Freiburg stirbt mit Sicherheit

Freiburg entwickelt sich immer mehr zu einer Stadt, in der Sicherheit und Ordnung zu den Leitbegriffen der Politik werden. Das ominöse ‚subjektive Sicherheitsgefühl‘ der Bevölkerung wird bemüht, um die Freiheit immer weiter zu beschränken und die Überwachung, statt der sozialen Sicherheit, auszubauen.

So hat der Gemeinderat kürzlich mit einer Mehrheit von 24 zu 21 Stimmen die Aufstockung des kommunalen Vollzugsdienstes (KVD) von 12 auf 18 Stellen, inklusive nächtlicher Einsatzzeiten, beschlossen. Die law-and-order-SPD hat geschlossen dafür gestimmt. Der KVD soll keine schweren Straftaten bekämpfen, sondern Personengruppen, die offenbar nicht ins Bild der clean city Freiburg passen. Als Aufgabe wird ganz offen das Vorgehen gegen „Lagern“ oder Nächtigen auf öffentlichen Straßen, sowie gegen „belästigendes und aggressives“ Betteln und StraßenmusikerInnen genannt. Kurzum: Es geht um die Bekämpfung von Armen, deren Anblick das subjektive Sicherheitsgefühl der Mehrheitsbevölkerung stören könnte.

Ordnung durch Sozialarbeit

Zeitgleich mit der Aufstockung des Ordnungsdienstes wurden auch vier neue Stellen für die Straßensozialarbeit beschlossen. Eine soziale Maßnahme, die ausgegrenzten Personen helfen soll, ihre Lage zu verbessern? Nicht unbedingt. Natürlich kann die soziale Arbeit dem einen oder der anderen durchaus mal ein Weg hin zu einem besseren Leben aufzeigen, allerdings spricht schon die verabschiedete Gemeinderatsdrucksache eine ganz andere Sprache. „Bei der Stärkung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sind neben ordnungsrechtlichen Maßnahmen auch präventive Handlungsansätze durch die Straßensozialarbeit verstärkt in den Blick zu nehmen“, heißt es dort. Auch die Aufstockung der Straßensozialarbeit soll also letztlich nicht der Unterstützung für ausgegrenzte Personen, die wohl mit Angeboten wie bezahlbarem Wohnraum am besten funktionieren würde, sondern der Förderung von Sicherheit und Ordnung dienen. So geht es natürlich auch hier darum, „das Sicherheitsgefühl aller Bürger_innen zu stärken“. Wäre es angesichts der ständigen Betonung dieses Gefühls nicht konsequent, die SozialarbeiterInnen würden aufsuchende Sozialarbeit bei den VertreterInnen der Bevölkerung machen, deren Sicherheitsgefühl leidet, wenn sie ärmere, ausgegrenzte Personen sehen? Mit ihnen könnte man über Abstiegsängste, das Treten nach unten, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit oder auch darüber sprechen, ob das Sicherheitsgefühl unter übermäßigen Konsum des Polizeitickers, alias Badische Zeitung, leidet.

Wenn diese statt über jeden Einbruch und Diebstahl über jede Fahrt mit dem SUV oder jede Flugreise als Gefahr für die Sicherheit des ökologischen Gleichgewichts und über jeden zu niedrigen Lohn als Verstoß gegen die wünschenswerte Ordnung berichten würde, sähe die Welt vielleicht etwas anders aus.

Vielleicht könnte man dann ja auch mal kritisch darüber berichten, wieviel Geld in die neue Straßenbahnlinie gesteckt wurde, die eher für TouristInnen als für einen Zuwachs an Mobilität für die Freiburger Bevölkerung gebaut wurde. Damit von dieser Linie und dem Colombi-Hotel der Blick nicht durch Drogenabhängige gestört wird, soll ihr „Käfig“ auch von der östlichen auf die westliche Seite des Colombiparks verlegt werden, obwohl es dort deutlich mehr AnwohnerInnen gibt als am alten Platz. Das zeigt: Wenn AnwohnerInneninteressen mal quer zum Plan für eine touristenfreundliche clean city Freiburg liegen, ignoriert die Stadt sie gerne.

Offenes, tolerantes Freiburg? – Alles Schein, der sich verflüchtigen wird. Freiburg stirbt mit Sicherheit!