STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (12 2017/01 2018)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

  • [FR] NAZI AUF TAFEL AM PLATZ DER ALTEN SYNAGOGE
  • [FR] MARKT STATT MARKETING!
  • RECHTSBRUCH GEGEN OBDACHLOSE
  • ENTKRIMINALISIERT DAS SCHWARZFAHREN!
  • ÖPNV STATT NEUE STRASSEN
  • WOHNUNGSNOT FÜR ALLE
  • GEWALT GEGEN SCHUTZSUCHENDE
  • [FR] ABRISS DER GARTENSTRASSE 19?
  • ANDERE WOHNUNGSPOLITIK
  • [FR] VERLIEREN GRÜNE GLAUBEN AN DEN MARKT?

[FR] NAZI AUF TAFEL AM PLATZ DER ALTEN SYNAGOGE
Die Fehltritte in Sachen Erinnerungskultur am Platz der Alten Synagoge gehen weiter. Darauf macht François Blum bei Radio Dreyeckland aufmerksam. Er vertritt 400 Nachfahren der ehemaligen SynagogennutzerInnen. Die Namen der im Holocaust ermordeten Jüdinnen und Juden aus Freiburg finden sich bisher nicht auf Tafeln am Platz der Alten Synagoge. Dafür prangt ein Foto der zerstörten Synagoge und der Name von Wolf Middendorff auf einer Tafel am umstrittenen Brunnen. Middendorff war u.a. von 1960-1981 Dozent an der Landespolizeischule in Freiburg. Im Nationalsozialismus war er sehr früh der Hitlerjugend beigetreten und wurde noch als Schüler Mitglied der NSDAP.

[FR] MARKT STATT MARKETING!
Die FWTM, die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH verärgert die HändlerInnen des Freiburger Münstermarkts. Grund dafür sind die Verlagerung von immer mehr Stadtmarketingveranstaltungen auf den Münsterplatz und die damit verbunden Einnahmeeinbußen für die HändlerInnen. Der Markt, der auch eine relativ günstige regionale Lebensmittelversorgung ermöglicht, muss dem Gesundheitsmarkt, dem Weinfest oder dem Wissenschaftsmarkt weichen.

RECHTSBRUCH GEGEN OBDACHLOSE
Die Armutsforscherin Susanne Gerull macht in der taz auf den wiederholten Rechtsbruch gegen die Schwächsten der Gesellschaft aufmerksam. „Wir haben in Deutschland eine Unterbringungspflicht des Staats. Wenn jemand unfreiwillig wohnungslos ist und das erklärt, muss er oder sie am selben Tag untergebracht werden.“ Diese Unterbringungspflicht, die sich aus den jeweiligen Ordnungsgesetzen des Landes ergibt, gilt unabhängig von der Nationalität oder des Aufenthaltsstatus einer betroffenen Person. In zahlreichen Fällen kommen die Behörden dieser Unterbringungspflicht nicht nach. Ein klarer Rechtsbruch auf Kosten der Schwächsten der Gesellschaft.

ENTKRIMINALISIERT DAS SCHWARZFAHREN!
In Deutschland sitzt jedeR zehnte Häftling wegen einer Ersatzfreiheitsstrafe ein. Also weil er oder sie eine Strafe für ein geringes „Vergehen“ nicht zahlen kann. Die Zahl ist seit 2007 um 24 Prozent gestiegen. Ein Hafttag verursacht Kosten zwischen 130 und 150 Euro. Die Ersatzfreiheitsstrafen kosten die Steuerzahlerin laut dem ARD Magazin Monitor 200 Mio. Euro pro Jahr. Sehr viele der Betroffenen sind wegen sogenannten Schwarzfahrens im Knast. Allein die Berliner Justiz hat jährlich mit rund 40.000 Fällen von Schwarzfahrten zu tun. Zusätzlich zur Haft droht vielen Betroffenen durch die Abwesenheit der Verlust von Arbeitsplatz, Wohnung etc. Selbst der Richterbund fordert das sogenannte Schwarzfahren als Tatbestand im Strafgesetzbuch zu überprüfen. Wir sagen: Entkriminalisiert das Schwarzfahren – Kostenloser ÖPNV für ALLE!

ÖPNV STATT NEUE STRASSEN
Eine Umfrage von Infratest Dimap hat ergeben, dass ein besserer öffentlicher Nahverkehr für viele eine deutlich höhere Priorität besitzt als der Ausbau von Straßen. 42 Prozent waren dafür, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen. Nur jeder fünfte Befragte will mehr und bessere Straßen und Autobahnen. Mit besserem und billigerem Nahverkehr würden drei Viertel der Befragten auf ihr Auto verzichten.

WOHNUNGSNOT FÜR ALLE
3/4 aller Menschen in Deutschland machen sich laut einer Studie der Caritas Sorgen, dass sie aufgrund steigender Mieten die Wohnung verlieren könnten. 4 von 5 Befragten befürchten im Zuge steigender Mieten in Armut zu geraten. 2/3 sehen durch die Preissteigerungen beim Wohnen eine Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Caritas mahnt mehr Anstrengungen beim bezahlbaren Wohnraum an. Kommunen besäßen mit dem Bauplanungsrecht »ein starkes Instrument, mit dem sie bestimmen können, wo, wie und was gebaut wird«. Die Caritas macht zudem darauf aufmerksam, dass es deutschlandweit 1987 noch 3,9 Millionen Sozialwohnungen gab, 2015 allerdings nur noch 1,3 Millionen.

GEWALT GEGEN SCHUTZSUCHENDE
Weiterhin ist Gewalt gegen Schutzsuchende in Deutschland ein massives Problem. Pro Asyl und die Amadeu Antonio Stiftung verzeichneten für das Jahr 2017 bundesweit 1713 flüchtlingsfeindliche Vorfälle, im Schnitt vier Straftaten täglich gegen Flüchtlinge oder ihre Unterkünfte. Neben 23 Brandanschlägen dokumentiert die Chronik 326 tätliche Übergriffe, wie Angriffe mit Messern, Schlag- oder Schusswaffen und Faustschläge. Eine Studie der University of Warwick attestiert eine starke Verbindung zwischen Kommentaren zu Flüchtlingen auf der Facebook-Seite der AfD und rassistischen Übergriffen. Übergriffe finden gehäuft in Wochen statt, in denen es auch mehr Hasskommentare über Flüchtlinge auf der AfD-Facebook-Seite gibt. Die Gewalt gegen Schutzsuchende findet offenbar immer weniger öffentliche Beachtung. Die Berliner Polizei hat etwa nur zu 24 von insgesamt 344 Vorfällen eine Pressemitteilung veröffentlicht.

[FR] ABRISS DER GARTENSTRASSE 19?
Laut NutzerInnen des seit bald 8 Jahren besetzten Häuschens in der Freiburger Gartenstraße möchte der Hausbesitzer das Haus noch in diesem Jahr abreißen lassen. Ein genauer Termin steht aber noch nicht fest.

ANDERE WOHNUNGSPOLITIK
Zahlreiche PolitikerInnen und einige Initiativen haben sich mit einem wohnungspolitischen Apell an die kommende Bundesregierung gerichtet. Der Bund soll sich z.B. verpflichten, alle öffentlichen Liegenschaften im Besitz der BIMA vorrangig den Kommunen preisgünstig zur Verfügung zu stellen. Um Spekulation zu begegnen, sollen alle Steuervorteile für Immobilienverkäufe abgeschafft werden. Mit der Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit sollen gemeinwohlorientierte Bauträger begünstigt werden. In die Mietspiegel sollen auch preiswertere Bestandsmieten einfließen. Beim Instrument der Mietpreisbremse soll der Vermieter rechtlich gezwungen werden, die Vormiete bei Neuvermietung nachzuweisen. Die Modernisierungsumlage soll deutlich gesenkt werden. Mieterhöhungen ohne Wohnwertverbesserungen sollen maximal 15 Prozent in 5 Jahren betragen dürfen.

[FR] VERLIEREN GRÜNE GLAUBEN AN DEN MARKT?
Schock: Verlieren selbst die Grünen in Freiburg den Glauben an die unsichtbare Hand, die die Probleme auf dem Wohnungsmarkt löst? Gerhard Frey äußerte beim Jahresausblick: „Wir müssen den Markt noch stärker regulieren“. Das könnte dazu führen, dass städtische Grundstücke nur noch an Bauträger herausgegeben werden, die dort sozusagen für sich selbst bauen. „Also vorrangig an Baugruppen, Genossenschaften, das Mietshäuser-Syndikat und so weiter.“ Damit sollte die derzeit noch dominante Praxis der Stadt, Grundstücke nach Höchstgebot zu vergeben, ja bald der Vergangenheit angehören. Ob Frey sich lediglich um Wohnraum für das grüne Baugruppen-Klientel sorgt, oder ob der kommende Wahlkampf doch zur wirklichen Änderungen in der Wohnungspolitik anregt, bleibt abzuwarten. Wenn sie wirklich regulieren wollten, sollten die Grünen endlich die Mieterhöhungen der Stadtbau stoppen und den Widerstand gegen die 50-Prozent-Sozialwohnungsquote aufgeben.

Weiterführende Links zu den Meldungen findet ihr wie immer auf der Homepage

Die Nachrichten stammen vom Netzwerk Recht auf Stadt Freiburg und sind in der Straßenzeitung FREIeBÜRGER nachzulesen.