Kommentar: Alles was (Ge)recht ist!?

Während die Parteien, Verwaltungen und Wohlfahrtsverbände nach Leistungs-, Chancen- und Beteiligungsgerechtigkeit rufen und die (eigene) Marktfähigkeit in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen, bleibt die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit (zur Befriedigung der legitimen Bedürfnisse) und den dahinter stehenden Strukturen, die zu Ungleichheiten führen, außerhalb der nötigen Diskussion.

Jedoch „wer politisch auf die allgemeine Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger zielt, der muss dazu auch die verteilungspolitischen Voraussetzungen dieser Beteiligung und eine zumindest in diesem Sinne gerechte Verteilung intendieren“. Wer das bewusst unterlässt, „der vernachlässigt eine wesentliche Voraussetzung allgemeiner Beteiligung und verfolgt daher die Beteiligungsgerechtigkeit nicht als Ziel. (…) [Es] ist bestenfalls Ausdruck eines systematischen Missverständnisses“ (Möhring-Hesse).

So kann die Forderung nach Gerechtigkeit nicht dabei stehen bleiben, lediglich scheinbare „Chancen“ zu verteilen – bei ungleichen materiellen und politischen Voraussetzungen. So ist das auch in der Wohnungsfrage, wenn z.B. die Grundstücke „diskriminierungsfrei“ vergeben werden sollen. Heißt: Alle zahlen das gleiche, niemand wird bevorzugt, egal ob jemand Geld hat oder nicht. Ob ein Projekt dauerhaften, demokratischen, sozialen und ökologischen Wohnungsbau organisieren will, oder die größtmöglichen Profite mit der Miete machen will, macht also keinen Unterschied – Hauptsache das Geld stimmt und der gelobte Markt wird nicht verzerrt.
Aber selbst diese Markt-Ideologie von „alle haben die gleichen Chancen“ wird im Neubaugebiet Gutleutmatten nicht eingehalten: Eigentums-Baugruppen werden dort einseitig bevorzugt, zu Ungunsten einer sozialen Wohnungspolitik jenseits des Marktes. Wenn Freiburg eine Stadt für Alle sein soll, ist es dagegen erforderlich, dass Menschen, die sich am Markt nicht mit Wohnraum versorgen können, bevorzugt werden! Ungleichbehandlung ist in diesem Fall gerecht: Soziale Politik muss unterschiedliche Bedürfnisse und Problematiken berücksichtigen. Im Moment aber wird Ungleiches gleich behandelt. Baugruppenförderung ist noch keine soziale Wohnungspolitik!