Armut darf nicht bestraft werden! Für einen kostenlosen ÖPNV!

Der Arbeitskreis kritische soziale Arbeit (aks) kritisiert die Verfolgung vom „Fahren ohne Fahrschein“ als Teil der Armutsbestrafung. Mit dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets Ende August endet der Versuch, Mobilität ein klein bisschen gerechter zu gestalten. Nach über 2 Jahren Corona und Preissteigerungen, die besonders arme Menschen treffen, sowie Regelsätzen, die seit Jahren viel zu niedrig sind, ist das Recht auf Mobilität ein brisantes Thema. Bei der VAG hatte sich infolge des 9-Euro-Tickets im Juni mit ca. 240 Beanstandungen beim Fahren ohne Fahrerlaubnis diese Zahl im Vergleich zum Durchschnitt der Vormonate fast halbiert. Nach kurzzeitigem Aussetzen werden wieder Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt. Die Knäste füllen sich wieder. In der JVA Freiburg saßen Anfang Juli 16 Personen, wegen solcher Strafen, die meist Folge des Fahrens ohne Fahrschein sind.

Die Möglichkeit, die verschiedenen Mobilitätsformen in Anspruch zu nehmen, ist äußerst ungerecht verteilt. Auch die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) kostet Geld – und das nicht zu wenig. Von Armut betroffene Menschen können sich oftmals keine Fahrkarte leisten. Da der Mensch jedoch auf Mobilität angewiesen ist, z.B. für tägliche Bedarfe wie Einkauf oder Arztbesuche, sind arme Menschen in einer Zwangslage, aus der sie wenige Auswege haben. So kommt es häufig dazu, dass Menschen ohne Fahrschein fahren (müssen).

Fahren ohne Fahrschein bringt Leute in den Knast

Werden Personen beim „Fahren ohne Fahrschein“ erwischt, steht nicht nur ein „erhöhtes Entgelt“ (meist um die 60 Euro) an, sie müssen zusätzlich mit einer Anzeige rechnen, da das „Fahren ohne gültigen Fahrschein“ gemäß § 265a StGB als „Erschleichen von Leistungen“ gilt. Übrigens ein Gesetz, das im Nationalsozialismus 1935 erlassen wurde. Es gilt als Straftat und wird in den meisten Fällen mit einer Geldstrafe bestraft.

Kann die Geldstrafe nicht bezahlt und auch die Strafe nicht durch gemeinnütziger Arbeit abgeleistet werden (die jene zeitlichen und gesundheitlichen Ressourcen voraussetzt, deren

Fehlen meistens Grund für die Armut ist), wird eine Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet.

Konkret gesagt: Kannst du nicht zahlen oder arbeiten, gehst du in den Knast.

Wie sich jeder denken kann, sind reiche Menschen eher selten von „Erschleichen von Leistungen“ und einer Ersatzfreiheitsstrafe betroffen (sie haben ja Geld). Dieser Straftatbestand ist eine reine Bestrafung von Armut! Die dadurch einhergehenden Folgen und Belastungen treffen bedürftige Menschen hart. Auch eine kurze Zeit im Gefängnis kann traumatisierend sein. Die Strafe ist nicht zielführend, da sie keine wirksame Prävention darstellt. Sie ist kontraproduktiv, da sie bedürftige Menschen noch bedürftiger macht und sie durch den Gefängnisaufenthalt gesellschaftlich noch stärker stigmatisiert werden. Anstelle der zusätzlichen Bestrafung könnten die Gelder, die der Staat hier verbraucht (Knäste sind teuer, Folgekosten durch Verlust der Wohnung, gesundheitliche Folgen von Knastaufenthalten, …), in die Vergabe von kostenlosen Sozialtickets oder einen kostenlosen ÖPNV investiert, oder auch Hartz IV durch ein bedingungsloses Grundeinkommen in ausreichender Höhe ersetzt werden. Es gibt viele Ideen, die das „Fahren ohne Fahrschein“ verhindern, dem Staat Kosten ersparen und am wichtigsten: es den Menschen, die sich in einer schwierige Lage befinden, nicht noch schwieriger machen. Seit rund 30 Jahren steigt die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen deutlich. Das hat auch mit einer durch die Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik verschärften Spaltung der Gesellschaft zu tun, an deren Rand die Gering- und Garnichtsverdiener:innen stehen. Inzwischen ist die Ersatzfreiheitsstrafe die häufigste Form der Freiheitsstrafe in Deutschland.

Der aks fordert:

Die Kriminalisierung armer Menschen stoppen!

Der Straftatbestand des „Fahrens ohne Fahrschein“ muss ersatzlos gestrichen werden!

Wir wünschen uns von Seiten der Deutschen Bahn und der Freiburger Verkehrs AG ein soziales Verhalten und Mitwirken. Solange die Regelungen sind wie sie sind, bitten wir darum: Bringt das Fahren ohne Ticket nicht zur Anzeige, ihr müsst das nicht tun!

Gnadenerlasse für bereits erteilte Strafen forcieren! Alternativ, dem www.freiheitsfonds.de folgend, Menschen aus dem Knast freikaufen!