Bezahlbarer Wohnraum ohne Priorität

Die Bemühungen der Stadt, mehr bezahlbaren Wohnraum in Freiburg zu schaffen, wirken auf den ersten Blick ganz gut. Schließlich hat der Gemeinderat ja beschlossen, bei allen Bauprojekten 50 Prozent sozialen Wohnungsbau realisieren zu wollen. Freiburg wäre damit bundesweit an der Spitze. Die Realität sieht aber ganz anders aus. An der Spitze ist Freiburg lediglich bei den Preisen. Bei den Kaufpreisen von Wohnungen liegt Freiburg z.B. nach München an 2. Stelle.
Wenn es allerdings eine Rangliste der dreisten Fehlbehauptungen zuungunsten der MieterInnen gäbe, würde Freiburg sich auch auf einen vorderen Platz bewerben.

Sozialwohnungen fehlen!
So wird z.B. die konstant bleibende Zahl der Haushalte auf der Wohnungssucherdatei (1.455 im Jahr 2016) und die ebenfalls in etwa konstant bleibende Zahl von ausgegebenen Wohnberechtigungsscheinen (2618 im Jahr 2016) als Beleg dafür gesehen, dass sich die Lage am Wohnungsmarkt nicht weiter zuspitzt.
Ehrlicher wäre es zuzugeben, dass die FreiburgerInnen wissen, dass selbst ein Platz auf der Wohnungssucheratei nur eine geringe Chance auf eine Wohnung bedeutet.
Und ehrlich wäre es zuzugeben, dass es ein Skandal ist, wenn in einer Stadt, in der über die Hälfte der Bevölkerung Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein hat, nur 2,1% aller Haushalte einen solchen Schein beantragen, weil freie Sozialwohnungen kaum existieren.

Freiburger Stadtbau
Ein besonderes Ärgernis ist stets der Blick auf die Freiburger Stadtbau. So hebt die Antwort von Oberbürgermeister Dieter Salomon auf einen Brief des Mieterbeirats sogar noch hervor, dass die FSB, die Mieten von Wohnungen, die aus der sozialen Bindung gefallen sind, nicht auf 10 % über Mietspiegel Niveau erhöht, obwohl sie das dürfte. Hier scheint das Motto zu gelten:
Wir sind scheiße, aber freut euch, dass wir euch nicht noch viel beschissener behandeln.

Alternative Wahrheiten der Stadtverwaltung offenbaren sich auch beim Blick auf die laufende Umwandlung von FSB-Mietwohnungen in Eigentumswohnungen im Weingartner Hochhaus Binzengrün 34. Hier sprach die Stadt in der Pressemitteilung davon, dass der überwiegende Teil der Wohnungen an die ehemaligen MieterInnen verkauft werden solle. Dabei weiß man ganz sicher, dass so gut wie keine Mietpartei sich den Kaufpreis von ca. 3500€ pro qm wird leisten können.

Der neue Stadtteil
Auch beim neuen Stadtteil Dietenbach fährt die Stadtverwaltung hinten rum eine Linie, die den 50-Prozent-Beschluss hintertreibt. Wenn Dieter Salomon gegenüber Radio Dreyeckland bestätigt, dass man 50 Prozent geförderten oder gebundenen Wohnraum plane, verschweigt er geflissentlich, dass es sich hierbei nach den Plänen der Projektgruppe Dietenbach lediglich um 25% echten Sozialen Wohnungsbau, 10% gebundenen Wohnungsbau mit kürzerer Sozialbindung, aber auch 15% Eigentumsförderung handelt. Die Behauptung des neoliberalen Empirca Institut, dass Investoren nicht auf Renditen verzichten stimmt, gerade deshalb ist es aber eine ideologiegeleitete Fehlbehauptung, dem könne begegnet werden, indem man weniger Vorgaben für den sozialen Wohnungsbau macht. Richtig wäre: Es braucht eine höhere Sozialwohnungsquote und zusätzlich Vorgaben für mietpreigedämpfte Wohnungen, da Investoren immer das Maximum herausholen wollen und man sie nur durch soziale Vorgeben bremsen kann.