Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. März bis 15. April 2021)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. März bis 15. April 2021)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] VORGETÄUSCHTER EIGENBEDARF DURCH SAUER UND CO?
Die Wiehre Bahnhof GbR u.a. aus Sauer und Uwe Kleiner von der Südwestdeutschen Bauunion klagt gegen einen Mieter einer Wohnung am Wiehrebahnhof auf Eigenbedarf und will die Zwangsräumung durchsetzen. Offenbar sollen in anderen Städten lebende Kinder für die Eigenbedarfskündigung herhalten, obwohl es äußerst fragwürdig ist, ob diese tatsächlich in die Wohnung nach Freiburg ziehen wollen. Gefühle seien fehl am Platz, so der Anwalt der GbR. Der Prozess vor dem Landgericht wurde vertagt.

[FR] PROTEST GEGEN ZWANGSRÄUMUNG
Im März fand eine Protestkundgebung gegen die drohende Zwangsräumung einer neun-köpfigen Familie aus der Eschholzstraße inmitten der Coronapandemie statt. Der dreimonatige Aufschub durch Sauer ist als kleiner Erfolg des öffentlichen Drucks zu werten. Bei der Abgabe von zahlreichen Unterstützungsunterschriften vor der Niederlassung von Sauer-Immobilien erklärte der Unterstützer*innenkreis der Familie: “Hier wird entschieden, dass Geld und Profit wichtiger sind, als Menschen Zuhause und Familie, dieses Vorgehen wird von der Zivilgesellschaftlich nicht länger toleriert werden!“

SOZIALE DURCHMISCHUNG = VERDRÄNGUNG
Am HousingActionDay2021 zog der Recht-auf-Stadt-Stadtteilspaziergang durch Weingarten und kritisierte Verdrängung durch das Konzept der „sozialen Durchmischung„, z.B. durch die Freiburger Stadtbau bei der geplanten Privatisierung in der Sulzburger Straße. Als Vorbild dient das Hochhaus Binzengrün 34, wo keine der Mietparteien, die oftmals jahrzehntelang dort gewohnt hatten, nach der Umwandlung in Eigentumswohnungen zurückkehren konnte. Erklärt wurde auch, dass die AfD keine Partei für Mieter*innen sein kann, weil ihre Forderungen die von Immobilienkonzernen sind, und dass Vernetzung hilft, z.B. um Vonovia zur Sanierung ihrer von Legionellen befallenen Häuser im Auggener Weg zu drängen. An die Stadtbau lautete die klare Forderung: Konzentriert euch auf den sozialen Wohnungsbau und verhaltet euch nicht wie ein profitorientiertes Unternehmen!

[FR] BAUMBESETZUNG FÜR KLIMAGERECHTIGKEIT
Die Aktionsgruppe „Magisches Baumhaus“ hat Ende März Bäume vor dem Rathaus im Stühlinger besetzt. Ihr Anliegen: „Klimagerechtigkeit muss in jeder Entscheidung der Stadt berücksichtigt werden.“ Das sei bisher nicht der Fall. U.a. kritisierten sie die hohe Zahl an Baumfällungen für den neuen Stadtteil Dietenbach.

[FR] STADTVERWALTUNG TOLERIERT GEHWEGPARKEN
Der Gemeindevollzugsdienst (GVD) toleriert weiterhin rechtswidriges Gehwegparken.. Obwohl die Mindestbreite des Gehwegs von 1,5 m von zahlreichen Autos fortwährend ignoriert wird und der Gemeinderat schon zweimal beschlossen hat, dass dies enden soll, scheint die Stadtverwaltung das nicht durchsetzen zu wollen. Abgeschleppt wird nur in Einzelfällen, obwohl die falsch parkenden Autos gerade im Kreuzungsbereich aufgrund der eingeschränkten Übersichtlichkeit eine massive Gefährdung für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen, insbesondere für Kinder, darstellen. Warum die Stadtverwaltung nicht endlich durch bauliche Maßnahmen, wie Fahrradständer, das Parken z.B. an Kreuzungen verhindert, ist unbekannt.

[FR] REAKTIONÄRER SIEG GEGEN BIS SPÄTI
Das Freiburger Verwaltungsgericht hat das Alkoholverkaufsverbot für den ersten Freiburger Spätkauf ab 22 Uhr bestätigt. „Lärm“ auf dem Lederleplatz sei dem Spätverkauf zurechenbar. TÜV Süd spricht von „fast hemmungslosen Verhaltensweisen“ auf dem Platz. Wer regelmäßig im Stühlinger ist, weiß, dass diese Einschätzung einer längeren empirischen Beobachtung nicht standhält. Sie und das Vorgehen gegen Bis Späti, der sich bei vielen Bewohner*innen des Stühlingers großer Beliebtheit erfreute, sind eher Teil eines reaktionären Realitätsverlusts.

[FR] HIV THERAPIE ABGELENHT
Die Stadt Freiburg hat einem mit HIV infizierten Geflüchteten die Bezahlung einer HIV-Therapie , die ca. 1000 Euro im Monat gekostet hätte, versagt. Nach langem hin und her wollte man ihn stattdessen nach Gießen schicken, da dort seine erste Asylantragstellung stattgefunden hatte, für die Zugfahrt inmitten der Coronapandemie war er aber viel zu krank. Mohamed B. starb nachdem es bei bei der Behandlung in der Uniklinik zu Komplikationen gekommen war. Selbst Sozialbürgermeister Kirchbach gestand ein, dass die Behörden die medizinische Situation falsch eingeschätzt hätten. Man habe „routinemäßig korrekt“, aber weder angebracht noch richtig gehandelt.

ARMUT UND REICHTUM
Trotz geschönter Zahlen ist der 6. Armuts- und Reichtumsbericht aufschlussreich. Er zeigt wie krass die Ungleichverteilung des Vermögens in Deutschland ist. Menschen, die zur vermögensstärkeren Hälfte der Bevölkerung zählen, besitzen 99,5 % des Gesamtvermögen. Die ärmere Hälfte muss sich mit 0,5 % begnügen. Der paritätische Gesamtverband macht darauf aufmerksam , dass sich seit 1980 die Aufstiegsperspektiven aus unteren sozialen Lagen deutlich verschlechtert haben. In der Fünfjahresperiode von 2013/17 besuchten nur 12 Prozent der Heranwachsenden im Alter von 12–15 Jahren der Lage Armut und nur 15 Prozent der Lage Prekarität ein Gymnasium. Wer arm ist bleibt arm.