10.000 für ein „Recht auf Stadt“

Über 10.000 Menschen gingen in einem Dutzend Städte am bundesweiten dezentralen Aktionstag am 28. September 2013 gegen steigende Mieten und Verdrängung  auf die Straße.
Unter dem Motto „Keine Profite mit der Miete – die Stadt gehört Allen“ beteiligten sich auch in Freiburg bis zu 600 Menschen und zogen mit einer Demonstration vom Stühlinger Kirchplatz über Haslach bis nach Weingarten.

Ziel der Demo war es, Solidarität mit den Menschen in Weingarten zu zeigen, die unter der aktuellen Mieterhöhungswelle (3500 Wohnungen sollen durchschnittlich 11% mehr Miete zahlen) der Freiburger Stadtbau (FSB) zu kämpfen haben. Dort sprach eine Mieterin und wehrte sich gegen die unsoziale und undemokratische Stadt(bau), die u.a. mittels  (energetischen) Sanierungen die Mieten nach oben und die Menschen aus Weingarten treibt.
In einem Beitrag wurde die FSB als normales kapitalistisches Wohnungsunternehmen bezeichnet: „Die Schaffung neuen Wohnraums sollen die MieterInnen der FSB durch ständige Mieterhöhungen bezahlen. Also die ärmeren Schichten der Bevölkerung, die nunmal in der FSB wohnen, sollen Wohnraum für andere ärmere Menschen bezahlen.“ Die Wohlhabenden, die Gesamtgesellschaft sind hier außen vor!
Haslach, der Gentrifizierungsstadtteil, legte im letzten Jahr mit 21,9% Mietsteigerungen am stärksten zu (Littenweiler 19,9 %; Stühlinger 10,7 %). Der SUSI-Chor sang vor einem MietshäusersSyndikats-Haus, dort bestimmen die MieterInnen selber über Miethöhe, bauliche Maßnahmen etc. .
Es ist Herbst und es ist wieder Wohnungsnotstand. Studierende werden wieder zum Semesterbeginn in Notquartieren schlafen müssen.
Was bei den Studierenden Ausnahmesituation ist, ist für Wohnungslose tägliche „Normalität“ – das Leben auf der Straße oder in Notschlafunterkünften. In Deutschland sind 284.000 Menschen ohne eine Wohnung. Allein die Jugendberatung im Stühlinger zählt eine stetig steigende Zahl in ihrer Einrichtung – aktuell 250 junge wohnungslose Menschen. Die Stadt verweigerte der Beratungsstelle wenige tausend Euro Erhöhung ihres Budget, um die ständigen Steigerungen abzufangen.
Das Leben von Flüchtlingen in Sammelunterkünften bedeutet Isolation und Ausgrenzung, macht krank und verhindert gesellschaftliche Teilhabe, so auch in Freiburg. In Oberursel (bei Frankfurt) wurde im Rahmen des 28. September ein Haus besetzt, um für ein Ende der Lagerunterbringung und der dezentralen Wohnversorgung zu demonstrieren. Vielleicht sollte auch die Freiburg HausbesetzerInnen-Bewegung wieder Häuser besetzen, um zu zeigen wo es in Freiburg überall Leerstand gibt! Goethe II, ein recht großes Gebäude einer kirchlichen Stiftung, steht seit Jahren leer.
Gebaut werden soll in Freiburg viel, aber nicht für Menschen mit niedrigem Einkommen oder mit Transferleistungen. Wenn doch, wie die FSB in den Gutleutmatten, dann als „lebendiger Lärmschutzriegel“ an der Escholzstraße um die dahinterliegenden Eigentumswohnungen vor lästigem Verkehrslärm zu schützen. Selbstorganisierten Mietshäusersyndikatsprojekten, die Selbstbestimmung und bezahlbaren Wohnraum vereinen, werden Steine in den Weg gelegt.
Mit dem Handlungsprogramm Wohnen soll Handlungsfähigkeit vorgetäuscht werden, doch: Angesichts der ermittelten Bedarfe im Programm von 840 Wohnungen sofort und jährlich 440 von sogenannten „sozialen Randgruppen“ fehlen im Programm jegliche Umsetzungsvorschläge, um diese Menschen zu versorgen, es bleibt der Neubau als scheinbare Wunderwaffe.

Die grün angestrichene Vertreibungspolitik scheut jeden Eingriff in den Markt und gibt vor, dass auch der Neubau von Wohnungen in Luxuslagen, den Markt entlaste. Dagegen hilft nur, sich jenseits von Staat und Markt selber zu organisieren und Stadtplanung von unten voranzutreiben.
Die letzte Rednerin erklärte zum Abschluss: „Gemeinsam ist etwas möglich, alleine kann man auch schon viel erreichen, aber wir sollten über einzelne positive Fälle hinauskommen. Gegen die Isolation in den Mietskasernen, gegen die Zäune zwischen den Häusern, verfeindete Nachbarn. Lieber den gemeinsamen wirklichen Gegner erkennen und die Wut gegen diesen richten. Nachbarschaftshilfen, Treffen, Beratungen, organisieren. Demonstrieren, Miete mindern oder gar nicht zahlen. Alle gemeinsam.“