Mietkosten in Freiburg – was heißt sozial gerechtes Wohnen?

Ein Dach über dem Kopf zu haben ist eines der zentralen Grundbedürfnisse des Menschen und rangiert von der Dringlichkeit her nicht weit nach dem Bedürfnis nach ausreichender Ernährung. Während es in Deutschland allein mehrere hunderttausend von Obdachlosigkeit betroffene Menschen gibt, ist jedoch auch die Situation derjenigen nicht unbedingt problemfrei, die eine Wohnung zur Miete gefunden haben. Die Kosten einer Wohnung (Miete und Nebenkosten, v.a. Energiekosten), sind vielfach eine hohe Belastung für das Haushaltsbudget, selbst für Menschen mit durchschnittlichem Einkommen.
In Deutschland leben über die Hälfte aller Menschen, die in einer Wohnung wohnen, zur Miete. Für den „Normal“verdiener und –wohner fällt damit jeden Monat eine (mehr oder weniger hohe) Summe an, die allein für die Wohnung gezahlt werden muss. Freiburg stellt dabei eine Stadt dar, in der die Bürger_innen einen sehr hohen Anteil des monatlichen Einkommens für die Miete bezahlen müssen. Laut einer Studie des Immobilienverband Deutschland (ivd) aus dem Jahr 2008 zahlen Freiburger Mieter_innen im Durchschnitt ca. 44% des monatlich zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens für die Kaltmiete ihrer Wohnung. Diese Zahl gewinnt insbesondere im Vergleich mit dem bundesdeutschen Durchschnittswert von ca. 23% ihre eigentliche Dramatik. Der extrem hohe Wert für Freiburg setzt sich dabei einerseits aus den sehr hohen Mietkosten in der Stadt und andererseits aus den – trotz niedriger Arbeitslosigkeit insgesamt – relativ geringen Durchschnittseinkommen der Menschen in Freiburg zusammen (Freiburg stellt beim Medianeinkommen im Vergleich der Städte in Baden-Württemberg das Schlusslicht dar).
Mietpreise von mehreren hundert Euro im Monat stellen eine sehr unterschiedlich hohe Belastung für den jeweiligen Haushalt dar. Prinzipiell gilt, dass Menschen, bzw. Familien mit niedrigem Einkommen verhältnismäßig deutlich mehr für das Wohnen ausgeben, als solche mit hohem Einkommen. Der Stadtsoziologe Andrej Holm bringt diese Ungleichheit mit dem Satz „Reiche wohnen wo sie wollen, Arme wo sie müssen“ auf den Punkt. Selbst aus den Zahlen, die die Stadt Freiburg veröffentlicht, lässt sich klar ablesen, dass Menschen, mit einem niedrigen Haushalts-Nettoeinkommen einen überwiegenden Teil ihrer zur Verfügung stehenden Mittel für die Wohnung ausgeben. So bleibt zur Erfüllung anderer Bedürfnisse, wie Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben, Mobilität und politische Partizipation nur noch wenig übrig.
Es stellt sich die Frage, ob es dem Anspruch einer sozial gerechten Gesellschaft entspricht, wenn Menschen über das notwendige Erfüllen ihrer Grundbedürfnisse hinaus kaum finanzielle Möglichkeiten zur freien Verfügung haben. Sicher, Wohnungen zu bauen und Instand zu halten kostet Geld und Arbeit. Dennoch kann es nicht sein, dass der sehr beanspruchte Wohnungsmarkt in Freiburg zu Preisen führt, die nichts mehr mit dem Gebrauchswert* der Wohnungen zu tun haben.
Selbst die Partei „Die Grünen“ – in Freiburg nicht unbedingt für eine sozialverträgliche Politik bekannt – forderte auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz 2010 (in Freiburg) 25-30% Mietbelastung (Anteil der Miete am Einkommen) als Höchstgrenze anzusehen (und zwar nach energetischen Sanierungen). Schon 2008 forderte die Freiburger Initiative „Wohnen-ist-Menschenrecht“ 25% Miete (inklusive Nebenkosten) als Obergrenze politisch durchzusetzen.
Das Netzwerk „Recht-auf-Stadt“ knüpft an diese Forderung an: es kann nicht sein, dass Menschen für das Erfüllen ihrer Grundbedürfnisse auf dem Wohnungsmarkt ausgenommen werden! Kommunalpolitisch müssen wir uns dafür einsetzen, dass Wohnraum bezahlbar wird und jede_r die oder der eine Wohnung sucht auch eine bezahlbare finden kann. Dafür müssen wir u.a. politischen Druck auf den Gemeinderat und lokale Wohnungsunternehmen ausüben, um für einen Erhalt und Ausbau sozialverträglichen Wohnraum in Freiburg zu sorgen – bzw. diesen in selbstverwalteten Projekten zu schaffen (wie z.B. das Mietshäuser Syndikat). In einer weitergehenden Perspektive muss es das Ziel sein, Wohnen als Grundbedürfnis und nicht als Ware gesellschaftlich zu verankern. Eine sozial gerechte Versorgung für alle und jede_n wird erst dann möglich, wenn die Bedürfnisse und nicht die Profite Maßstab von Politik und Ökonomie sind!
Bezahlbarer Wohnraum ist die halbe Miete!