Mietendeckel gekippt – Selbstorganisation statt auf „die Politik“ hoffen

Mietendeckel gekippt – Selbstorganisation statt auf „die Politik“ hoffenDer 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat den Berliner Mietendeckel gekippt. Das Land Berlin sei für eine solche Maßnahme nicht zuständig. Für die Berliner Mieter*innen ist das erst einmal eine Katastrophe. Bundesweit sollte das aber der immer noch eher schwachen Mieter*innenbewegung einen Aufschwung in die richtige Richtung geben, weg von der Hoffnung, dass Parteien Abhilfe für unsere Probleme schaffen können, hin zur Überzeugung, dass wir es selbst in die Hand nehmen müssen.

Urteil wird zu Verdrängung führen
Besonders schlimm an der Gerichtsentscheidung ist, dass sie den Berliner Mietendeckel auch rückwirkend für ungültig erklärt hat, womit für Tausende Berliner Mieter*innen mit einem Schlag, inmitten der Coronakrise, sehr hohe Mietnachzahlungen drohen. Einige werden wohl in der Folge ihre Wohnung verlieren und aus ihrem gewohnten Umfeld verdrängt werden.
Die Neuvermietungsmieten in Berlin könnten teilweise doppelt so hoch sein wie aktuell mit Mietpreisdeckel, was wiederum den Mietspiegel und damit mittelfristig die Mieten für den überwiegenden Teil der Mieter*innen nach oben treiben wird. Der Wohnungsmarkt wird mit aller Brutalität für die einzelnen Mieter*innen seine ganze Ekelhaftigkeit zeigen.

Mietendeckel war Befriedungsinstrument
Wer nun sagt die Rot-Rot-Grüne Koalition in Berlin könne nichts für den RichterInnenspruch, sie haben es wenigstens versucht, hat damit nur sehr eingeschränkt Recht. Es stimmt, die durch die Karlsruher RichterInnen vertretene Meinung, durch die bundesweit geltende und kaum wirksame Mietpreisbremse habe der Bund die Verantwortung für eine Regulierung der Mietpreise übernommen und die Länder hätten damit kein Recht mehr selber hier einzugreifen ist nicht nur politisch, sondern gerade aufgrund der Unwirksamkeit der bisherigen Regelungen, insbesondere in Ballungsräumen, auch juristisch höchst fragwürdig. Einerseits hätte die Koalition aber

Vorbereitungen für eine solche Entscheidung treffen müssen, sie hätte einen Fonds auflegen müssen, der Mieter*innen, die nun mit Nachzahlungen konfrontiert sind, eine Absicherung bietet. Andererseits war der Berliner Mietendeckel aber ohnehin lediglich eine nicht ausreichende Befriedung gegenüber weitreichenderen Enteignungsforderungen.
Nun gibt es einige, die auf einen bundesweiten Mietendeckel nach der Bundestagswahl hoffen. Zwar wirkt, das hat Berlin gezeigt, das Instrument durchaus begrenzend auf den Mietpreis, allerdings wäre die Begrenzung, selbst wenn sie juristisch Bestand hätte, bei einer wechselnden Zusammensetzung der Bundesregierung sofort wieder dahin.

Ziel: Selbstverwaltung von Wohnraum
Was wir brauchen sind Maßnahmen, die nicht einfach wieder von der Parteipolitik gekippt werden können.
Es ist zu hoffen, dass das Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen und. Co enteignen“, das Immobilienunternehmen mit einem Wohnungsbestand von über 3000 Wohnungen enteignen will, an Fahrt gewinnt. Nach der Enteignung und dafür braucht es eine Selbstorganisation der Mieter*innen, dürfen die Wohnungen allerdings nicht bloß der Stadt überlassen werden, sondern müssen unter die Kontrolle der Mieter*innen gestellt werden.
Dass nämlich auch ein städtisches Wohnungsunternehmen kein Garant für eine soziale Wohnungspolitik ist, das zeigt das Beispiel Freiburger Stadtbau nur zu gut. Immer wieder orientiert sich die FSB am Mieterhöhungsspiegel, selbst wenn viele Häuser defacto schon lange abgezahlt sind. Letztlich hilft also nur die Selbstverwaltung von Häusern, die dem Markt entzogen wurden, durch die Mieter*innen. Dafür müssen wir aber massiv Druck auf der Straße machen, Mieter*innengewerkschaften gründen und uns organisieren.