Der Krieg gegen die Armen geht weiter: Die Würde des Menschen ist unantastbar – minus 30 Prozent!

Hartz IV darf weiter gekürzt werden – aber nicht mehr bei allen und so stark. 30 % unter dem, viel zu geringen, ExistenzMINIMUM hält das Bundesverfassungsgericht für nicht verfassungswidrig. Das Arbeitsmarktregime und dessen menschenverachtend kapitalistischen Ideologie der Hartz-Gesetze sind noch lange nicht tot!

Das BVerfG hat im November entschieden, dass die jetzige Sanktionspraxis nicht zulässig ist. Die Klärung dauerte 15 Jahre – geht es um eine Bank, klimazerstörerische Braunkohle oder die Autoindustrie kann so etwas auch mal politisch in Wochen geklärt werden. Das Gericht unterläuft mit diesem Urteil sein eigenes Urteil von 2015. Damals hatte es geurteilt, dass die Höhe der Leistungen „gerade noch ausreichend“ seien und das notwendige Mehrausgaben (Schuldbedarf, …) über den damaligen Regelsatz gewährt werden müssen. Nun soll 30 % weniger, vom „gerade noch ausreichend“ die Menschenwürde noch gewähren?
Es geht offenbar nicht um Menschenwürde, sondern um die Aufrechterhaltung der Glaubenssätze, die auch bei der Einführung der Hartz-Gesetze bemüht wurden: „Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen“ (Franz Müntefering, SPD). Die üblichen Verdächtigen legten in den letzten Wochen ihre hetzenden Verkaufsschlager wieder auf: „Wird Faulheit nicht mehr bestraft?“ (BILD). Bezeichnend für die AfD, deren Wähler aus den unteren Klassen leider nicht begreifen, dass die Partei Arme verachtet und Klassenkampf von oben propagiert, sind die Äußerungen des Frankfurter AfD-Vorsitzenden, der Hartz-IV-Bezieher*innen „äußerst parasitär und unsozial“ nannte.

Entrechtung trifft alle!
Das Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Jahr 2012 war die Vorarbeit für das jetzige Urteil. Damals hieß es: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“. Die Kämpfe der Geflüchteten und die Auseinandersetzung um Hartz IV gehören verbunden! Wird eine Gruppe entrechtet, trifft dies über kurz oder lang auch die andere Gruppe (Die Einführung des AsylbLG war der rassistische in Sozialgesetz beschlossen „Asylkompromiss“ der 1990er Jahre).
Das Urteil zu den Asylbewerberleistungen muss auch für Erwerbslose eine Mahnung sein. Denn die Regierung hat bis heute nicht mit einer Erhöhung der Asylbewerberleistungen auf Hartz-IV-Niveau reagiert. Sie versucht sogar ständig ein noch niedrigeres Existenzminimum zu etablieren und verkehrt das Urteil somit in das komplette Gegenteil.

Positiv ist, dass es nun keine direkten Sanktionen bei den Wohnkosten mehr geben darf. Allerdings entsprechen die von der Kommune festgesetzten „angemessen“ Mietobergrenzen nicht der Realität, sodass zahlreiche Betroffene aus ihrem viel zu geringen Satz noch einen Tel der hohen Miete selber aufbringen müssen.

Wenn etwas Menschenverachtendes weniger schlimm gemacht wird, ist es noch lange nicht gut! Betroffene können auch nicht rückwirkend das ihnen Zustehende einklagen.
Ziel der Hartz-Gesetze war es, die „besten Niedriglohnsektoren in Europa“ zu schaffen (Gerhard Schröder, SPD), was auch gelungen ist! Ihr ausbeutender Charakter wird mit der grundsätzlichen Legitimierung von Sanktionen unter das Existenzminimum manifestiert – das Kapital freut‘s. Oder um den Arbeitgeber*innen-Verband BDA zu zitieren: “Notwendige und praktikable Sanktionsmöglichkeiten waren und bleiben nach diesem Urteil zu Recht mit dem Grundgesetz vereinbar“.

Daran wird auf Dauer nur eine starke organisierte soziale Bewegung etwas ändern können. Für eine Abschaffung der schwarzen Pädagogik der Sanktionen und eine wirkliche Grundsicherung müssen wir weiter auf die Straße gehen.