Polizeiterror auf dem Stühlinger Kirchplatz

Wer lediglich die Badische Zeitung liest oder die Polizeieinsätze zum Maßstab nimmt, muss denken: Der Stühlinger Kirchplatz nahe dem Freiburger Hauptbahnhof ist verdammt gefährlich. Das spiegelt die Realität aber keinesfalls wider. Es ist ein Platz, der von vielen unterschiedlichen Menschen genutzt wird, der Familien mit Kindern und andere dazu einlädt, auf der Wiese zu verweilen. Gefährlich ist der Aufenthalt aber leider doch. Und zwar für all jene mit nicht „weißem“ Äußeren. Sie müssen ständig Angst haben, von schwer bewaffneter Polizei geradezu überfallen zu werden.
Die Polizei ist auf dem Platz mittlerweile omnipräsent und führt etwa alle zwei Wochen Großkontrollen durch, bei denen nicht nur Spürhunde, sondern auch Drohnen und Kameras eingesetzt werden. Anschließend wird dann per Polizeipresseerklärung meist verkündet, man habe geringe Mengen an Marihuana gefunden. Und dafür der ganze Aufwand? Für ein paar Gramm Gras, das man wohl in jedem größeren Freiburger Studierendenwohnheim auch finden könnte?
Nein. Es geht offensichtlich um etwas anderes. Um das ominöse Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Ohne Belege dafür anzuführen, erklären Polizei und Badische Zeitung immer wieder Hand in Hand, dieses sei bedroht, obwohl sie selber zugeben, dass die objektive Sicherheitslage nicht zu diesem „Gefühl“ passe.

Man wolle den Platz wiedergewinnen, erklärt Polizeipräsident Semling, und lässt seine Polizei wieder und wieder Personen mit dunkler Hautfarbe kontrollieren. Sehr wahrscheinlich gibt es unter den Kontrollierten ein paar, die dealen, und auch wenn es Erklärungen dafür gibt – z. B. dass einige von ihnen einem Arbeitsverbot unterliegen und kaum eine legale Möglichkeit der Gelderwerbs haben – heißt das nicht, dass man dies gut finden muss. Aber: Die angebotenen Drogen kann jede*r einfach ablehnen und bleibt völlig unbehelligt. Die Kontrollierten, fast ausschließlich mit nicht „weißem“ Äußeren, aber bleiben nicht unbehelligt – auch deren große Mehrheit, die nicht dealt. Sie werden teilweise von der Polizei bedroht und gezwungen sich auf dem Platz auszuziehen. Was sollen eigentlich auf dem Spielplatz spielende Kinder mit dunkler Hautfarbe denken? – Sie bekommen von der Polizei eindrücklich beigebracht, dass sie ihr ganzes Leben mit Diskriminierung rechnen müssen. Und dieses ganze racial profiling wegen ein paar wenigen Dealern.
Was auf dem Stühlinger Kirchplatz abgeht, wirkt wie ein Kulturkampf aus den Träumen der AfD. Die Polizei verdrängt die „Schwarzen“, um sie aus dem Sichtfeld eines Teils der Bevölkerung zu entfernen. Wenn sich ihr Anblick negativ auf das Sicherheitsgefühl auswirkt, dann sollte man nicht von Sicherheitsgefühl, sondern ehrlich von Rassismus sprechen. Und dann sind nicht die afrikanischen Platznutzer*innen, die sich nach einem Treffpunkt jenseits vom Alltag im Flüchtlingslager etc. sehnen, sondern die Rassist*innen das Problem. Warum also nicht genau diese Menschen mit ihrem gestörten Sicherheitsgefühl zum Zielsubjekt für Sozialarbeit etc. machen? Das wäre deutlich ehrlicher als die momentanen Platznutzer*innen zum Problem zu erklären. Nutzer*innen eines Platzes, der nämlich bei einem Großteil der Freiburger*innen und Anwohner*innen keinesfalls so unbeliebt ist wie BZ und Polizei es darstellen. Eine Studie des Bürgervereins kam zum Ergebnis, dass 95% der Platznutzer*innen und 80% der Anwohner*innen den Platz positiv einschätzen. Es wäre an der Zeit, dass sich einige dieser Menschen aufraffen, um den Platz zurückzugewinnen, gegen den ständigen Polizeiterror und die rassistischen Kontrollen.