Die Stadt löst alle Wohnungsfragen…?

Zum Jahresende brachte der Paritätische Verband neue Zahlen zur Armut in Deutschland heraus. Etwa 15 % der Bevölkerung sind gefährdet, der Anstieg seit 2006 ist in Westdeutschland größer als in Ostdeutschland, wenngleich er dort prozentual höher liegt. In Freiburg ist die Armutsentwicklung noch deutlicher zu erkennen. Woher kommt das?
An der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung kann es nicht liegen, wohl aber an der stärkeren Verbreitung von Niedriglöhnen, Minijobs, Zeitarbeitsverträgen und ähnlich prekären Beschäftigungen. Also Absenkung des Lebensstandard, bei zeitgleichem Rückgang der offiziellen Zahl der Arbeitslosen.
Beim Wohnen ist es nicht viel anders: immer mehr geht bei der Miete drauf, bei Neu- und Wiedervermietungen war Freiburg ziemlich Spitze (plus 8,1 %), vgl. letzte Ausgabe.
Was passiert angesichts dieser wenigen Zahlen gerade in der Stadt?
Vor einem Jahr hatten sämtliche (!) Fraktionen im Gemeinderat die Verwaltung aufgefordert, ein sogenanntes Kommunales Handlungsprogramm vor-zulegen (wie es schon 2002 der Fall war). Die Verwaltung hatte ein Jahr Zeit, um nun einen relativ plakativen Entwurf dafür vorzulegen.
Was steht drin? Sie möchten „sozial gemischte Stadtteile“ für Menschen „unterschiedlicher Ein-kommen und Lebensphasen“ fördern. Für die offenbar dringend notwendigen Neubaugebiete Rieselfeld II und St. Georgen-West sollen Baugruppen eingebunden werden, die Stadt sieht den „Neubau preisgünstigen Wohnraums“ als besonderen Handlungsbedarf. Das alles soll über die „Baugenossenschaften“ betrieben werden (Stadtbau, Bauverein, Familienheim, Heimbau), die sich deshalb zu einem Konsortium zusammen getan haben.
Wo die Stadt angeblich nichts machen kann, soll das Land ran: Förderung des sozialen Wohnungsbaus, Zweckentfremdungsverbot, etc.
Diese vielen Worte sollen 2013 ausführlichst diskutiert werden, die Bevölkerung ist natürlich – wie immer – zur aktiven Mitgestaltung aufgerufen… Und dann soll ab 2015 ordentlich geklotzt werden! Was bis dahin mit der aktuellen Wohnungsnot passiert, enthält der Entwurf nicht.

Es ist hier nur der Platz, aus den 34 Seiten des Entwurfs einige Stichworte hervorzuheben:

  • Der von allen Fraktionen erbetene Bericht hatte in seiner Anforderung auch noch folgende Stichworte enthalten: eine „Sicker-Studie“ wurde gewünscht (wohin die vertriebenen Mietparteien verschwinden), eine Leerstandsanalyse sollte beigefügt sein und eine „optimierte Bürgerbeteiligung“ war erwünscht worden. Über allem aber stand aus der Agenda 21 „ausreichender und bezahlbarer Wohnraum“ (2002). Zu all diesen Punkten ist im Entwurf praktisch nichts zu finden. Es ist bereits ein wenig kurios, wie sich alle Fraktionen unisono um dieses Thema zu kümmern vorgeben.
  • Bei sozial gemischten Stadtteilen denkt man vermutlich doch an die Wiehre und Herdern, und an den darin versinnbildlichten Umstand, die Häuser der Johann-Seb.-Bach-Str. abzureißen und stadtteil- “gerechten“ Wohnraum hinzustellen; dass die FSB hier nicht mal die Rentabilitätsrechnung beim Amtsgericht durchkriegte, verdeutlicht – einmal mehr – den profit-orientierten Neubau. Und schließlich musste die FSB dem einzig verbliebenen Mieter dann eine günstige Ersatzwohnung herrichten, um die zeitlichen Beding-ungen dieser Rendite überhaupt anstreben zu können.
  • Für diese „sozial gemischten“ Stadtteile sieht die Verwaltung also keine rechtlichen Einwirkungs-möglichkeiten, will sie selbst die Marktverhältnisse bekanntlich nicht außer Kraft setzen. Man darf dann über das Zweckentfremdungsverbot der grün-roten Regierung aus Stuttgart schon schmunzeln, weil auch dieses die Preis-Profit-Regeln nicht stoppen wird.

„Um einen Bedarf bis zum Jahr 2030 von voraussichtlich über 7.000 Wohnungen zu decken, wären zusätzlich zur Innenentwicklung und zu den Bauflächen des [Flächennutzungsplans] (FLP) 2020 zumindest zwei neue Stadtquartiere in der Größenordnung von Rieselfeld und Vauban erforderlich.“ (kursiv nicht im Original, Anlage 2 zur Drucksache G-12/194).
Sämtliche Unmüssigs dieser Welt und die FSB-Truppen werden also erfreut sein ob des Konjunkturprogramms in Sachen Bau, das da auf sie wartet.

Gewiss, auch ein paar Baugruppen mit „urbanen Wohnformen“ sind dabei, die die Eigentums- und damit Klientelwirtschaft begünstigen werden.

Man darf sich also auf neue Baukastenhäuser freuen, die so aussehen wie im Rieselfeld oder in St.-Georgen-Innere-Elben. Das alles geht einher mit weiterem Container-Wohnbau-Systemen für Unerwünschte und Ausgeschlossene, wie es die Grüne Fraktion bereits mit ihrem Vorschlag meint, künftig die 45 qm-Grenze für Arbeitslose etc. zu reduzieren.

Gewiss, auch ein paar Baugruppen mit „urbanen Wohnformen“ sind dabei, die die Eigentums- und damit Klientelwirtschaft begünstigen werden.

Man darf sich also auf neue Baukastenhäuser freuen, die so aussehen wie im Rieselfeld oder in St.-Georgen-Innere-Elben. Das alles geht einher mit weiterem Container-Wohnbau-Systemen für Unerwünschte und Ausgeschlossene, wie es die Grüne Fraktion bereits mit ihrem Vorschlag meint, künftig die 45 qm-Grenze für Arbeitslose etc. zu reduzieren.