Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Juli bis 15. September)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Juli bis 15. September)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] HAUSORDNUNG DER LEA GRUNDRECHTSWIDRIG
Ein von Aktion Bleiberecht in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zum Ergebnis, dass die Grundrechte der Bewohner*innen der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Freiburg schon durch die geltende Hausordnung verletzt werden. Insbesondere in Bezug auf ihre allgemeine Handlungsfreiheit, ihre Persönlichkeitsrechte sowie auf die Unverletzlichkeit der Wohnung. Das betrifft fragwürdige bzw. rechtswidrige Zimmerkontrollen, Durchsuchungen, Eingriffe in die Privat- und Intimsphäre, Taschenkontrollen, Besuchsverbote und weitere Eingriffe. Die die gesamte Hausordnung prägende Grundregel, die von einem Hausrecht (allein) des Regierungspräsidiums Freiburg ausgeht, ist bereits im Kern grundgesetzwidrig. Gegenüber Radio Dreyeckland verweigerte das Regierungspräsidium ein Interview: „Insbesondere angesichts der aktuellen Nachrichten und Bilder aus Moria und anderen Flüchtlingslagern bedauern wir, dass die aus unserer Sicht völlig unangebrachte Kritik an der LEA Freiburg anhält.“ Das RP argumentiert getreu dem Motto: Woanders ist es noch schlimmer als hier, also nehmt‘s mal nicht so genau mit den hiesigen Grundrechten.

[FR] RACIAL PROFILING ENTGEGENTRETEN
Angesichts andauernder rassistischer Polizeikontrollen z.B. auf dem Stühlinger Kirchplatz hat sich in Freiburg eine sogenannte Copwatch-Gruppe gebildet. Sie will der Normalität von Racial Profiling die konkrete Unterstützung für Betroffene, solidarische Aktivierung von Passant*innen und politische Öffentlichkeitsarbeit entgegensetzen. Auf der Homepage copwatchfr.home.blog finden sich u.a. ein Leitfaden für die Beobachtung von Polizeieinsätzen und die Möglichkeit rassistische Polizeieinsätze zu melden.

[FR] NEUES WAGENKOLLEKTIV
In Freiburg gibt es wieder eine Gruppe, die einen neuen selbstverwalteten Wagenplatz sucht. Die Gruppe Radlager, die unter radlager-freiburg.org im Internet erreichbar ist, bittet um Tipps für Grundstücke und schreibt: „Ein selbstverwalteter Wagenplatz ist für uns nicht nur ein Wohnraum, sondern auch ein Raum mit einer gemeinschaftlichen Infrastruktur, in welchem wir Platz für Konzerte, Theater, Lesungen, Vorträge, Filmabende, oder Küfas (Küche für Alle) schaffen und auch offen zugängliche Werkstatträume entstehen sollen.“

VIEL ZU WENIGE SOZIALWOHNUNGEN
Aufgrund der Einkommenssituation brauchen in Deutschland immer mehr Menschen eine Sozialwohnung. Das Pestel-Institut geht in einer aktuellen Untersuchung von einem Bedarf von rund 8,5 Millionen Sozialwohnungen aus. Allerdings gibt es momentan nur 1,2 Millionen Sozialwohnungen, Tendenz sinkend. Die Auswirkungen der Coronakrise dürften den Bedarf an Sozialwohnungen nochmals deutlich erhöhen.

WER HAT DER GIBT
Unter diesem Motto sind in verschiedenen Städten Menschen auf die Straße gegangen mit der klaren Aussage: „Die Reichen müssen für die Krise bezahlen! Die Corona-Gesundheitskrise ist in vollem Gange, doch der finanzielle und soziale Notstand steht uns erst noch bevor. Durch Rettungsaktionen vor allem für die Wirtschaft, höhere Arbeitslosigkeit und Steuerausfälle muss der Staat viel mehr finanzieren, während er gleichzeitig Einnahmen verliert. Forderungen nach einem ausgeglichenen Staatshaushalt werden bald jene nach Corona-Soforthilfen und Konjunkturprogrammen überlagern.“ Das Bündnis fordert das Geld bei den Reichen zu holen: “Die reichsten zehn Prozent der Deutschen horten zwei Drittel des Vermögens; 45 superreiche Haushalte besitzen genauso viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung.“ Gefordert wird eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine Besteuerung großer Erbschaften, eine einmalige Vermögensabgabe für Millionär*innen und Milliardär*innen, Investitionen in Sozialwesen, Gesundheit und Kultur, mehr Geld für systemrelevante Berufe, die Durchsetzung von Unternehmenssteuern, z.B. gegenüber Amazon, und zur Sicherung von Arbeitsplätzen mittelfristig, dass Unternehmen unter die demokratische Kontrolle der Beschäftigten gestellt werden. Das Prinzip „wer hat, dem wird gegeben“ müsse aufhören.

FREIBURG AM DRITTTEUERSTEN
Mal wieder gibt‘s eine Statistik, die das Verhältnis der Miete zum Einkommen untersucht. Das Immobilienportal Immowelt kommt zum Ergebnis, dass Freiburg nach München und Frankfurt die teuerste Stadt ist. Eine 80- bis 120-qm-Wohnung kostet durchschnittlich 1290 €. Modellfamilie war eine Familie mit zwei Kindern. Bis zu 48 % des Einkommens gehen demnach in Freiburg fürs Wohnen drauf.

[FR] PROTEST GEGEN ABRISSPLÄNE
Das Rahmenkonzept Haid spricht beim Ahornweg und den benachbarten Wohnblocks am Lindenwäldle von „Quartiersentwicklung“ und sieht auch für die Reihenhäuser am Ahornweg in einigen Jahren den Abriss vor. Die BewohnerInnen sehen sich allerdings als Teil der Sinti-Siedlung am Auggener Weg, die Teil der sogenannten „Wiedergutmachung“ nach dem 2. Weltkrieg war und protestieren gegen die Abrisspläne der Stadtbau. Viele der BewohnerInnen oder ihre Eltern sind Überlebende der Verfolgung der Sinti im Nationalsozialismus und hoffen nun sich Gehör zu verschaffen und ihr Zuhause nicht perspektivisch zu verlieren.