Freiburg hat ein massives Polizeiproblem

Freiburg hat ein massives PolizeiproblemAm 12. Juni stach der AfD-Politiker Robert H. auf einen 61-jährigen Passanten ein, der sich schützend vor zwei junge Antifaschistinnen gestellt hatte. Am selben Tag wurde in der Eschholzstraße ein Antifaschist mit lettischer Staatsangehörigkeit ca. eine halbe Stunde lang letztlich von einem Dutzend Männer verbal und körperlich bedrängt. Mutmaßlicher Hauptakteur der rassistischen Hetzjagd war ein Freiburger Polizeihauptkommissar. Er schrie u.a. „Ausländer raus“.
Insbesondere die Nachbearbeitung beider Fälle durch die Polizei macht deutlich, wie gravierend das Polizeiproblem in Freiburg ist.
Bei der Messerattacke von Robert H. verbreitete die Polizei in ihrer ersten Pressemitteilung lediglich dessen Perspektive und das, obwohl es von Anfang an Zeugen gab, die auch von der Polizei befragt wurden und die die Notwehrerzählung des AfDlers als falsch entlarven. Zudem verharmloste die Polizei auch noch die Verletzung als „leichte Schnittverletzung“, obwohl es eine vier Zentimeter lange Schnittwunde unter der Brust war, die mit neun Stichen genäht werden musste. Hätte Robert H. auf der linken Seite getroffen, hätte es schlimm enden können.
Die rassistische Hetzjagd durch den Stühlinger war der Polizei erst sechs Tage nach dem Geschehen eine Pressemitteilung wert und das unter dem erneut verharmlosenden Titel: „Streitigkeiten zwischen mehreren Personen“. Bemerkenswert ist die Tatsache angesichts dessen, dass der Polizei sonst auch abgetretene Autospiegel, eine brennende Hecke, Farbschmierereien oder ein unversichertes Auto eine Meldung wert sind. Die Vermutung, die der Betroffene der Hetzjagd schon gegenüber der Autonomen Antifa Freiburg geäußert hat, bestätigte die Polizei in dieser PM: Teil der Gruppe war auch ein Polizist. „Der tättowierte Polizist legte seinen linken Arm um (Täter 1) und die beiden lächelten sich an“, schildert der Betroffene gegenüber der Antifa die Polizeikontrolle der Gruppe, die ihn verfolgt hatte. Dass noch ein zweiter Polizist Teil der Gruppe war und es sich sogar um Polizeihauptkommissare handelte, kam erst nach Recherche von Radio Dreyeckland (RDL) heraus. Die Polizei hingegen versuchte sich in absurden Erklärungen. Sie bestätigte, dass „Ausländer raus“ gerufen wurde um dann zu schreiben: „Worauf sich dieser Ausspruch bezog bzw. aus welcher Motivation heraus (…), bildet aktuell einen Bestandteil der Ermittlungen.“ Es werde „auch geprüft, ob dieser Ausspruch an eine konkrete Person gerichtet oder im Zusammenhang mit einer Sachverhaltsschilderung einer Begebenheit, die mehr als drei Jahrzehnte zurücklag, getätigt wurde.“ Erst in der 3. Meldung gab dann die Polizei zu, dass es der Polizeihauptkommissar war, der „Ausländer raus“ geschrien hatte und für den sie sich eine solch absurde Erklärung ausgedacht hatte. RDL wollte nun aufklären, welche Aufgaben er innerhalb der Polizei hatte, und warf die Frage auf, ob sich seine Einstellung auf die Polizeiarbeit ausgewirkt hat. Die Polizei verweigerte weitere Auskünfte, RDL zog vor Gericht und die Polizei offenbarte ihren bemerkenswerten Blick auf Rassismus: „Nach derzeitigem Stand (…) ist ein rassistischer Bezug des Geschehens nicht – jedenfalls nicht sicher – feststellbar“, so die Polizei, obwohl sie bestätigte, dass aus der Gruppe „Ausländer raus“ und „Scheiß Kanake“ gerufen wurde. Zu den Ereignissen am 12. Juni meldete sich auch Polizeipräsident Semling zu Wort. Er verwies darauf, dass es weit mehr politisch „linke“ Kriminalität in Freiburg gebe. Sein Tenor somit: Die Gefahr steht links. Er setzt damit „Straftaten“, die sich zu einem großen Teil aus dem Versuch von Aktivist*innen ergeben, sich den Aktionen der sogenannten „Querdenker“ entgegenzustellen, mit einem Messerangriff und einer rassistischen Hetzjagd gleich. Das Bild, das die Polizei abgibt, passt nur zu gut zum fortgesetzten racial profiling am Stühlinger Kirchplatz. Die Freiburger Polizei ist ein politischer Akteur mit einem Problem, das ganz oben anfängt. Für einen politischen Akteur kann die Konsequenz aus den Skandalen eigentlich nur sein: Rücktritt.