Die Gefahr am Stühlinger Kirchplatz geht hauptsächlich von der Polizei aus -wehrt Euch juristisch!

Die Gefahr am Stühlinger Kirchplatz geht hauptsächlich von der Polizei aus -wehrt Euch juristisch!

Plakat am Stühlinger Platz, (Foto: rdl.de, Lizenz: CC Attribution, non-Commercial, Share Alike)

Im April 2019 kontrollierte die Polizei am Stühlinger Kirchplatz einen jungen Mann. Diesmal traf es ausnahmsweise einen jungen weißen Jurastudenten. So bemühten sich die Streifenpolizisten dann auch gleich, nachzuschieben, dass er kontrolliert werde, weil er „an dem Schwarzen“ vorbeigegangen sei. Und eine solche Person am Stühlinger Kirchplatz ist für die Freiburger Polizei offenbar immer ein potenzieller Drogendealer. Rassismus pur, den der kontrollierte Jurastudent nicht so stehen lassen wollte. Er klagte gegen seine Personenkontrolle und wollte damit auch grundsätzlich etwas dagegen unternehmen, dass die Polizei am Kirchplatz immer wieder – ohne einen konkreten Verdacht – Personen kontrolliert und davon insbesondere People of Colour betroffen sind. Er wollte eine juristische Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der sog. „gefährlichen Orte“, an denen nach dem Polizeigesetz Ba-Wü auch verdachtsunabhängige Kontrollen möglich sind. Der Kläger hält diese rechtliche Grundlage für verfassungswidrig. Sie sei zu unbestimmt und ermögliche unverhältnismäßige Maßnahmen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern brauche es noch nicht einmal den Nachweis von Straftaten von erheblicher Bedeutung. Im Freiburger Fall stünden insbesondere Bagatelldelikte wie Marihuana-Handel im Fokus. „Gefährlich sind die hier begangenen Delikte nicht, sie betreffen primär Konsument:innen“ so der Student im Interview bei Radio Dreyeckland. Er betont den diskriminierenden Charakter der Kontrollen, von denen insbesondere People of Colour betroffen sind. „Jede Kontrolle zeigt nach außen: Der Person wird zugetraut eine Straftat zu begehen.“ Die Polizei hat im Verwaltungsgerichtsverfahren nun anerkannt, dass die besagte Kontrolle rechtswidrig gewesen ist. Ein voller Erfolg also? – Nein, leider nicht. Angeblich konnte die Polizei nicht feststellen, welche beiden Polizisten den Jurastudenten kontrolliert haben. Angesichts dessen, dass die Polizei auf die Sekunde genau weiß, wann die Kontrolle stattgefunden hat, und es sich um einen Sonntagnachmittag handelte, an dem wohl nicht allzu viele Streifenbeamte in diesem Bereich eingesetzt waren, eine lächerliche Erklärung. Dass die Polizei im Verfahren die genaue Uhrzeit der Kontrolle angeben konnte, entlarvt auch die vorherige Behauptung der Datenschutzbeauftragten der Polizei, dass zu dem Jurastudenten keine Daten gespeichert seien, als glatte Fehlauskunft.
Indem die Polizei anerkennt, dass die Personenkontrolle rechtswidrig gewesen ist, geht sie nun aber einer grundsätzlichen rechtlichen Prüfung des Polizeigesetzes aus dem Weg, da ein „normales“ Gerichtsverfahren nicht stattfindet. Die Freiburger Polizei bedient sich gerne der „gefährlichen Orte“, um Freiheitsrechte einzuschränken. Sie stuft aktuell das „Bermudadreieck“ mit Westachse, den Bereich Stühlinger Kirchplatz und das „Quartier Colombi“ als solche Orte ein. Unter ‚Bermudadreieck mit Westachse‘ fasst sie einen gewichtigen Teil der Innenstadt: das Gebiet innerhalb der Bertoldstaße (von Stadttheater bis Bertoldsbrunnen), Kaiser-Joseph-Straße bis Höhe Gerberau, entlang des Gewerbekanals/KG I bis Platz der Universität/Werthmannstraße zum Stadttheater/Bertoldstraße; als „Westachse“ kommt die Bertoldstraße vom Hauptbahnhof (Haltestelle) bis Stadttheater hinzu, die in den Bereich „Bermudadreieck“ übergeht. Der Platz der Alten Synagoge und weite Teile der Innenstadt-Uni sind also laut Freiburger Polizei so gefährlich, dass sie hier verdachtsunabhängige Personenkontrollen durchführen muss. Wir rufen dazu auf, gegen Polizeikontrollen an diesen Orten auch juristisch vorzugehen. Wir vermitteln gerne auch den Kontakt zum erwähnten Kläger, der dabei unterstützen würde. Wir sagen: Die konstruierten „gefährlichen Orte“ abschaffen! Für viele Nutzer:innen wären Stühlinger Kirchplatz etc. ohne Polizei deutlich sicherer!