STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (07/09 2016)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese Stadt-für-Alle Nachrichten.

[FR] EMPIRICA WARNT VOR IMMOBILIENBLASE
Die Warnungen vor einer Immobilienblase häufen sich. Nun warnt Empirica vor einer Immobilienblase in Freiburg. Obwohl die Mieten immer weiter steigen, steigen die Kaufpreise nämlich noch schneller. Im Durchschnitt zahlt man in Freiburg fast 4.000 Euro pro Quadratmeter. Fast 40 Jahre dauere es, bis eine Wohnung über Mieteinnahmen refinanziert sei.

FREIBURG FAST LETZTER
In Freiburg können sich Haushalte mit durchschnittlichem verfügbaren Einkommen nach Trier bundesweit am wenigsten Wohnraum leisten. Das ergab eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Zum verfügbaren Einkommen zählen sämtliche Einnahmen wie Nettolöhne, staatliche Transferleistungen oder Kapitalerträge. In Freiburg kann sich ein Haushalt laut der Studie mit 25 Prozent des Haushaltseinkommens 61 qm Wohnraum leisten. Allerdings dürften sich sehr viele Menschen mit wenig Geld in Freiburg deutlich weniger Wohnraum leisten können.

[FR] KEINE FREIHEIT FÜR DIE QUARTIERSARBEIT
Eine von der Stadt in Auftrag gegebene Studie scheint die Sozialarbeit in den einzelnen Quartieren in Freiburg völlig umstrukturieren zu wollen. So steht jetzt zur Diskussion, dass die Quartiersarbeit freien Trägern komplett entzogen wird und zu 100 Prozent durch die Stadt gesteuert wird. Es soll in Zukunft auch keine Quartiersarbeit mehr geben, die gemeinsam mit den BewohnerInnen Ziele der Arbeit frei entwickeln kann. Zusätzlich, so die Verfasser der Studie, sei ein Ausschluss von städtischen Akteuren bei Stadtteilkonferenzen nicht hinnehmbar. Eine Versammlung von Stadtbau-MieterInnnen, in der man sich über Mieterhöhungen austauschen kann, wäre also nur möglich, wenn man sofort städtische VertreterInnen und damit defacto VertreterInnen der Gegenseite miteinlädt. Ferner soll eine Zuspitzung der Quartiersarbeit auf das Thema Miete/Wohnen vermieden werden, obwohl gerade das die Themen sind, die den Menschen auf den Nägeln brennen.

BERLIN: MITBESTIMMUNG NICHT FÜR KRITIKERINNEN
Bei den Wahlen für die Mieterräte bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin wurde schon im Vorfeld der Wahl jeder 10. Kandidat abgelehnt. Insgesamt wurden 108 Personen nicht zur Wahl zugelassen. Ein Schreiben der Gesobau legt nahe, dass sich der Ausschluss gegen KritikerInnen der Modernisierungs- und Mieterhöhungspolitik richtete. Über einen Ausgeschlossenen hieß es in dem Schreiben: „Legte Widerspruch zur Ankündigung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an dem von ihm bewohnten Gebäude ein“. Ein anderes Mal hieß über einen Mieter, er beschwere sich „oftmals öffentlich über die horrende Mieterhöhung, die in keinem Verhältnis zu den Maßnahmen“ stehe.

[FR] STADT WILL ROLLSTULFAHRER  INS PFLEGEHEIM ZWINGEN
„Kümmern Sie sich bis zum 30.09.2016 um einen Heimplatz!“ so wandte sich das Freiburger Amt für Soziales an einen 72-jährigen Freiburger. Der Mann sitzt seit Jahrzehnten im Rollstuhl. Ein Dreivierteljahr vor dem Schreiben der Stadt war seine Partnerin gestorben. Statt den Fokus auf die Teilhabe des Mannes am gesellschaftlichen Leben zu richten, stellt die Stadt Freiburg die Kosten in den Vordergrund. Mittlerweile wurde die Frist für die Heimplatzsuche zwar auf Februar 2017 verlängert, trotzdem bleibt die Stadt dabei, den Betroffenen gegen seinen Willen ins Pflegeheim stecken zu wollen. Der 72-jährige erklärt: „Wenn ich als Betroffener nicht in ein Heim will, wer will dann sagen, dass der Heimaufenthalt zumutbar ist? Für mich ist das versuchte Freiheitsberaubung! Die Behindertenrechtskonvention gibt mir in Artikel 19 absolut recht.“

WIEN BRINGT FLÜCHTLINGE DEZENTRAL UNTER
In Wien befinden sich derzeit etwa 20.400 Flüchtlinge, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen sind. Mehr als 12.000 Flüchtlinge sind in privaten Wohnungen dezentral untergebracht. Der Wiener Flüchtlingskoordinator will den Anteil bis Jahresende auf 65 bis 70 Prozent heben. Bevor im Herbst 2015 mehr Flüchtlinge kamen, sei man bei 80 Prozent gewesen, die dezentral untergebracht waren.

BRD NACH ÖSTERREICH UM UNGLEICHSTEN
Deutschland ist nach Österreich das Land in der Euro-Zone mit dem höchsten Gini-Koeffizienten. Dieser misst die Ungleichverteilung von Vermögen und Einkommen. In der BRD besitzen die reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung fast ein Viertel des Vermögens. Zwischen 1995 und 2014 stiegen die durchschnittlichen Bruttolöhne um etwa 48 Prozent. Unternehmens- und Vermögensgewinne wuchsen aber um etwa 67 Prozent. Wie etwa in der Jungle World analysiert, liegt die ganze Entwicklung auch an der Schwäche der Gewerkschaften. Heutzutage sind nur noch 17,5 Prozent der Lohnabhängigen  gewerkschaftlich organisiert. In den neunziger Jahren waren noch bis zu 40 Prozent bei einer Gewerkschaft. Und Streiken, das machen die Lohnabhängigen in der BRD im Vergleich zu anderen Ländern viel, viel zu wenig, um etwas an der Ungleichheit zu verändern.

TEURE MÖBEL
Wir haben mehrfach berichtet, dass die Mietpreisbremse schon vom Grundgedanken nicht ausreicht und zudem zahlreiche Ausnahmen hat, sie also nicht funktioniert. Die Vermieter haben aber noch einen weiteren Trick, um das Mittel zu umgehen und immer höhere Mieten verlangen zu können. Eine Empirica– Auswertung zeigt, dass immer mehr Vermieter Wohnungen nur noch möbliert vermieten. In München sind aktuell 60 Prozent aller Inserate möblierte Wohnungen – vor vier Jahren waren es 35 Prozent. In Stuttgart stieg der Anteil in diesem Zeitraum von 34 auf 61 Prozent.  Laut Empirica werden in Großstädten möblierte Wohnungen 60 bis 80 Prozent teurer vermietet als Wohnungen ohne Einrichtung.

[FR] FAHRSCHEIN VERGESSEN = NACKT AUSZIEHEN
Eine 40-Jährige Erzieherin, die gerade ihre beiden Kinder vom Kindergarten abgeholt hatte, war in der Freiburger Straßenbahn kontrolliert wurden. Sie hatte vergessen einen Fahrschein zu lösen. Da sie keinen Ausweis dabei hatte, wurde sie von den Kontrolleuren zur Identitätsfeststellung auf das Polizeirevier gebracht. Dort musste sie sich ausziehen und die anwesende Polizistin griff ihr sogar in den BH. Die Betroffene erklärte der Presse, der Vorfall sei erniedrigend gewesen. Neben der Frage der Verhältnismäßigkeit der Kontrolle stellt sich wieder die Frage: Warum ist Straßenbahnfahren nicht endlich kostenlos?

TÜBINGEN: POLIZEI WOLLTE WOHNPROJEKTE ÜBERWACHEN
Die Tübinger Polizei hat versucht das Mietshäusersyndikat Projekt Schellingstraße 6 in Tübingen per Videokamera zu überwachen. Nach der unsäglichen Räumung in der Berliner Rigaerstraße und der militanten Gegenwehr waren auch in Tübingen 4 Autos dem Feuerteufel zum Opfer gefallen. Die geplante Überwachung sollte wohl eine Reaktion auf die Autobrände darstellen. Die Kriminalpolizei hatte versucht, die Nachbarn zu überreden, auf ihrem Grundstück eine Kamera aufstellen zu lassen, damit ihre Nachbarn in der Schellingstraße 6 überwacht werden könnten. Im Projekt 6 wohnen insgesamt 110 Menschen. Zusätzlich befinden sich dort Büroräume und es werden Veranstaltungen gemacht. Alle 110 BewohnerInnen, Gäste etc. wären von der Überwachung betroffen gewesen. Zum Glück lehnten es die Angesprochenen trotz Druck ab, bei der Bespitzelung ihrer eigenen Nachbarn zu helfen.