JEIN zu Dietenbach

Am 24. Februar findet in Freiburg ein Bürgerentscheid zur Frage statt, ob das Dietenbach-Gelände unbebaut bleiben oder ob ein neuer Stadtteil mit ca. 6000 Wohnungen entstehen soll. Es spricht viel für den neuen Stadtteil, allerdings wäre es auch erstrebenswert, die knappen Ackerflächen zu erhalten.

Es ist völlig richtig: Die immer weitere Ausbreitung von Städten auf Kosten von Land, das Nahrungsgrundlage für zahlreiche Menschen sein könnte, ist fatal. Wer dem entgegentreten will, sollte sich allerdings nicht gegen den Stadtteil Dietenbach stellen, sondern gegen den Kapitalismus als Grundlage dieser Landnahme. Und wer diese Entwicklung kritisiert, sollte nicht, wie die Freiburger Dietenbach-GegnerInnen, das Privateigentum verteidigen, sondern für die Abschaffung eines überbordenden Privateigentums kämpfen.

Wachstum im Umland kostet mehr Fläche
Es ist heuchlerisch, wie einige GegnerInnen des neuen Stadtteils zu hoffen, dass die Menschen sich eher im Freiburger Umland ansiedeln als dass Freiburg weiter wächst. Wachstum im Umland geht meist mit der weiteren Bildung von Eigentum, z.B. in Form von Einfamilienhäusern, einher. Es verbraucht deutlich mehr Fläche und damit oft auch landwirtschaftlich nutzbaren Boden als eine städtische Bebauung in Form von Mietshäusern. Wer auf Umland- statt auf Freiburgwachstum setzt, hinterlässt den Eindruck einer „nicht-in-meinem-Vorgarten“-Bewegung. Wenn aber die BefürworterInnen des neuen Stadtteils dieses Argument in Anschlag bringen wollen, müssten sie endlich auch klarstellen, dass es in Dietenbach keinerlei Einfamilien- und Reihenhäuser geben wird, um die Fläche vernünftig auszunutzen.
Der Raum Freiburg wird relativ sicher weiter wachsen. Die Konzentration von Kapital sorgt dafür, dass sich Arbeitsplätze und Infrastruktur in einigen Regionen ballen und auch immer mehr Menschen angezogen werden. Wer glaubt, darauf mit Abschottung reagieren zu können, blendet die soziale Frage aus und sorgt nicht dafür, dass weniger Reiche zuziehen, sondern dafür, dass die zahlreichen VerliererInnen der kapitalistischen Konkurrenz aufgrund immer weiter steigender Wohnungspreise aus der Stadt verdrängt werden. Aufgrund der erwähnten Konzentration von Arbeitsplätzen würde eine Abschottung auch einen weiteren Zuwachs an Pendelverkehr und damit erneut einen klimapolitischen Nachteil bedeuten.

Alternativen brauchen Enteignung
Wer Ja zu den Alternativen zu Dietenbach sagt, kann nicht gleichzeitig, wie die GegnerInnen, Nein zu Enteignung sagen. Im Wohnungsbestand stehen die Eigentumsverhältnisse bezahlbarem Wohnraum diametral entgegen. Ohne Enteignung lässt sich hier kein bezahlbarer Wohnraum in relevantem Maß schaffen. In neuen Baugebieten kann die Stadt hingegen über das Recht und die Eigentumsfrage steuern, so dass möglichst viel dauerhaftes Gemeineigentum bleibt. Zahlreiche Projekte des Mietshäuser-Syndikats, die dauerhaft dem Zugriff durch den Wohnungsmarkt entzogen bleiben, könnten entstehen. Bei den derzeitigen Immobilienpreisen besteht diese Option im Bestand nicht. Die weitere Versiegelung von Agrarland wiegt allerdings so schwer, dass für eine Rechtfertigung des Eingriffs eine Quote von 50% Sozialmietwohnungen nicht ausreicht. 60%, immerwährende Bindung, 20% mietpreisgedämpft und, wie bei Stühlinger West angekündigt, keine Grundstücke für profitorientierte Investoren, wäre ein Vorschlag. Die Restflächen müssen genauso sozial und auf Dauer abgesichert werden. Firmenwohnungen sind keine Option. Eine dauerhaft sichere Wohnversorgung klappt nur außerhalb des kapitalistischen Marktes und nur durch Überwindung der Marktgesetze lässt sich in Zukunft die Versiegelung weiterer Flächen verhindern.