Durchsuchungen gegen Radio Dreyeckland zeugen vom miesen Zustand der Pressefreiheit

Durchsuchungen gegen Radio Dreyeckland zeugen vom miesen Zustand der PressefreiheitAm 17. Januar fanden drei Hausdurchsuchungen gegen Radio Dreyeckland statt. Betroffen war der Verantwortliche im Sinne des Presserechts für die Webseite rdl.de, der Redakteur, der die Meldung geschrieben hat, die die Staatsanwaltschaft Karlsruhe zum Anlass für den Repressionsschlag genommen hat, aber auch die Redaktionsräume von Radio Dreyeckland. Als Grund gibt die Staatsanwaltschaft einen kurzen informatorischen Artikel an, der über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit dem umstrittenen Verbot der Internetplattform indymedia.linksunten berichtet und erwähnt und verlinkt, dass das Arhciv weiterhin offen im Internet zu finden ist.
Ursprünglich eingeleitet wurde das Verfahren wohl vom Freiburger Staatsschutz. Dieser und die zuständige Staatsanwaltschaft unterstreichen damit die von ihnen ausgehende Gefahr für die Grundrechte.
Mit Radio Dreyeckland richtet sich die völlig unverhältnismäßige Repression gegen ein Medium, das insbesondere in Freiburg versucht aus einer Perspektive der Gegenöffentlichkeit zu berichten. Wenn es beispielsweise über den Stühlinger Kirchplatz geht, wird anders als bei anderen lokalen Medien nicht die Polizeipressemeldung wiedergegeben, sondern eine kritische Einordnung der Polizeieinsätze vorgenommen, bei denen stolz eine geringe Menge gefundener Drogen als großer Erfolg präsentiert wird. Und es kommen, z.B. durch die Geflüchtetenredaktion „our voice“ auch Menschen zu Wort, die vom ständigen racial profiling betroffen sind. Nach der rassistischen Hetzjagd, bei der aus einer Gruppe mit zwei Polizeihauptkommissaren heraus, ein Antifaschist mit lettischer Staatsangehörigkeit, der bei RDL sein Erlebnis eindrücklich schilderte, eine halbe Stunde lang durch den Stühlinger gehetzt wurde, versuchte Radio Dreyeckland deutlich länger als alle andere Medien mögliche rassistische Strukturen in der Freiburger Polizei aufzuklären. Weil die Polizei zahlreiche Auskünfte über den Arbeitsbereich des „Ausländer raus“ schreienden Polizeihauptkommissar verweigert hatte, zog RDL sogar vor Gericht. Leider stellte der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof das Persönlichkeitsrecht des Polizisten über die Pressefreiheit. Radio Dreyeckland ist also ein Medium, das der Polizei kritisch auf die Finger schaut, oder auch eine ganze Podcastreihe zur institutionalisierten Diskriminierung erstellte, in der auch Alternativen zur Polizei vorgestellt wurden. Ob man beim Staatsschutz nur darauf gewartet hat, RDL mal richtig eins auszuwischen? Das ist Spekulation, fest steht, dass man damit die wohl umfangreichste Durchleuchtung einer Medienredaktion seit der Spiegel-Affäre 1962 ausgelöst hat. Obwohl der Redakteur bei dem die Hausdurchsuchung stattfand, auch um Beschlagnahmungen innerhalb des Radios zu verhindern, erklärte verantwortlich für die Veröffentlichung der besagten Meldung zu sein ließ die Staatsanwaltschaft trotzdem sämtliche Daten, die sie über beschlagnahmte Laptops, PCs, Smartphones und Speichermedien erhalten konnte, spiegeln, bzw. kopieren.
Da es sich bei dem ersten Betroffenen um einen langjährigen Redakteur handelt und der zweite Betroffene der Durchsuchung Geschäftsführer von RDL ist, liegt bei Polizei und Staatsanwaltschaft damit wohl ein recht umfassender Datensatz, der zahlreiche Infos über den Sender und Einblicke in grundrechtlich geschützte redaktionelle Arbeit ermöglichen würde.
Da Radio Dreyeckland in der Freiburger Zivilgesellschaft seit vielen Jahren gut vernetzt ist und viele Interviews führt, dürften letztlich auch in Freiburg zahlreiche Menschen mittelbar von der polizeilichen Ausforschung von RDL betroffen sein. Die eindrücklichen Statemnets von geflüchteten Journalist:innen, die bei RDL arbeiten und berichten, wie sehr diese Durchsuchungen sie an die Repression gegen Journalist:innenin ihren Herkunftsländern erinnert, macht die Dimension der Vorgänge klar. Es steht ganz offensichtlich schlecht um die Pressefreiheit in Deutschland. Als Freiburger Zivilgesellschaft sollten wir den Angriff auf Radio Dreyeckland, als Angriff auf die Grundrechte gemeinsam entgegentreten.