Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Mai bis 15. Juni 2022)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Mai bis 15. Juni 2022)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] MIETERHÖHUGSSPIEGEL KÖNNTE UM 10% STEIGEN
In Freiburg hat die Mietspiegelkommission getagt. Es steht wohl bald wieder eine drastische Mieterhöhungswelle an. Um mindestens 10% könnten die Mieten steigen. „Der Mieterhöhungsspiegel wird fortgeschrieben“ klingt harmlos, könnte aber viele Mieter:innen in Probleme stürzen. Es geht aktuell nur darum, ob zur Errechnung der Preisindex für die Lebenshaltung aller Haushalte herangezogen wird – aufgrund der Inflation würde eine drastische Verteuerung drohen – oder ob doch noch eine Stichprobe gemacht wird. Sicher scheint: Die Basis-Mietspiegelmiete wird nächstes Jahr wohl durchschnittlich auf über 10 €/qm steigen. Weiterlesen

Stadtbau-Geschäftsführung wird hinter verschlossener Tür abgedealt

Am heutigen Montag wird der Hauptausschuss des Freiburger Gemeinderats über die Nachfolge von Stadtbau-Co-Geschäftsführer Ralf Klausmann beraten. Am 28. Juni soll das Ganze dann im Gemeinderat beschlossen werden. Nachfolger auf dem gut dotierten Posten wird – das hatte Radio Dreyeckland schon Ende März berichtet – Rechtsamtsleiter Matthias Müller werden.

Der Gemeinderat behandelt das Thema aber nicht öffentlich. Das ist ein Skandal!

Die Geschäftsführung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft hat einen großen Einfluss auf die Wohnungspolitik, hier geht es um die Ausrichtung der FSB. Das geht die gesamte Stadtgesellschaft an. Hier braucht es Transparenz statt Hinterzimmergeklüngel. Das Ganze ist ein Armutszeugnis für einen Oberbürgermeister, der mit dem Motto „gemeinsam gestalten“ angetreten ist. Leider ist es auch ein Armutszeugnis für die linkeren Kräfte im Gemeinderat. Warum zwingt man die Stadtverwaltung nicht über einen Antrag dazu, ein solch wichtiges Thema öffentlich zu debattieren, um der Stadtgesellschaft die Möglichkeit zu bieten, sich ein eigenes Bild zu machen?

Soll die Stadtbau ihre Mieten wirklich immer an den Mietspiegel heranführen und damit ständig massiv erhöhen? Sollten nicht alle Stadtbauwohnungen, – auch die, die aus der Sozialbindung gefallen sind – auf dem Mietniveau von Sozialwohnungen bewirtschaften werden? Muss die städtische Wohnungsbaugesellschaft angesichts eines eklatanten Mangels an bezahlbaren Mietwohnungen wirklich Eigentumswohnungen bauen? Wieviel Personalressourcen und auch wieviel Fläche soll für die Besserverdienenden-Förderung verschwendet werden? Ist der Abriss der alten Arbeitersiedlung im Metzgergrün legitim, wenn bezogen auf die bisherige Metzgergrünfläche unter dem Strich bezahlbarer Wohnraum wegfällt? Kann man die Häuser wirklich nicht erhalten? Wie kann zukünftig die Mieter:innenmitbestimmung ausgebaut werden?

All das sind Fragen, die öffentlich debattiert werden sollten. Warum hat man etwaigen Bewerber:innen für die Co-Geschäftsführung nicht ermöglicht, zu solchen Fragen Stellung zu beziehen, damit die Stadtbaumieter:innen und die Stadtgesellschaft wissen, woran sie sind?

Wir fordern: Schluss mit der Intransparenz! Keine Klausmann-Nachfolge ohne Beteiligung der Mieter:innen und der Stadtgesellschaft! Setzt den Tagesordnungspunkt ab und ermöglicht einen Prozess in dem auch über die grundsätzliche Ausrichtung der Stadtbau diskutiert werden kann. Langfristig muss aus unserer Sicht die Stadtbau von den Mieter:innen selber verwaltet werden. Über eine gewisse Mitbestimmungsmöglichkeit für nicht-Stadtbaumieter:innen sollte dann in einem transparenten Prozess unter Beteiligung einer breiten Zivilgesellschaft entschieden werden.

Recht auf Stadt Freiburg, 20.06.2022

Die Verachtung der Armen

Die Verachtung der ArmenAktuell folgt eine Krise der anderen und ein Ende ist nicht absehbar. Von der noch nicht beendeten Coronakrise gibt es einen nahtlosen Übergang in die Krise, die mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verbunden ist. Auch die Folgen der Klimakrise sind schon zu spüren und werden in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich noch deutlicher zu spüren sein.
Wenn man den weltweiten Maßstab anschaut, lässt sich schon lange sagen: Für die Krisen und den Reichtum einiger weniger, der für die Krisen mitverantwortlich ist, zahlt der ärmere Teil der Weltbevölkerung. Die Folgen der Klimakrise sind mit Missernten und Hungersnöten auf dem afrikanischen Kontinent deutlich stärker zu spüren als in Europa. Dafür dürfen z. B. in der Demokratischen Republik Kongo die Menschen unter erbärmlichen Arbeitsbedingungen die Rohstoffe für unsere ach so tolle Digitalisierung gewinnen. Überflutungen aufgrund des Meeresspiegelanstiegs treffen Bangladesch, wo unsere Klamotten hergestellt werden. Auch die Hungersnot infolge des Ukrainekriegs wird ärmere Länder deutlich härter treffen als z.B. Deutschland.
Aber auch hierzulande treffen die Krisenfolgen nicht alle gleich, sondern insbesondere die Armen. Die politischen Reaktionen darauf und ja, auch das Schweigen in weiten Teilen der Gesellschaft, lassen sich nur mit den Worten „Verachtung der Armen“ zusammenfassen. Weiterlesen

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. April bis 15. Mai 2022)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. April bis 15. Mai 2022)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] VERDRÄNGUNG VON DROGENABHÄNGIGEN IM COLOMBIPARK
Die Stadtverwaltung will nun doch den Colombipark umgestalten. Der Platz für Drogenabhängige soll von der östlichen auf die westliche Seite des Parks verlegt werden, obwohl es dort deutlich mehr Anwohner:innen gibt, die mit dieser Verlegung nicht glücklich sind. Das zeigt: Wenn Anwohner:inneninteressen mal quer zum Plan für eine touristenfreundliche clean city liegen, ignoriert die Stadt sie gerne. Hauptsache der Blick vom Colombi und dem Rotteckring wird nicht durch die soziale Realität gestört. Beschlossen wurde schon mal, dass der Weihnachtsmarkt alljährlich auch im Colombipark stattfinden wird. Glühweintrunkene Tourist:innen, die den öffentlichen Raum verknappen, sind nämlich anders als Drogenabhängige für die Stadtverwaltung kein Problem. Weiterlesen

Soziale Spaltung beim Wohnen in Freiburg

Soziale Spaltung beim Wohnen in FreiburgDer Mietwahnsinn geht in Freiburg weiter und weiter. In der Umfrage „Wohnen in Freiburg“ für das Jahr 2020 zeigt sich das Desaster der kapitalistischen Wohnraumbewirtschaftung: „28 % der Freiburger_innen sind nach der Definition des Statistischen Amts der EU, Eurostat, durch ihre Wohnkosten sogar finanziell überbelastet und damit langfristig gefährdet, aus der Stadt verdrängt zu werden. Insbesondere Studierende und Senior_innen müssen oft mehr als 40 % des ihnen zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens für ihre Wohnung aufbringen“, so das Amt für Statistik in Freiburg in der nun veröffentlichen Umfrage.

Mieter:innen am stärksten belastet

Beim genaueren Hinschauen zeigt sich, dass Mieter:innen den höchsten Betrag monatlich fürs Wohnen zahlen. Pro Person werden 499 Euro aufgelistet. Hauseigentümer:innen belegen mit 481 Euro pro Monat den zweiten Platz. Anschließend kommen Wohnungseigentümer:innen, die durchschnittlich 442 Euro pro Monat zahlen. Bei Eigentümer:innen bestehen die Wohnkosten hauptsächlich aus dem Abbezahlen von Krediten, sodass die Belastung nach einem längeren Zeitraum im Gegensatz zu den Mieten meist zurückgeht. Zudem besteht die Möglichkeit, eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim später, meist gewinnbringend, zu verkaufen.
Auch ist die Wohnkostenbelastung bei Mieter:innen wesentlich höher als bei den EigentümerInnen, da sie durchschnittlich ein geringeres Einkommen als Eigentümer:innen haben. Hausbesitzer:innen geben laut Statistik durchschnittlich ein Viertel ihres Einkommens
für Wohnkosten aus, Wohnungseigentümer:innen 28 Prozent. Mieter:innen hingegen müssen durchschnittlich 37 Prozent ihres Einkommens für Miete und Nebenkosten ausgeben. Der für andere Dinge als das Wohnen verfügbaren Anteil des Einkommens entspricht bei Hauseigentümer:innen deutlich höheren Geldbeträge als bei Mieter:innen. Schaut man sich die Gruppe der Mieter:innen noch einmal genau an, fällt auch auf, wie falsch eine Aussage wie „die Wohnkosten treffen alle gleichermaßen“ ist.

Soziale Spaltung beim Wohnen in FreiburgDas reichste Viertel der Mieter:innen gibt gerade einmal 23 Prozent ihres Haushaltseinkommens für ihre Wohnung aus. Menschen aus der ärmsten Gruppe der Mieter:innen, die also weniger als 1.375 € pro Monat verdienen, müssen hingegen mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Wohnkosten ausgeben.
Aufgrund des erhöhten Platzbedarfs zahlen Familien in Freiburg durchschnittlich am meisten für die Miete. Die durchschnittliche Mietbelastung liegt hier bei 1.225 € pro Haushalt.
In der Langzeitbetrachtung zeigt sich, dass die durchschnittlichen Wohnkosten für eine Mietwohnung um 26,3 % in 8 Jahren gestiegen sind. 2012 betrugen sie 763 Euro pro Monat. 2020 stiegen die durchschnittlichen Kosten pro Haushalt auf 964 € im Monat.
Bei Häusern und Eigentumswohnungen sind die anfallenden monatlichen Kosten in diesem Zeitraum zwischen 7,20 und 8,60 € pro Quadratmeter geblieben. Menschen in Mietwohnungen haben hier mit massiven Steigerungen zu kämpfen. 2012 lagen die Kosten noch bei 10,90 € pro qm, im Jahr 2020 schon bei 13,50 €, eine Steigerung von 24 Prozent.

Es braucht günstige Mietwohnungen!

„Knapp 80 % der Freiburger_innen wünschen sich eine Förderung von zusätzlichem Mietwohnraum“, daher wird es Zeit, eine Wohnungspolitik für die weniger reiche Hälfte der Freiburger Bevölkerung zu machen, die einen Wohnberechtigungsschein bekommen kann, anstatt Eigentumsförderungspolitik für die überdurchschnittlich Wohlhabenden zu machen. Ebenso dürfen die nun beschlossenen Erbpachtregeln nicht dafür genutzt werden, mit einer staatskapitalistischen Politik Geld in die Stadtkasse zu holen. Die profitorientierte Miet- und Bodenpolitik muss endlich beendet werden.
Die Schaffung von sozialem Mietwohnungsraum muss die Priorität der Wohnungspolitik sein. Es fallen dann bestimmt auch ein paar bezahlbare Wohnungen für die Reichen ab! Der von der Reichen-Lobby viel beschworene Sickereffekt lässt grüßen, diesmal nur umgedreht als Trickle-UP-Effekt!