzugsdienst dreimal täglich das ach so gefährliche Klimacamp kontrolliert hat. Ansonsten ist der Tätigkeitsschwerpunkt des Vollzugsdienstes per Aufgabenbeschreibung das Vorgehen gegen Obdachlose, Menschen, die gezwungen sind zu betteln, und Straßenmusiker*innen. Wir bleiben deshalb bei der Forderung: Anti-Armen-Polizei abschaffen!

[FR] KEINE DIGITALE TEILHABE FÜR ARME ?
Der Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit fordert die Stadt Freiburg auf, das Projekt „Digitale Teilhabe“ vom Verein Schwere(s)Los! dauerhaft mit finanziellen Mitteln zu unterstützen. Dieses gibt seit 2018 Hardware (PC, Laptops, Smartphones, …) an von Armut Betroffene kostenlos aus, steht allerdings aufgrund fehlender Finanzierung vor dem Aus. „In einer zunehmend digitalisierten Welt ist der Zugang zum Internet und digitalen Technologien für alle Menschen von entscheidender Bedeutung. Digitale Technologien bieten Zugang zu Informationen, Bildung, Arbeitsmöglichkeiten und erleichtern den Austausch mit sozialen Kontakten und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die von sozialer Ausgrenzung betroffen sind. Die Förderung der digitalen Teilhabe für Personen mit unzureichend finanziellen Mitteln ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Lebensqualität“, heißt es in dem Aufruf.

[FR] IMMER MEHR SUVs IN DER GREEN CITY
Die Stadt Freiburg hat im Rahmen ihrer Freiburg-Umfrage den Bericht „Mobilität in Freiburg“ vorgestellt. Dafür wurden 6000 Menschen zufällig angeschrieben. Das Fahrrad ist demnach Verkehrsmittel Nummer eins. 61% geben an, es mehrmals die Woche zu nutzen. Es folgen der motorisierte Individualverkehr mit 39% und der öffentliche Nahverkehr mit 35%. Allerdings ist die Zahl der Autos in Freiburg höher als je zuvor. Und die Fahrzeugflotte wird immer klimaschädlicher. Reine Elektrofahrzeuge machen 2,6% aus, „SUV, Utilities und Geländewagen“ hingegen 20,1%. 2016 waren 10.667 solcher Fahrzeuge, die einen riesigen Raum einnehmen und bei denen die Fahrer:innen kleine Kinder kaum sehen können, in Freiburg gemeldet. 2022 waren es dann 18.821 SUV.

[FR] GLÜHWEIN WICHTIGER ALS VERSAMMLUNGSFREIHEIT
Das Klimacamp auf dem Rathausplatz musste nach einer Eilentscheidung für den Weihnachtsmarkt abgebaut werden, das hat das Freiburger Verwaltungsgericht im Eilverfahren entschieden. Die Stadt habe zu Recht angenommen, dass der Weihnachtsmarkt auf dem gesamten Rathausplatz auch im Lichte der Versammlungsfreiheit gegenüber dem Klimacamp vorrangig sei, so das Gericht. Es führt u. a. „geringe Aktivitäten“ des Camps auf, die bei der Schutzwürdigkeit der Versammlung zu berücksichtigen seien. Der Berufsfreiheit und ggf. Eigentumsgarantie der Marktbeschicker:innen
und dem Selbstverwaltungsrecht der Stadt räumt das Verwaltungsgericht Priorität gegenüber dem Camp ein.

[FR] KEINE 50% SOZIALWOHNUNGEN IN KLEINESCHHOLZ?
Obwohl in Freiburg insbesondere Sozialwohnungen fehlen, nimmt die Stadt Freiburg nun offenbar auch im Baugebiet Kleineschholz, dem Prestigeprojekt von Martin Horn, Abstand vom Beschluss des Gemeinderats, zukünftig bei Neubaugebieten immer mindestens 50 Prozent sozial geförderte Mietwohnungen zu errichten. Ausnahmen von der Quote soll es wohl für Betriebswohnungen, kirchliche Wohnprojekte usw. geben. Eigentlich war angekündigt, dass Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben würden. Die aktuellen Baupreise, die Zinssituation und die daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Vermarktung sorgen nun dafür, dass die Stadt Freiburg plant die Grundstücke doch zu verkaufen. Die Stadt will sich dafür ein Wiederkaufsrecht nach Ablauf von 99 Jahren einräumen lassen.

[FR] GERINGER LOHN, HOHE MIETE
In einer Studie kommt Freiburg auf den 5. Platz bei den Kreisen mit der geringsten Kaufkraft. Lediglich rund 20.000 € pro Jahr sind es pro Kopf in Freiburg, das sind 16,2 % weniger als im Bundesdurchschnitt. Während die Einkommen sehr niedrig sind, sind die Freiburger Mieten sehr hoch.
Die Verarmung breiter Schichten der Bevölkerung nimmt weiter an Fahrt auf. Erst kürzlich musste die Freiburger Tafel (ein Armutszeugnis, dass es so was überhaupt braucht) einen Aufnahmestopp verhängen und hat zum ersten Mal Lebensmittel zugekauft, da es einfach nicht reicht. Während Menschen hungern, hat die Politik nichts besseres zu tun, als über die ach so üppigen Regelsätze im Bürgergeld und Co. zu sprechen und will die durch die Inflation eh abgeschmolzenen Sätze weiter senken! Es braucht eine starke Mieter*innen- Bewegung, aber auch eine Arbeiter*innen-/Erwerbslosen-Bewegung, die für höhere Einkommen streitet.