Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Februar bis 15. März 2021)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Februar bis 15. März 2021)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] ZWANGSRÄUMUNG BEI SAUER?
Seit 21 Jahren lebt eine 9-köpfige Familie in einem Haus in der Eschholzstraße. In der Corona-Pandemie verzögerte sich die Bewilligung des Arbeitslosengeldes, auch weil die Bearbeitung der Aufenthaltstitel der Eltern länger dauerte. Dadurch kam die Familie in Verzug bei der Mietzahlung. Die berüchtigte Immobilienfirma Sauer nutzte das schamlos aus, um die Familie mitten in der Pandemie zu kündigen. Das Freiburger Amtsgericht setzte eine Frist bis zum 31. 03. 2021 um die Wohnung zu verlassen. Die Familie ist die letzte Partei der langjährigen Mieter*innen. Sauer hofft wohl, anschließend sanieren und deutlich teurer vermieten zu können. Zwangsräumung stoppen! Sauer enteignen!

FREIBURG EIN KLEIN WENIG WENIGER REAKTIONÄR
Im Haushaltsausschuss des Gemeinderats hat sich erfreulicherweise, trotz Propaganda durch die BZ, eine Mehrheit dafür ausgesprochen, den Kommunalen Vollzugsdienst wieder um sechs Stellen zu kürzen. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist das Vorgehen gegen Obdachlose, bettelnde Menschen und Straßenmusiker*innen. Auch der Haushaltstopf von 100.000 € für die Entfernung von Graffiti an Privathäusern wurde aus dem Doppelhaushalt gestrichen.

[FR] ÜBER 300 WOHNUNGEN IM RIESELFELD VERKAUFT
Im Freiburger Stadtteil Rieselfeld haben über 300 Wohnungen und ein halbes Dutzend Gewerbeeinheiten den Besitzer gewechselt. Die Soka-Bau, eine Einrichtung der Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft, hatte die Häuser als Kapitalanlage erbaut, um „Renten der Beschäftigten zu sichern“, und nun an die „Deutsche Invest Immobilien GmbH“ (DII) weiterverkauft. Da solche Investoren immer auf Rendite aus sind, sind mittelfristig Mieterhöhungen zu erwarten. Deshalb: Wohnraum darf keine Ware sein! Kein qm den Investoren – Enteignungen voranbringen!

WER LEERSTEHEN LÄSST, WIRD ENTEIGNET
Die Stadt Barcelona hat Briefe an 14 Wohnungsunternehmen geschickt, die Wohnungen seit langem leerstehen lassen. Wenn der Leerstand nicht innerhalb eines Monats beendet wird, gehen die Wohnungen zum halben Marktpreis an die Stadt, die dann selber vermietet. Barcelona will die Region Katalonien dazu bringen, dass Enteignungen schon ab einem Leerstand von sechs Monaten und nicht wie bisher ab zwei Jahren möglich werden.

VONOVIA
Während zahlreiche Menschen Einkommensverluste verkraften müssen, verdient der größte Wohnungskonzern auf Kosten der Mieter*innen weiterhin gut. Die Mietsteigerungen im Jahr 2020 lagen bei der Vonovia im Bundesdurchschnitt bei 3,1 %. Vonovia will die Dividende an die Aktionär*innen auf 1,69 € je Aktie erhöhen. Ca. 37 Cent von jedem Euro Miete fließen an die Aktionär*innen. Ein bundesweiter Zusammenschluss von Vonovia-Mieter*innen fordert derweil endlich transparente Nebenkostenabrechnungen und Rückzahlungen. Z. B. müssten Neben- oder Modernisierungskostenabrechnungen, die allein auf „Rechnungen“ von Tochterfirmen beruhen, an die Mieter*innen zurückgezahlt werden. „Kosten“ des „Hauswartes/Objektbetreuers“ müssten in allen Betriebskostenabrechnungen seit 2016 gestrichen und erstattet werden, usw. Die Freiburger Vernetzung der Vonovia-Mieter*innen ist unter vonovia_ini_freiburg@riseup.net erreichbar.

[FR] DRAUSSEN RETTET KULTUR
Die Initiative Kulturgesichter0761, die IG Subkultur und Kultur Rettung Freiburg fordern von der Stadt Freiburg Unterstützung, um die Kulturszene in der Corona-Krise zu retten. Neben einem Solidaritätsfonds, der bezuschusst werden und in Not geratene Künstler*innen unterstützen soll, und der längerfristigen Nutzung der Stadthalle als „Haus der Kulturen“ fordern sie auch, dass es in der Stadt über den Sommer Bühnen geben soll, auf denen coronakonforme Open-Air-Veranstaltungen stattfinden könnten. Da sich die Pandemie fast ausschließlich in Innenräumen verbreitet, ist das eine nachvollziebare Forderung, bei der aber aufgepasst werden muss, dass sie nicht einer weiteren Kommerzialisierung des öffentlichen Raums Vorschub leistet.

[FR] KLAGE GEGEN HAUSORDNUNG DER LEA
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Aktion Bleiberecht Freiburg, PRO ASYL und der Flüchtlingsrat haben gemeinsam mit vier Geflüchteten einen Eilantrag gegen die Hausordnung der Erstaufnahmeeinrichtung Freiburg beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg eingereicht. „Es gibt wenige Orte in Deutschland wo Grundrechte so wenig gelten wie in Geflüchteten-Unterkünften.“ Die Klage richtet sich u.a. dagegen, dass ohne gesetzliche Grundlage regelmäßige Zimmerkontrollen durchgeführt werden, die Zimmer nicht abschließbar sind, keine Besuche möglich sind, selber Essen zuzubereiten verboten ist und regelmäßige Taschenkontrollen stattfinden. Im April soll auch eine Evaluation des Gemeinderats stattfinden. Falls der Betrieb der LEA verlängert wird, würde es in Freiburg zukünftig bis auf wenige Ausnahmen überhaupt keine Anschlussunterbringung von Geflüchteten in kleineren Wohneinheiten mehr geben. Freiburg muss sich entscheiden, ob Schutzsuchende hier nur noch im Großlager untergebracht werden, in dem das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nichts zählt, oder ob die dezentrale Unterbringung in Wohnungen nicht doch ein erstrebenswertes Ziel für eine offene Stadt wäre.