„Ziel des Bürgermeisteramtes ist es, das Freiburger Stadtgebiet (…) zunehmend unattraktiver zu machen.“

„Ziel des Bürgermeisteramtes ist es, das Freiburger Stadtgebiet (...) zunehmend unattraktiver zu machen.“

Quelle: RDL

Wie bitte? – Na ja, stimmt ja eigentlich – teure Mieten in der Innenstadt machen das Wohnen dort zunehmend unerschwinglich und sorgen auch dafür, dass die Preise in Gastronomiebetrieben immer weiter steigen und die Art der Einkaufsmöglichkeiten vielleicht für gut betuchte Tourist*innen, nicht aber für die vielen Menschen mit niedrigeren Löhnen einen Besuch der Innenstadt attraktiv machen.
Wenn man mal die aktuelle Corona-Lage außen vor lässt, tun besoffene JunggesellInnenabschiede und fette SUVs, die die Straßen und teilweise auch die Bürgersteige rund um die Fußgängerzonen verstopfen, ihr Übriges, um die Freiburger Innenstadt unattraktiv zu machen.
Das oben genannte Ziel des Bürgermeisteramtes scheint also schon erfüllt zu sein. Aber gibt Oberbürgermeister Martin Horn wirklich bekannt, dass er das Freiburger Stadtgebiet unattraktiv machen will? – Nein, natürlich nicht. Beim obigen Zitat wurden zwar keine Worte verdreht, aber etwas weggelassen. Das Zitat von Martin Horn besagt eigentlich, dass das Stadtgebiet „insbesondere für organisierte, gewerbsmäßige Bettelgruppen, zunehmend unattraktiver“ gemacht werden soll.
Und hier glaubt der Oberbürgermeister offensichtlich, dass er keinen Gegenwind bekommt, wenn es um die Ausgrenzung so titulierter Gruppen geht. Im Großen und Ganzen dürfte er mit dieser Annahme leider recht haben. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es um „ausländische, organisiert handelnde Bettler“ geht, wie es im Brief von einigen Gewerbetreibenden und AnwohnerInnen heißt, die sich über die ihrer Meinung nach unhaltbaren Zustände beschweren.

OsteuropäerInnen dürfen für uns schuften, aber nicht um Geld bitten
Menschen aus Osteuropa dürfen vieles: Sie dürfen sich zu Hungerlöhnen in Schlachtbetrieben halb tot schuften und sich mit dem Coronavirus anstecken, um uns mit günstigem Fleisch zu versorgen. Sie dürfen unsere Häuser bauen und unsere Alten pflegen. Osteuropäerinnen dürfen, gerne möglichst unsichtbar, die sexuellen Bedürfnisse hiesiger Männer befriedigen. Und natürlich dürfen Osteuropäer, angestellt bei Subunternehmen, auch in Freiburg unseren Müll entsorgen. Das Ganze findet natürlich „organisiert“ statt.
Aber sich „organisiert“ sichtbar in unserer Innenstadt aufhalten und um etwas Geld und damit einen lächerlich geringen Ausgleich, bezogen auf die ungleichen ökonomischen Bedingungen innerhalb Europas, bitten? Nein, das dürfen Menschen aus Osteuropa nicht. Da erzürnt sich die Freiburger Volksgemeinschaft und beschwert sich im Brief des Antiquariats Thomas Nonnenmacher auch noch darüber, dass die BettlerInnen Luftmatratzen, Bettdecken, Essen und Getränke dabei haben. Ganz so, als ob die UnterzeichnerInnen des Briefs selber am liebsten auf dem Boden liegen und natürlich nichts essen und trinken würden. Aber die FreundInnen der Ausgrenzung können sich sicher sein: Oberbürgermeister Martin Horn steht auf ihrer Seite. „Mir ist (…) sehr daran gelegen, dass wir im Schulterschluss die Innenstadt attraktiv und sauber halten“, so Martin Horn in seiner Antwort auf den organisierten Bettelbrief an die Stadt, in der auch das anfängliche Zitat zu finden ist. Obwohl im Brief auch am Rande Aspekte wie das in-Eingänge-Pinkeln des Partypublikums erwähnt werden und damit eine wirklich unsägliche Eigenart vieler besoffener Männer, wird ein Handeln von der Stadtverwaltung hauptsächlich gegen die BettlerInnen erwartet. Man tritt halt gerne nach unten. Und bekommt dabei, wie wir mehrfach dargelegt haben, in Freiburg mittlerweile auch die Unterstützung des kommunalen Vollzugsdienstes, der weiter aufgerüstet wird und de facto eine Anti-Armen-Polizei ist.