STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (10/11 2016)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie demnächst bei RDL nachhören!

[FR] GRÜNE HETZEN WEITER GEGEN SOZIALWOHNUNGSBAU
Eine Äußerung von Sozialbürgermeister Kirchbach (SPD) reichte aus, um die Freiburger Grünen in Person von Eckart Friebis zornig die Agenda gegen bezahlbaren Wohnraum in der Reichen-Stadt abspielen zu lassen. Kirchbach meinte, im neuen Stadtteil Dietenbach solle es sozial zugehen. Geplant seien 50 % geförderter Wohnungsbau. Angetrieben durch das bestellte empirica-Gutachten, das empfahl, lediglich maximal 25 % geförderten sozialen Wohnungsbau in Dietenbach zu bauen, forderte er Kirchbach in einem Brief auf, als offizieller Vertreter der Stadtverwaltung Freiburg, künftig von öffentlichen Statements in Richtung mehr günstigen Wohnraums abzusehen. Grundlage für seine Argumentation ist der sogenannte Sickereffekt, also der Irrglaube, dass ein paar Krümmel auch bei den Ärmeren ankommen, wenn man im höheren Preissegment baut. Und natürlich kommt auch Friebis nicht ohne das Grünen-Mantra aus, sozialer Wohnungsbau sei defizitär. Das Mietshäusersyndikat beweist nicht zuletzt auf Gutleutmatten, dass diese Aussage nicht wahrer wird, wenn man sie auch noch so oft wiederholt. Die Profite sind lediglich nicht ganz so hoch.
DER IRRGLAUBE AN DIE PRIVATISIERUNG
In der ZEIT wird unter diesem Titel die Privatisierungswelle seit der von Helmut Kohl ausgerufenen „geistig-moralischen Wende“ im Jahr 1983 kritisiert. Die Preise, etwa für die privatisierte Müllentsorgung, seien in fast allen Fällen stark gestiegen. Die nach einem erfolgreichen Bürgerentscheid wieder verstaatlichte Wasserversorgung in Berlin oder auch die Städte Bochum, Hamburg und Leipzig, in denen die Energieversorgung wieder in städtische Verantwortung wechselte, werden als Zeichen einer Gegenbewegung angesehen. Der Trend der sogenannten privat-public-partnerships scheint teilweise gestoppt. Der ZEIT-Autor hofft darauf, dass die historisch niedrigen Zinsen für weitere Rückkäufe genutzt werden und so eine auf sozialen Ausgleich angelegte Daseinsvorsorge möglich wird. Wir hoffen auf Vergesellschaftung statt nur auf Verstaatlichung.

FRANKFURT: NUR NOCH GÜNSTIG BAUEN!
In Frankfurt fordern Mieterinitiativen gemeinsam, dass die städtische Wohnungsgesellschaft und andere große Wohnungsbaugesellschaften nur noch öffentlich geförderte Wohnungen errichten sollen. Sozialbindungen sollten nicht länger zeitlich begrenzt sein. Die Hälfte des Frankfurter Wohnungsbestands solle in öffentlichen oder gemeinnützigen Besitz gebracht werden. Eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll verboten werden.

NRW: HOUSING FIRST
In Nordrhein-Westfalen hat der dortige Sozialminister angekündigt, Obdachlose zukünftig verstärkt dauerhaft in normalen Wohnungen unterbringen zu wollen. Weniger gut ist die bisherige Praxis in kommunalen Obdachloseneinrichtungen. Hier kommt es immer wieder zu Ausweiskontrollen. Da sich wohl niemand freiwillig in eine solche Unterkunft begibt, stellen diese Kontrollen nur eins dar: Unterlassene Hilfeleistung gegenüber den Schwächsten der Gesellschaft.

KONSTANZ: LIEBER MÜLLTONNEN STATT BETTLERINNEN
In Konstanz produziert die Zeitung Südkurier nach Meinung der Gruppe Input Konstanz ein Bild der Bedrohung durch bettelnde Menschen. Die Zeitung schafft das Bild einer bedrohlichen Bandenkriminalität, obwohl es nur ein Dutzend Menschen sind, die aufgrund von Armut in Konstanz betteln. Statt sich mit den Gründen für das Betteln und die Armut auseinanderzusetzen, wird von vermeintlicher Faulheit, Lügen und Umherziehen gesprochen, womit, so Input Konstanz, antiziganistische Stereotype bedient werden. Folge der Berichterstattung ist Hass gegenüber bettelnden Menschen in den Kommentarspalten. Die Polizei nimmt Personen, die angeblich aggressiv betteln, die Einnahmen einfach weg. Am Rathaus hat der Oberbürgermeister beschlossen einen Innenhof zuzumauern und dort Mülltonnen aufzustellen, nur damit sich bettelnde Menschen dort nicht mehr aufhalten können.

[FR] OBDACHLOSENVERTREIBUNG
Seit Februar vertreibt die Polizei im Auftrag des Amtes für öffentliche Ordnung Obdachlose aus der Innenstadt. Seitdem sind über 100 Platzverweise gegen Obdachlose ausgesprochen worden.

KÖLN: OBDACHLOSER ERMORDET UND VERBRANNT
In Köln wurde am 13. November ein Obdachloser in einer Unterführung in der Innenstadt angezündet. Der 29-jähige Basti wurde auf grausame Weise ermordet. 2015 wurde in Köln schon einmal ein Obdachloser angezündet.

[FR] SCHIKANE GEGEN DAS NACHTLEBEN
Die Gemeinderatsfraktion JPG kritisiert eine Ausdehnung bzw. Überschreitung des Aufgabenbereiches der Gaststättenkontrolleure. Es habe ohne Not Observationen von Gaststätten gegeben. Ohne dass es eine Lärmbeschwerde gegeben habe, musste z.B. eine Einrichtung im Hochsommer Fenster und Türen schließen. JPG sieht im Gaststättenkontrolldienst eine Fortsetzung des gekippten repressiven Kommunalen Ordnungsdienst und fordert die Abschaffung des Gaststättenkontrolldienst.

[FR] STADT IGNORIERT AM PLATZ DER ALTEN SYNAGOGE WILLEN DER JÜDISCHEN GEMEINDEN
Nachdem bei den Bauarbeiten am Platz der Alten Synagoge, kaum zu glauben an diesem Ort, Reste der Alten Synagoge gefunden wurde, setzten sich beide jüdischen Gemeinden für den Erhalt der Fundamentreste ein. Doch das hätte ja einen Baustopp, zusätzliche Kosten bedeutet und die Realisierung der Betonwüste mit Wasserspiel in den Umrissen der alten Synagoge in Frage gestellt. Baubürgermeister Haag versteifte sich auf die Aussage, man habe eine Verantwortung für die Vergangenheit, aber auch für die Gegenwart und sie Zukunft des Platzes. Es solle ein Ort entstehen, wo sich Freiburger Bürgerinnen und Bürger gerne an diese Synagoge erinnern. Ein „angenehmes Erinnern“ an Reichspogromnacht und Shoah? Und so schlugen Sachzwang, Zeitdruck und der Wunsch, möglichst angenehm die Vergangenheit beiseite schieben zu können, den Wunsch der jüdischen Gemeinden, die Fundamentreste an Ort und Stelle sichtbar zu erhalten. Für das Siegesdenkmal, Symbol des deutschen Militarismus gegen Frankreich, scheut man in Freiburg keine Kosten, um es am Ausgang der ehemaligen Adolf-Hitler-Straße wiederaufzustellen. Geld und Zeit um am Platz der Alten Synagoge dem Wunsch der jüdischen Gemeinden zu entsprechen und einen Erinnerungsort zu schaffen, der die alten Fundamente erhält, gibt es nach Entscheidung der Gemeinderatsmehrheit allerdings nicht. Und so entledigte sich die Stadtverwaltung, zur Verzweiflung von Nachkommen von Holocaustüberlebenden,  wenige Tage vor dem Jahrestag der Reichspogromnacht den störenden Zeugen der Vergangenheit und trug die Fundamentreste, die der Platzgestaltung im Weg gewesen wären, ab.