Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. April – 15. Mai 2020)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. April – 15. Mai 2020)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] MIETMORATORIUM VERLÄNGERN!
Das Freiburger Mietenbündnis fordert angesichts der Coronakrise das Mietmoratorium bei der Freiburger Stadtbau (FSB) um fünf Jahre zu verlängern. „Die Mieter*innen werden zu den Verlierer*innen der Krise gehören!“ Die FSB macht jährlich Gewinne von ca. 10 Mio. Euro. Die Kosten für eine Verlängerung des Mietmoratoriums bis zum 31.12.2024 wären deutlich geringer als die Jahresgewinne der FSB. Das Bündnis kritisiert das Argument, viele FSB-Mieter*innen müssten die Mieten ja nicht selbst bezahlen, da sie Transferleistungen empfangen. Dies sei die Logik einer verfehlten Finanzpolitik der Verschiebung von Geld aus der linken in die rechte Tasche. Zudem müssten nicht wenige wegen der überteuerten Mieten einen Teil ihrer Hilfen für den Lebensunterhalt für die Miete aufbringen. Die Mieten der Stadtbau sollen in Zukunft nach dem Willen der Verwaltung im Durchschnitt aller Stadtbauwohnungen 25 % unter dem Mietspiegel liegen. Damit orientiert man sich immer noch am Mieterhöhungsspiegel; zudem dürfte die Miete insbesondere in bisher günstigeren Wohnungen, oftmals mit schlechter Ausstattung, weiter steigen und lediglich die teuren FSB-Mieten etwas gedämpft werden. Der so genannte „Sozialbonus“, wonach die Nettokaltmiete nicht mehr als 30% des Einkommens betragen soll, weist zahlreiche ärgerliche Ausnahmen auf und ist irreführend, weil dabei die realen „kalten“ Betriebs- und Nebenkosten nicht einberechnet werden. Eine Verlängerung des Mietenmoratoriums, so das Mietenbündnis, hätte einen Nebeneffekt: Mit Geld, das die Mieter*innen nicht für die Miete ausgeben müssten, erhöhe sich die Kaufkraft.

[FR] TRICKSEREI UM ZAHL DER SOZIALWOHNUGEN?
Die Projektgruppe Dietenbach der Stadt Freiburg hat die Pläne für den neuen Stadtteil etwas weiter konkretisiert. Und siehe da: Bei der Erfüllung des Versprechens mindestens 50 % sozialen Wohnungsbau zu schaffen, gibt sich die Stadtverwaltung schon jetzt trickreich. So sollen auf die 3500 sozialgebundenen oder -geförderten Wohnungen (von insgesamt 6900) auch über 900 Wohnungen der Uniklinik (500), des Studierendenwerks (350) und der Handwerkskammer (50) für Personal und Auszubildende angerechnet werden. Da werden also Studierendenwohnheime und Werkswohnungen mit sozialgeförderten Mietwohnungen gleichgesetzt.

[FR] BIMA WILL HÄUSER IM STÜHLINGER ABREISSEN
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) hat die Mieter*innen in der Colmarer Straße im Stühlinger mitten in der Coronakrise darüber informiert, dass sie plant ihre Häuser 2021 abzureißen und dort neu zu bauen. Die 48 Wohnungen in viergeschossigen Häusern sollen laut Bima durch 120 Wohnungen in Fünfgeschossern ersetzt werden. Die Mieten sollen angeblich „an der unteren Grenze“ des Mieterhöhungsspiegels liegen. Laut Bewohner*innen handelt es sich ca. bei der Hälfte der Mieter*innen um Menschen im Rentenalter, die nun befürchten nach Jahrzehnten aus ihrer gewohnten Umgebung verdrängt zu werden. Die von der Bima angekündigten Ersatzwohnungen reichten bis zur Schweizer Grenze.

ANTIZIGANISTISCHE POLIZEIGEWALT
Am 28. April rief der Gemeindevollzugsdienst in Umkirch schon zu Beginn des Einsatzes die Polizei dazu – obwohl es nur um ein fehlendes Nummernschild ging. Der Besitzer des Autos hatte den Diebstahl sogar schon angezeigt. Er hat zusammen mit seinem Sohn einen sehr eindrücklichen Videobericht der folgenden Situation erstellt. Grundlos und schnell ließ die Polizei, so der Bericht, die Lage eskalieren. In diesem Zuge habe ein Polizist den Polizeihund befohlen, zu beißen. Der Polizeihund habe zunächst angesetzt, den Betroffenen in den Bauch zu beißen, sei dort abgerutscht und habe sich in den Arm verbissen. Im Video sind die zahlreichen und tiefen Verletzungen deutlich zu erkennen. Die Szene spielte sich vor dem Sohn und weiteren, hinzugeeilten Angehörigen einschließlich Enkelkindern des Betroffenen ab. Dem Sohn gelang es, einen Krankenwagen und weitere Polizei zu alarmieren. Diese war wohl selber schockiert von der Situation. Der 48-jährige Familienvater wurde schwer verletzt. Im Krankenhaus sei ihm mitgeteilt worden, dass ein nur geringfügig tieferer Biss hätte tödlich sein können. Die Betroffenen vermuten, dass die Brutalität des Einsatzes eine rassistische Reaktion auf ihre Zugehörigkeit zur Minderheit der Roma war. Die Freiburger Polizei bestätigte den Einsatz und den Hundebiss. Wie eigentlich immer bei Polizeigewalt, ermittelt sie aber wegen vermeintlichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma fordert eine lückenlose Aufarbeitung „damit das Vertrauen unserer Minderheit in die Polizei nicht beschädigt wird.“ Der Vorsitzende Romani Rose verweist auch auf den jüngsten Roma-und-Sinti-Diskriminierungsbericht und beklagt den „zunehmenden offenen Antiziganismus“.

[FR] ROMA/ SINTI DISKRIMINIERUNGSBERICHT
Der Freiburger Diskriminierungsbericht des Roma-Büros für das Jahr 2019 ist kürzlich veröffentlicht worden und kann unter www.roma-buero-freiburg.eu heruntergeladen werden. Der Bericht, der aus der Sicht der Betroffenen entstanden ist, kritisiert u.a. die Polizei scharf, z.B. für ihre martialischen Einsätze in der sogenannten Sintisiedlung in Weingarten. Auch viele Freiburger Cafés, Clubs und Kultureinrichtungen sorgten dafür, dass der Besuch der Innenstadt für Angehörige der Minderheit immer wieder unangenehm ist.