Stühlinger für Alle

Stühlinger für Alle

Plakat am Stühlinger Platz, (Foto: rdl.de, Lizenz: CC Attribution, non-Commercial, Share Alike)

In den letzten Monaten hat sich nicht nur das Polizeiaufgebot stark vermehrt, sondern auch die Polizeigewalt im Freiburger Stadtteil Stühlinger zugenommen. Während auf dem Stühlinger Kirchplatz Menschen gezwungen werden, sich im Rahmen anlassloser Durchsuchungen vor Polizeibeamt*innen auszuziehen, und teilweise im 10-Minuten-Takt kontrolliert werden, patrouillieren deren Kolleg*innen ständig auf dem Lederleplatz und rund um den Späti. Polizeieinsätze wie diese werden häufig mit dem „Sicherheitsbedürfnis“ der An- oder Einwohner*innen begründet. Wir sind jedoch eine Gruppe Anwohner*innen, die dieses Polizeiaufgebot für nicht angemessen halten. Das Polizeiaufgebot ist nicht dafür geeignet, dass Menschen sich sicherer fühlen oder die Stadt tatsächlich sicherer wird. Im Gegenteil: Viele haben einfach weniger Lust sich dort aufzuhalten. Die gesteigerte Polizeipräsenz schränkt individuelle Freiheiten ein, wodurch Menschen abgeschreckt sind sich auf dem Stühlinger Kirchplatz aufhalten zu wollen. Wir wollen nicht unter Polizeiaufsicht picknicken oder unter Polizeidrohnen und Kameraüberwachung Tischtennis spielen. Das massive Polizeiaufgebot spiegelt zudem nicht wider, wie der Platz von Anwohner*innen generell wahrgenommen wird: So zeigt eine Studie des Freiburger Instituts für angewandte Sozialwissenschaft e.V. (FIFAS 2017), dass Anwohner*innen den Kirchplatz tagsüber als angenehmen und sicheren Ort empfinden. Doch genau dann finden die Polizeieinsätze statt. Durch die zunehmende mediale Kriminalisierung des Platzes rückte dieser immer mehr in den Fokus der Polizei und es entstand der Eindruck, dass Sicherheit durch Kontrollen geschaffen werden könne.

Wir dagegen sind der Ansicht, dass polizeiliche Präsenz ein höheres Ausmaß an Kriminalität und Bedrohung suggeriert. Für viele Menschen sind die willkürlichen und gewaltsamen Polizeimaßnahmen auf dem Kirchplatz außerdem zu einem persönlichen Sicherheitsrisiko und einer öffentlichen Bloßstellung geworden. Sie werden wegen ihres Aussehens rassistisch diskriminiert, entwürdigend behandelt und erfahren Gewalt. Ihre Rechte werden missachtet – und das gerade von der Institution, die vorgibt für den Schutz von Menschen und deren Rechte sorgen zu wollen. Durch die überzogenen Polizeieinsätze im Stühlinger wird keine Sicherheit hergestellt, sondern Repression ausgeübt. Repression, die meistens nicht weiße Menschen trifft. Einen solchen Stühlinger wollen wir nicht! Wir wünschen uns eine freie Stadt, in der niemand Angst vor Racial Profiling bzw. willkürlichen Polizeimaßnahmen haben muss, auch und besonders im Stühlinger. Eine Stadt, in der öffentliche Räume von allen genutzt werden können, und in der etwaigen Problemen nicht mit Polizeigewalt, sondern mit Dialog begegnet wird.

Anwohner*innen-Verein-Stuehlinger November 2019
Kontakt: Anwohnerinnen-Verein-Stuehlinger@gmx.de

Dieser Beitrag ist in der Zeitung „Gefährliches Pflaster“ – Zeitung zur Sicherheitskritik erschienen.