STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (06 2017/07 2017)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören

[FR] REAKTIONÄRE GEGEN DEN KYOSK
Der Kyosk, der mittlerweile Interym heißt, im Freiburger Quartier Im Grün scheint auf der persönlichen Abschussliste einiger AnwohnerInnen zu stehen. Freie Wähler und auch die Grünen, allen voran Gerhard Frey, wollen sich offenbar zum Anwalt dieser kleinen lauten Minderheit machen. Obwohl selbst das Bürgerforum Sedanquartier den Kurs gegen den Kyosk nicht mitträgt, scheint die Zukunft des unkommerziellen Stadtteiltreffs derzeit massiv bedroht zu sein. Die kleine Minderheit verkauft ihren Hass auf alles Alternative als Allgemeininteresse und bedient sich dabei munter Falschbehauptungen. Weder gab es einen direkten Zusammenhang zwischen Kyosk und einer nächtlichen Demo, noch werden im Kyosk noch Spraydosen verkauft. Ganz zu schweigen davon, dass von vielen kommerziellen Betrieben deutlich mehr Lärm ausgeht als vom Stadtteiltreff. Wir sagen auf jeden Fall: Kyosk / Interym bleibt.

[FR] HÄNDLER GEGEN GRUNDRECHTE
Einige Freiburger Händler setzen ihren antidemokratischen Kurs gegen Grundrechte unbeirrt fort. Nachdem sie schon beim Global Marijuana March Shoppingfreiheit statt Meinungsfreiheit forderten, dürfen sie nun in der Badischen Zeitung auch noch den March for Science, die Demo gegen Studiengebühren und den Christopher Street Day (CSD) beklagen. Für Schuh Trost in Oberlinden etwa ist das Maß voll. Die Inhaberin fordert einen späteren Beginn der Demos. Das Bettenhaus Stiegler am Augustinerplatz fordert einen Eingriff in die Routenplanung. Eine Stadtgesellschaft, die ordentlich shoppt, ist schließlich gewinnträchtiger als eine, die ihren demokratischen Willen kundtut.

G20 VERTREIBT OBDACHLOSE
In Hamburg wurden in Zusammenhang mit dem G20-Gipfel der mächtigsten Staatschefs viele Obdachlose vertrieben. Das berichtet die Hamburger Straßenzeitung Hinz und Kunzt. Ein betroffener Wohnungsloser berichtete davon, fernab von Sicherheitszonen und abgesperrten Hotels von der Polizei weggeschickt worden zu sein.

GIPFEL DER POLIZEIGEWALT
Der G20-Gipfel in Hamburg war, wie zu erwarten, ein Gipfel der Grundrechtsverletzungen. Es gab eine riesige demokratiefeindliche Demonstrationsverbotszone. Trotz anderslautender Gerichtsurteile räumte die Polizei Camps. AktivistInnen, die mit dem Bus anreisten, wurden von der Polizei aufgefordert, ihre Pins der Handys einzugeben, damit die Polizei in die Handys und damit die Privatsphäre eindringen kann. Eine angemeldete Demo wurde unter scheinheiligen Vorwänden mit Wasserwerfer und Knüppel so zerschlagen, dass es zahlreiche Verletzte gab und eine Massenpanik in Kauf genommen wurde. Mehreren JournalistInnen wurde ihre Akkreditierung entzogen und sie wurden durch die Polizei massiv in der Berichterstattung eingeschränkt, gezielt geschubst, mit Pfefferspray und Wasserwerfern beschossen. Aber klar: Anschließend redeten alle über brennende Barrikaden, eingeschlagene Scheiben, ein paar geplünderte Läden und verletzte Polizisten. Dass die Mehrheit der verletzten Polizisten durch eigenes Tränengas oder Wassermangel verletzt wurden: Schwamm drüber.

MIESE LEBENSBEDINGUNGEN IN BEA MANNHEIM
Aktion Bleiberecht macht auf die schlechten Bedingungen in der Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge (BEA) in Mannheim aufmerksam. Die Einschränkungen, mit denen die BewohnerInnen leben müssen, stehen symptomatisch auch für andere Erstaufnahmelager. Die Wohnungs- und Zimmertüren sind nicht abschließbar. Eine Intim- und Privatsphäre ist kaum möglich. Es sind keine abschließbaren Schränke vorhanden, um Wertsachen unterzubringen. Da zwar Kühlschränke vorhanden sind, aber ihre Benutzung nicht erlaubt ist, können Lebensmittel nicht gekühlt werden. Fernseher sind nicht erlaubt. Sämtliche Elektrogeräte, vom Haartrockner bis zur Kochplatte, sind verboten. Infolge der Bestimmungen kommt es zu regelmäßigen Zimmerdurchsuchungen. Aktion Bleiberecht unterstützt eine Familie, die beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage gegen die prekären Lebensbedingungen und die unangemessene / wahllose Überwachung eingereicht hat und ruft zum zivilgesellschaftlichen Protest auf.

RASSISMUS AUF DEM WOHNUNGSMARKT
Der Bayrische Rundfunk und der Spiegel kommen in einer Studie zur wenig erstaunlichen Erkenntnis, dass es auf dem deutschen Wohnungsmarkt einen starken Rassismus gibt. Besonders stark betroffen sind demnach Wohnungssuchende mit türkischem oder arabischem Namen. Mit identischen Bewerbungsschreiben erhalten sie im Vergleich zu KandidatInnen mit deutschen Namen einzig aufgrund des Namens 25 % weniger Einladungen zu Besichtigungsterminen. Zudem werden Männer noch einmal besonders diskriminiert. Private Vermieter diskriminieren noch einmal mehr als Makler, Hausverwaltungen oder Wohnungsunternehmen. Die Studie, die in 10 Großstädten durchgeführt wurde ergab, dass ein ausländischer Bewerber etwa in München nur eine halb so große Chance wie ein deutscher Bewerber hat, zu einer Besichtigung eingeladen zu werden.

[FR] TAG X GEGEN ABSCHIEBUNGEN RELOADED
Am Tag einer erneuten Sammelabschiebung aus Baden-Württemberg nach Serbien und Mazedonien, die wieder einmal hauptsächlich eine Roma-Abschiebung war, demonstrierten in Freiburg ziemlich spontan knapp 400 Menschen gegen Abschiebungen. Die Aktion verstand sich als Wiederbelebung des Versuchs, die ständigen Abschiebungen, auch aus Freiburg, nicht länger als „normal“ zu akzeptieren. Ferner wurde die Forderung unterstrichen, dass Freiburg zu einer Zufluchtsstadt, zu einer Stadt für Alle werden soll.

[FR] AUS DER WOHNUNG INS LAGER
Eine Anfrage der Unabhängigen Listen hat ergeben, dass dieses Jahr insgesamt 44 Mietverträge von Wohnungen auslaufen, in denen Geflüchtete wohnten. Insgesamt droht bis zu 270 Personen die zwangsweise Rückkehr ins inklusionsfeindliche Lager. Dass die Stadtbau angesichts dieser Herausforderung, soweit die Möglichkeit besteht, ca. 10 Wohnungen jährlich für die Unterbringung von Schutzsuchenden zur Verfügung stellen will, mutet mickrig an.

KEIN VERGESSEN
Die Initiative „Kein Vergessen“ erinnert auf dem sozialen Medium Twitter unter @OpferNaziGewalt an Menschen, die von Nazis ermordet wurden. 24. 06. 2000, Greifswald: Unter dem Ruf „Da ist der Assi, klatsch ihn tot!“ wird der Obdachlose Klaus Dieter Gerecke von drei Nazis totgeschlagen.

MASSENPHÄNOMEN ALTERSARMUT
Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung steigt das Armutsrisiko bis zum Jahr 2036 bei RentnerInnen der sogenannten Babyboomer-Generation auf 20 Prozent. 2015 lag die Quote demnach noch bei 16 Prozent. Besonders drastisch wird der Anstieg bei alleinstehenden Frauen prognostiziert. laut Bertelsmann-Stiftung wird die Grundsicherungsquote zwischen 2015 und 2036 von 16 auf fast 28 Prozent steigen. Als Gründe werden u.a. atypische Beschäftigungsverhältnisse, prekäre Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnsektor und unterbrochene Erwerbsbiographien genannt.