Gestoppte Privatisierung in Weingarten ist ein großer Erfolg für die MieterInnenbewegung!

Gestoppte Privatisierung in Weingarten ist ein großer Erfolg für die MieterInnenbewegung!

Rechte: rdl.de

Während man in Berlin Immobilienkonzerne enteignen möchte, hatte die Freiburger Stadtbau (FSB) geplant, in der Sulzburger Straße in Weingarten 120 Mietwohnungen zu privatisieren. Dabei schien lange Zeit die Meinung der großen Mehrheit in Weingarten nicht zu interessieren. Die Grünen zeigten sich in der Debatte mal wieder als Partei der Besserverdienenden ohne Verständnis für Menschen mit geringem Einkommen.
Ende November sollten die Pläne in Aufsichts- und Gemeinderat verabschiedet werden. Am 19. November, genau ein Jahr nachdem wir als „Recht auf Stadt“ die Pläne öffentlich gemacht haben, erfolgte die überraschende Wende. Stadt und Stadtbau stoppten die Privatisierung. Grund seien die gestiegenen Bodenwerte, die dafür sorgen würden, „dass eine solide Finanzierung des Kaufs für die angestrebte Zielgruppe der Schwellenhaushalte nicht leistbar wäre.“ Drei Wochen zuvor hatten die GeschäftsführerInnen der FSB, Ralf Klausmann und Magdalena Szablewska, und auch die Stadtverwaltung die Privatisierungspläne medial noch verteidigt. Wurde in dieser kurzen Zeit nun tatsächlich ein plötzlicher, unvorhersehbarer Anstieg der Bodenpreise bemerkt? Wohl kaum. Der Druck der MieterInnenbewegung hat offensichtlich dazu geführt, dass sich die Stadtverwaltung der Mehrheit des Gemeinderats für die Vernichtung von 120 bezahlbaren Mietwohnungen nicht mehr zu 100 Prozent sicher sein konnte.
Der Widerstand gegen die Privatisierung hatte sich eindrücklich etwa bei der von Mietenbündnis, Forum Weingarten und Bürgerverein organisierten Abstimmung auf dem Freiburger Marktplatz gezeigt. 324 von 372 stimmten hier gegen den Verkauf. Grünen-Stadtrat Jan Otto erklärte gleich: „Es ist jetzt nicht so, dass wir auf ein Stimmungsbild vom Marktplatz gewartet hätten.“
Auch im Sanierungsbeirat war die klare Mehrheit gegen die Privatisierung. Stadt und Stadtbau geben sich nach deren Stopp geknickt, denn man habe mit dem Projekt ja die „soziale Vielfalt“ in Weingarten fördern wollen.
Die Schlagworte „Eigentumsquote erhöhen“ oder „soziale Durchmischung“ suggerieren, dass mehr EigentümerInnen einem Stadtteil in irgendeiner Form guttun würden. Dabei ist die Behauptung, dass eine EigentümerInnengemeinschaft einen höheren sozialen Zusammenhalt habe als eine Hausgemeinschaft von MieterInnen, empirisch wohl kaum haltbar.
Weingarten ist ein multikultureller, vielfältiger Stadtteil. Wenn es bei der viel bemühten sozialen Durchmischung um die Bekämpfung der Armut ginge, von der zweifelsfrei viele Menschen in Weingarten betroffen sind, so wäre das ein lobenswertes Ziel. Armut bekämpft man aber nicht, indem man Miet- in Eigentumswohnungen umwandelt und so den ärmeren Menschen auch noch Wohnungen wegnimmt, um sie reicheren Personen zum Kauf anzubieten.
Auch in der Niederlage scheint diese Erkenntnis weder bei Stadt und Stadtbau und wohl auch nicht bei den Freiburger Grünen angekommen zu sein. Ein echter Kurswechsel bei der FSB ist deshalb nicht absehbar. Von größeren Privatisierungen wird man wohl erst einmal die Finger lassen, Eigentumswohnungen sollen aber trotzdem noch gebaut werden und das, obwohl in Freiburg laut Statistik gerade einmal sechs bis sieben Prozent der Haushalte in sozial gebundenen Mietwohnungen wohnen, aber die Hälfte der Stadtbevölkerung Anrecht auf eine solche Wohnung hätte. Die Sulzburger Straße 15-19 wird nun energetisch saniert, aber nicht privatisiert. Es gilt nun darauf zu achten, dass die Mieten nach der Sanierung nicht stark steigen. Die FSB hat jahrelang augenscheinlich wenig in die Instandhaltung der Häuser investiert. Die Kosten der Sanierung nun den MieterInnen aufzubürden wäre eine Frechheit. Als nächster Schritt sollte die Stadtbau nun dazu gebracht werden, dass ihre Wohnungen grundsätzlich mindestens 30 Prozent unter dem Mietspiegel bewirtschaftet werden. Durchgesetzt werden kann das nur durch eine starke MieterInnenbewegung. Die Entscheidungsgremien müssen so besetzt sein, dass keine Entscheidung gegen den expliziten Willen der MieterInnen getroffen werden kann, damit u.a. ein Verkauf von Stadtbauwohnungen ein für alle mal ausgeschlossen wird.