Der Kampf der Initiative „Wiehre für Alle“ für den Erhalt von bezahlbaren Wohnraum in Freiburg

Der Kampf der Initiative „Wiehre für Alle“ für den Erhalt von bezahlbaren Wohnraum in Freiburg

Quelle: Wiehre Für Alle

Das Kleinod erhalten!

Die Aufregung unter der Bewohnerschaft des Quartiers zwischen neuem und altem Wiehrebahnhof im Sommer 2017 war groß, als die Baugenossenschaft „Familienheim“ für 300 Wohnungen „Maßnahmen“ ankündigte. Die MieterInnen, allesamt ausgestattet mit Dauernutzungsvertrag, fürchteten um ihre bezahlbaren Wohnungen und dies nicht zu Unrecht: Im November ließ die „Familienheim“ den Gemeinderat wissen, dass die Wohnungen in der Quäkerstraße marode seien und darum abgerissen würden; geplant seien Neubauten.
Für die BewohnerInnenschaft bedeutet dies höhere – und so für viele nicht mehr bezahlbare – Mieten, also die Verdrängung einkommensschwacher MieterInnen und die Zerstörung der sozial diversen und gewachsenen Nachbarschaftsstruktur. Die Zukunft des gesamten Quartiers steht auf dem Spiel!

Gründung einer Initiative
Aus informellen Treffen im Hinterhof entwickelte sich bald eine Gruppe aktiver MieterInnen, welche via Umfrage und Vollversammlungen immer mehr Betroffene über die drohende Gefahr aufklärte. Die Initiative „Wiehre für Alle“ gründete sich. Ihr Ziel: Den Abriss der Häuser in der Quäkerstraße verhindern und 300 bezahlbare Wohnungen in der Wiehre sichern.

Baugenossenschaften als verkappte Unternehmen
In der Wiehre ist eine Entwicklung zu beobachten, die sich bundesweit in Teilen des Genossenschaftswesens vollzieht. Die Aufgabe ursprünglicher Genossenschaftsziele, wie der Schaffung und des Erhalts bezahlbaren Wohnraums, zugunsten einer mehr betriebswirtschaftlichen Ausrichtung, die eine zunehmende Bilanzsteigerung mit Dividendenauszahlung anstrebt. Sie entwickeln sich zu „Bauunternehmen“ mit wenig aktivem Vertretergremium und sind zudem schwierig zu demokratisieren. Ermöglicht wurde diese Entwicklung durch die Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit im Jahr 1989, eine frühe neoliberale Reform, welche für mehr „Wettbewerb“ auf dem Wohnungsmarkt sorgen sollte.
Die Familienheim in Freiburg zahlt rund vier Prozent Dividende aus (ein Wert von Topunternehmen!), gleichzeitig stieg die Durchschnittsmiete im Zeitraum von 2009 bis 2016 jedoch um satte 32 Prozent, bei gleichbleibendem Wohnungsbestand. Damit verstößt sie offen gegen ihre Satzung, welche die Versorgung der Genossenschaftsmitglieder mit günstigem Wohnraum vorsieht.

Selbstorganisiert gegen Verdrängung
Doch die rebellischen MieterInnen wollen sich das nicht gefallen lassen und kämpfen für den Erhalt ihrer Wohnungen. Nachdem der Dialog mit dem Vorstand der Familienheim scheiterte, versuchen sie Öffentlichkeit für ihre Forderungen zu schaffen: Infostände in der Wiehre, Interviews, Gespräche mit den Fraktionen des Gemeinderates, eine Petition – alles ausgearbeitet in basisdemokratisch organisierten Koordinationstreffen und Vollversammlungen mit allen Betroffenen. Gemeinsam mit Aktiven des Mietshäuser-Syndikats entwickeln sie aktuell einen alternativen Konzeptvorschlag zur behutsamen Sanierung ihrer Häuser. Einen ersten Erfolg erzielten sie, als der Gestaltungsbeirat, der die Stadt bei wichtigen Bauvorhaben berät, sich der Argumentation der Initiative anschloss und empfahl, die Häuser in der Quäkerstraße nicht abzureißen. Doch es scheint, als wolle sich der Vorstand der Familienheim darüber hinwegsetzen. Die Entmietung wurde – wie man hörte – zur „Chefsache“ gemacht. Gerade darum gilt es die MieterInnen in ihrem Kampf zu unterstützen – auch weil der Mietspiegel und damit die Mieten durch Abriss und Neubau in ganz Freiburg steigen werden.

Mehr Infos und Petition: www.wiehre-für-alle.de 

Von Wiehre Für Alle zusammengestellte Hintergrundinfos:

Ausführliche Analyse der Mietpreisentwicklung  bei derFamilienheim Freiburg

Ausführlicher Text zur Wohnraumpolitik des Familienheim Freiburg

RDL Berichte zum Thema: https://rdl.de/tag/familienheim