Sta(d/t)tliche Verdrängung!

Und täglich grüßt die Mieterhöhungswelle! (1, 2, 3) Pünktlich vor den Sommerferien hat die Freiburger Stadtbau (FSB) ihre vom Gemeinderat erwünschte Erhöhungspolitik bis zu Marktmieten fortgeführt. Zum 1. Oktober soll in etwa 430 Wohnungen die Miete um bis zu 120 Euro im Monat steigen. Die FSB erhöht die Mieten überall um bis zu 15% (alle drei Jahre), dort, wo sie es rechtlich kann und nicht bereits Marktmieten (also das Maximum aus dem Mietspiegel) verlangt.

Der Verdrängung von Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen und TransferleistungsempfängerInnen wird Vorschub geleistet. Besonders betroffen ist diesmal das Rieselfeld. Dort zeigt sich erneut, dass das alleinige Bauen von neuen Wohnungen oder ganzen Stadtteilen nicht automatisch – durch die unsichtbare Hand des Marktes – zu mehr bezahlbaren Wohnraum führt. Hier stellt sich erneut die Frage: Für wen wird was gebaut und wie könnten diese Wohnungen dauerhaft dem Markt und den FSB-Mieterhöhungen entzogen werden?

Die FSB verkündet stolz, dass sie im Schnitt 22% unter dem Mietspiegeldurchschnitt vermietet. Hinter dieser „Erfolgsmeldung“ versteckt sich, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Denn die niedrigeren Mieten ergeben sich längst nicht nur aus der ach so großzügigen Förderung von Wohnraum, sondern die FSB-Wohnungen geben auf dem Wohnungsmarkt schlicht auch weniger her als der Durchschnitt. Schon ihre Lage bedeutet z.B. in Weingarten (wo ein erheblicher Teil der FSB Wohnungen liegen) ein Minus von 13%. Auch die Größen der Wohnungen müssten mit in die Berechnung eingerechnet werden. Ein einfacher Durchschnitt ist im Bereich von „Lügen mit Zahlen“ anzusiedeln. Und schließlich: Selbst eine durchschnittliche Miete ist für Menschen mit unterdurchschnittlichen Löhnen und anderen Einkommen noch viel zu hoch.

Mietobergrenzen im SGB II anheben statt die Mieten bei der FSB!

In einer Studie der Stadt Freiburg (Drucksache G-14/017), die nicht so prominent beworben wurde, kommt die Stadt zum Ergebnis: Im SGB-II-Bezug (Hartz IV) gibt es bei Haushalten mit einer Person 30,4%, mit zwei Personen 33,5%, mit drei Personen 40,6%, mit vier Personen 34,2% und bei fünf und mehr Personen 17,6% Bedarfsgemeinschaften die in „nicht angemessenem“ Wohnraum leben, also höhere Wohnkosten haben, als das Amt bereit ist zu zahlen. Diese Menschen sind dem Druck ausgesetzt, sich eine billigere Wohnung zu suchen (die sie nicht finden können – aber auf die erniedrigende Suche werden sie trotzdem geschickt) und meist aus dem eh schon viel zu knapp bemessenen Regelsatz Geld aufwenden um nicht aus Freiburg verdrängt zu werden.

Um auf die Frage am Anfang zurück zukommen: Es zeigt sich, dass es in der Wohnungspolitik um Marktpolitik geht, nicht der Gebrauchswert, sondern der Mehrwert ist das Ziel. Nicht das unabdingbare Bedürfnis nach Wohnraum steht im Mittelpunkt, sondern „gute“ Zahlen in den Geschäftsbüchern.

Doch auch die Kennzahl an neuen Wohnungen sagt nicht viel aus. Es ist zu beachten, wie viel dafür abgerissen wurde (Johann-Sebastian-Bachstr. und Uni-Viertel lassen grüßen) und in welchem Preissegment diese Wohnungen entstehen. Sind sie bezahlbar auch für Menschen, die mit den viel zu niedrigen, vom Gemeinderat festgelegten, Mietobergrenzen leben? Sind die Mieten dauerhaft sozial gebunden oder purzeln sie nach 10 Jahren aus der Bindung, mit anschließender Mietexplosion – wie nun aktuell in Rieselfeld und Vauban?

Derzeit geht es nicht darum, das Bedürfnis nach Wohnraum für Alle zu befriedigen. Besonders erwähnt seien hier Flüchtlinge, denen man „Wohnsituationen“ zumutet, die der Mehrheitsbevölkerung nicht zugemutet werden. Die Fragen nach einem Mehr an demokratischer Kontrolle und Selbstverwaltung und der Möglichkeit ökologischen Wohnens für alle, nicht nur für die, die es sich leisten können, werden nicht gestellt.

Es braucht ganz andere Strukturen, wie z.B. Stadtteilorganisationen, die ihren Wohnraum selbst verwalten. Also statt einen MieterInnen-Beirat bei der FSB viele MieterInnen-Räte!