Freiheit stirbt mit Sicherheit

Freiburg in den letzten Jahren:

Repression gegen die Demonstrationskultur (Straßenfest am 1. Mai, Beschlagnahme von Instrumenten, Demos im Polizeikessel); Repression gegen Menschen, die in Wägen leben wollen, Vertreibung der Straßenpunks. Die Gemeinwesenarbeit, die u.a. Menschen unterstützte, die von Mieterhöhungen (z.B. bei der Stadtbau) betroffen waren, wurde kaltgestellt. Seit letztem Jahr findet ein unerbittlicher Einsatz gegen Obdachlose in der Innenstadt statt.
Um es mit den Worten der grünen Böll-Stiftung zu sagen: Wir können hautnah miterleben, „wie die Handlungsspielräume eingeschränkt werden oder politische Arbeit nahezu unmöglich gemacht wird.“


ErzieherInnen nahmen laut OB Salomon Kinder in „gewerkschaftliche Geiselhaft“. Er rief zur „gesellschaftlichen Ächtung“ des Kita-Streiks auf. Was wirklich fehlt, ist eine „gesellschaftlichen Ächtung“ dieser repressiven und autoritären Politik. Wir reden dabei nicht von AfD & Co., sondern von den Parlamenten und Verwaltungen, die zur Ausbreitung des autoritären Charakters ihren Teil beitragen und einer Gesellschaft, die das geschehen lässt oder unterstützt.

Ist da jemanden das Fenster auf den Kopf gefallen?
Einen weiteren Coup landete die Stadt Freiburg mit der Einführung (samt Videoüberwachung) des eigentlich abgeschafften Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) – geleitet von einer absurden und „finsteren Theorie“ (Kriminologe Hefendehl).
So war der Schritt nicht weit von: „Die zwei Mordfälle in Freiburg und Endingen, aber auch eine größere Zahl von Raubüberfällen haben das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Freiburger noch einmal zusätzlich belastet“ zu „Es geht um sogenannte Ordnungsstörungen – dazu zählen unter anderem Verstöße gegen die geltende städtische Polizeiordnung wie Wildpinkeln, unerlaubtes Lagern, gewerbsmäßige Bettelei, Sachbeschädigung durch Graffiti.“ Hier werden, etwa von der Boulevard Zeitung (BZ 28.02.2017) Dinge miteinander verknüpft, die nichts mit einander zu tun haben. Jemandem ist wohl das Fenster der „broken window“-Theorie auf den Kopf gefallen! Die Kernaussage dieser Theorie: Ordnungsverstöße, die nicht verfolgt werden, sind eine Vorstufe zur Kriminalität. So wird eine Politik der harten Hand „wissenschaftlich“ begründet. Soziologen der Unis München und Mannheim haben 2015 aber gezeigt, dass die Theorie nicht haltbar ist. Eine law&order-Politik verhindert keine schweren Verbrechen. Sie ist vielmehr eine Kriminalisierung von Armut.

Freiheit stirbt mit Sicherheit
„Einen Staat, der mit der Erklärung, er wolle Straftaten verhindern, seine Bürger ständig überwacht, kann man als Polizeistaat bezeichnen“ – (Ernst Benda (CDU), ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts).
Während die Polizeistatistik von einem geringen Rückgang der Straftaten, trotz mehr Kontrollen, berichtet, hat die Kriminalitätsfurcht wohl zugenommen (wissenschaftlich untersucht ist das nicht). Dies liegt u.a. an der kampagnenhaften Berichterstattung über Kriminalität und Ordnungswidrigkeiten durch die BZ. Anfänglich gab es dagegen noch eine Kundgebung. Mittlerweile scheint Gewöhnung eingesetzt zu haben. OB Salomon stellte zufrieden fest: „Vor zehn Jahren hätte es in unserer linksliberalen Stadt noch geheißen: „Was wollen denn die Scheißbullen hier?’“

Die wenigen anderen Stimmen scheinen ignoriert zu werden: „England ist ja das am besten überwachte Land und die Engländer fühlen sich genauso sicher, bzw. unsicher wie die Deutschen,“ so Hans-Jörg Albrecht (Max-Planck-Institut). Der Kriminologe Hefendehl betonte bei Radio Dreyeckland: „Kriminalitätsfurcht bekämpft man nicht mit Videoüberwachung, sondern mit dem Ausbau sozialer Sicherungssysteme“

Zerfallsprozess der bürgerlich liberalen und linken Öffentlichkeit
Der zunehmend repressiven Politik in der Stadt kann nur begegnet werden, wenn viele wieder ihre Stimme erheben. Dass die Herrschenden herrschen, sollte nicht verwundern – aber wo sind die Stimmen in Freiburg, die dem Mythos einer offenen linksliberalen Stadt Leben einhauchen könnten? Es ist still geworden! – Zu still!