STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (11/12 2015)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese Stadt-für-Alle Nachrichten.

822 WOHNUNGSLOSE IN FREIBURG
Laut jüngster Statistik zur Wohnungslosigkeit sind derzeit in Freiburg 822 Personen wohnungslos. Freiburg nimmt nach Stuttgart und Heidelberg einen Spitzenplatz in Baden-Württemberg ein.

ZWANGSRÄUMUNGEN IN GRIECHENLAND
Ab dem 1. Januar 2016 verlieren zahlreiche verschuldete griechische Haushalte den Schutz vor Zwangsräumungen. Galt in der Vergangenheit ein umfangreicher Schutz vor der Zwangsräumung des Erstwohnsitzes, so ist dieser Schutz nun auf Druck von IWF, Weltbank und EZB massiv eingeschränkt worden. Die Einkommensgrenze, bis zu der noch ein Schutz besteht, wurde deutlich herabgesetzt und liegt nun nahe beim sogenannten Grundlohn von etwa 850 Euro im Monat. Schätzungen zufolge werden so nur noch 1/4 der zahlungsunfähigen HypothekenbesitzerInnen vor der Zwangsräumung geschützt sein. Dieses Programm zur Förderung der Wohnungslosigkeit war einer der Bedingungen für weitere Troika-Kredite an Griechenland.

ERFURT: TOD VOR ZWANGSRÄUMUNGEN
In Erfurt hatte ein Mieter vor der angekündigten Zwangsräumung gedroht, sich in diesem Fall umzubringen. Der Mann verbarrikadierte sich in seiner Wohnung. Er soll eine Axt bei sich gehabt haben. Das SEK der Polizei stürmte die Wohnung und erschoss den Mieter.

[FR] UNMÜSSIGS BILLIGBAUTEN
Nachdem die Billigbauweise von Investor Unmüssig zuletzt bei den Westarkaden für Schlagzeilen und verärgerte MieterInnen gesorgt hat, wird nun bekannt, dass die Probleme auch bei anderen Unmüssig- Projekten auftreten. So berichtet ein Gewerbemieter im Büroturm in Unterlinden, die Glasfassade des Gebäudes sei teilweise geborsten oder gerissen, in  einigen Räumen des Büros ziehe es inzwischen so sehr, dass sie nicht mehr nutzbar seien.

IMMOBILIEN WERDEN IMMER TEURER
Von 2009 bis 2014 sind die Immobilienpreise etwa um die Hälfte gestiegen. Obwohl etwa gleich viele Immobilien verkauft wurden, stieg die bezahlte Geldmenge um 47 Prozent an. Die Preisexplosion findet hauptsächlich in den boomenden Großstadtregionen statt.

EINKOMMENSUNGLEICHHEIT VERSTÄRKT SICH
Trotz konjunkturellem Aufschwung geht die Einkommensungleichheit nicht zurück, sondern stieg zuletzt sogar wieder leicht an. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Immer mehr Personen sind demnach von verfestigter Armut betroffen. Die Reichen hingegen haben selbst in der Zeit der wirtschaftlichen und finanziellen Krise in den 2000er Jahren kaum finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Die Aufstiegschancen der Einkommensarmen haben dagegen stark abgenommen.

[FR] ZWECKENTFREMDUNGSVERBOT RECHTMÄSSIG
Die Freiburger Zweckentfremdungssatzung, mit der z.B. länger als 6 Monate dauernder Leerstand und die Umwandlung von Wohnraum in Büroraum oder Ferienwohnungen verhindert werden soll, ist rechtmäßig. Das entschied der Verwaltungsgerichtshof Mannheim. Geklagt hatte ein Eigentümer zweier großer Wohnungen am Rand der Altstadt. Es handele sich hier um einen Sondermarkt. Das Gericht hingegen führte aus, dass Freiburg eine Gemeinde mit Wohnraummangel sei und dieser sich nicht auf Menschen mit unterem oder mittlerem  Einkommen beschränke. Deshalb bestehe für die Stadt keine Verpflichtung, teure Wohnungen von der Satzung auszunehmen.

ALTERSARMUT
Laut einer Studie des Versicherungsunternehmens Axa haben fast drei Viertel der RentnerInnen und Pensionäre in Deutschland im Ruhestand bereits einen finanziellen Engpass erlebt.

MIGRANTISCH GEPRÄGTE, GROSSE HAUSBESETZUNG IN BOLOGNA
Krise, Prekariat, Niedriglöhne, Erwerbslosigkeit: In der derzeitigen  Situation in Italien werden Wohnungen für immer mehr Familien unbezahlbar. Die Folge: Sie verlieren ihre Wohnung, die  Wohnungslosigkeit steigt, bei gleichzeitigem Leerstand. Doch in den letzten Jahren kommt es wieder verstärkt zu Wohn-Besetzungen auch großer Gebäude. In Bologna wurde ein ehemaliges Bürogebäude der Telecom besetzt. 280 Personen bzw. 84 Familien, darunter viele MigrantInnen, fanden darin für fast ein Jahr einen Ort zum Leben. Bei der Räumung im Oktober wurde nicht nur die Polizei, sondern auch SozialarbeiterInnen eingesetzt, um den Protest zu ersticken. Am 7. Dezember wurde wieder ein großes Gebäude besetzt. Diesmal von der Post – aber drei Tage später wieder geräumt.

FLÜCHTLINGSSOLIDARISCHE HAUSBESETZUNGEN
In verschiedenen Städten wurden von AktivistInnen Häuser besetzt, um sie zusammen mit Flüchtlingen zu nutzen oder sie für eine Flüchtlingsselbstorganisierung zu erkämpfen. Neben der schon etablierten, erst einmal erfolgreichen Besetzung des DGB-Hauses in Göttingen gibt es auch in Köln nach einer Besetzung Verhandlungen mit der Stadt. Die BesetzerInnen kämpfen für dauerhaft günstigen Wohnraum, der marginalisierten Gruppen wie Geflüchteten, Obdachlosen, Geringverdienenden, Studierenden, Erwerbslosen und Einkommensschwachen zu Verfügung stehen soll. In Frankfurt ließ die städtische Wohnungsbaugesellschaft eine Hausbesetzung für ein selbstverwaltetes Zentrum für obdachlose MigrantInnen noch am Tag der Besetzung räumen. Auch in Berlin gab es mehrere Besetzungen in diesem Sinne, die leider schnell wieder geräumt wurden. In Bern wurde ein leerstehendes Krankenhaus besetzt, um Raum für Flüchtlingsselbstorganisierung und Initiativen gegen Grenzen zu bieten. Auch in Leipzig und Bremen wird derzeit für soziale Zentren mit Flüchtlingen gekämpft.

[FR] EX-DGB-HAUS SOZIAL UND FLÜCHTLINGSSOLIDARISCH NUTZEN
Das Ex-DGB Haus in der Hebelstraße soll vermietet und zeitnah für den zukünftigen Mieter hergerichtet werden. Der Mietvertrag sei noch nicht unterschrieben, aber ausgehandelt. Dies erklärte die Vermögensverwaltungs- und Treuhand-Gesellschaft des DGB. Wir, das Netzwerk Recht auf Stadt setzen uns zusammen mit dem Rasthaus weiter für eine soziale und flüchtlingssolidarische Neunutzung ein. Denn um einer sozialen Spaltung entgegenzutreten, braucht es dringend Projekte, die die Interessen verschiedener benachteiligter Gruppen, wie zum Beispiel von Flüchtlingen und Erwerbslosen, verbinden. Trotz der Unterstützung des DGB-Ortsverbandes und des ver.di-Ortsverbandes scheint die Vermögensverwaltungsgesellschaft einem solchen Projekt keine Chance geben zu wollen, obwohl wir mit dem Mietshäusersyndikat zusammenarbeiten und durchaus ein Finanzkonzept haben.
Wir denken, dass gerade maximaler Gewinn nicht der einzige Maßstab für den DGB sein kann. Der DGB hat eine soziale Verantwortung. Insbesondere in einer Stadt wie Freiburg, wo es kaum erschwingliche oder überhaupt verfügbare Häuser gibt, bietet das alte DGB-Haus die einmalige Möglichkeit, die unabhängige Unterstützung und das politische Engagement von Menschen mit und ohne Fluchterfahrung auf Dauer und mit dem unbedingt nötigen Raum möglich zu machen. Wir appellieren an alle aktiven GewerkschaftlerInnen, alle DGB-Einzelgewerkschaften, den DGB-Bundesvorstand: Steht zu euer gesellschaftlichen Verantwortung!