Gemeinsam gegen die Verachtung der Armen

Gemeinsam gegen die Verachtung der Armen

JR Photography / RDL

Recht auf Stadt meint Teilhabe; Teilhabe am städtischen Leben, am kulturellen und sozialen Leben. Die Auswirkungen der aktuellen Kriege und Krisen und die Bewältigungsstrategien der Herrschenden sorgen dafür, dass immer weniger Menschen sich auch nur Gedanken über Teilhabe machen können, es geht vielmehr nur noch ums Überleben. Die Energiepreise sind in Deutschland im Oktober um 43% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, die Lebensmittelpreise um 20,3 %. Soll ich das wenige Geld fürs Heizen oder für nicht ganz so klägliches Essen ausgeben? Das sind Fragen vor denen viele Menschen diesen Winter stehen könnten. Zum ersten Januar 2023 wird in Freiburg auch noch der neue Mietspiegel in Kraft treten. Die Basis-Mietspiegelmiete wird damit wohl durchschnittlich auf über 10 € pro Quadratmeter steigen. Um 10% könnten die Vermieter:innen die Mieten dann wieder erhöhen. Und das machen nicht nur private Vermieter:innen und die böse Vonovia, das macht auch die Freiburger Stadtbau. Ein Antrag in der aktuellen für die Mieter:innen so belastenden Zeit auf Mieterhöhungen bei der Stadtbau zu verzichten, wurde von allen Fraktionen im Gemeinderat mit Ausnahme der Eine-Stadt-Für-Alle Fraktionen abgelehnt. Die Behauptung, die Stadtbauwohnungen seien immer noch verhältnismäßig günstig, entspricht häufig nicht der Realität. Hier wird mit dem Durchschnittswert der Gesamtstadt verglichen, viele FSB Wohnungen sind aber oftmals in Gebieten die eher günstig sind und nicht all zu gut ausgestattet. Berücksichtigt man das, sind die Wohnungen oft genau so teuer, wie es der Mietspiegel hergibt. Gerade in Häusern, die nicht so gut isoliert sind, werden die massiv gestiegenen Heizkosten in diesem Winter noch einmal für eine für viele kaum zu stemmende Extrabelastung sorgen. Reagiert der lokale Energieversorger Badenova, als kommunales Unternehmen mit einem Sozialtarif? – Nein, bisher nicht. Und was macht die Stadtbau…. Sie beschließt in einer Stadt in der über die Hälfte der Bevölkerung Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein, also eine Sozialwohnung hätte, in der es aber kaum mehr Sozialwohnungen gibt, weiter Eigentumswohnungen zu bauen. So sollen z.B. ausgerechnet in der Sulzburger Straße, in der die Privatisierung der Stadtbauhäuser 15-19 durch den Druck der Mieter:innenbewegung verhindert wurde, nun Eigentumswohnungen entstehen. Hier und im Auggener Weg sollen die Menschen mit weniger Kohle in den Mietwohnungen praktisch die teuren Wohnungen vor die Nase gesetzt bekommen, ein paar Jahre Baulärm inklusive.
Diese Politik ist nichts anderes als die Verachtung der Armen. Auch die sogenannten Entlastungspakete der Bundesregierung sind eine solche Verachtung der Armen. Beim 2. Entlastungspaket in der Coronapandemie erhielten Steuerpflichtige 300 €, Hartz-IV- und Empfänger:innen von Asylbewerberleistungen nur 200 €. Umgerechnet auf den Monat waren das für Hartz-IV-Bezieher:innen 16,66 € mehr. Damit werden die Preissteigerungen nicht im Entferntesten aufgefangen. Von der Politik haben Arme nichts zu erwarten, egal welches Farbenspiel gerade regiert.
Wir müssen uns also selber helfen, miteinander sprechen, uns zusammentun und organisieren. Wir müssen gemeinsam der Stadtpolitik gegenübertreten und klar machen, dass die Stadtbau gefälligst sozialen Wohnungsbau und keine Eigentumswohnungen zu bauen hat und dass es einen Mietstopp braucht. Wir müssen für einen kostenlosen ÖPNV kämpfen, weil Mobilität ein Grundrecht ist und das 49 Euro Ticket immer noch mehr kostet als im Hartz IV Satz im Gesamten für Mobilität vorgesehen ist; wie wärs mal wieder mit einem kollektiven Fahren ohne Ticket? Tun wir uns in unseren Mietshäusern, in den Stadtteilen und am Arbeitsplatz zusammen; reden wir miteinander, bilden wir Stadtteilgruppen und kämpfen wir gemeinsam für ein ganz anderes System, in dem nicht die einen arm sind und nicht wissen, wie sie am Monatsende die Miete oder das Essen bezahlen sollen und die anderen wenigen Reichen uns und das Weltklima kaputt machen.