Das Problem heißt Lager

Das Problem heißt Lager

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Im Januar kam es in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Freiburg zu Auseinandersetzungen zwischen Bewohner:innen, bei denen mehrere Personen verletzt wurden. Um die strukturellen Hintergründe verständlich zu machen, drucken wir hier einen Text der Initiative LEA-Watch ab.

In der Badischen Zeitung wurde der Vorfall als „Eskalation ohne Erklärung“ bezeichnet. Auch das Regierungspräsidium (RP) gibt sich ratlos. Erklärt werden die Vorfälle mit der Herkunft der Bewohner, zu wenig Sportangeboten und zu langen Asylverfahren. Dass die Unterbringung in Massenlagern in keiner Reaktion auf die Gewalt grundlegend hinterfragt wird, verwundert nicht. Seit Jahren kritisiert LEA Watch zusammen mit anderen Gruppen immer wieder die strukturelle Ausgrenzung in der LEA. Dass die Hausordnung teilweise grundrechtswidrig ist, hat auch der Verwaltungsgerichtshof Mannheim in einem bisher nicht rechtskräftigen Urteil bestätigt. An der breiten Befürwortung von Massenlagern scheint das nicht zu rütteln. Dabei ist es mehr als offensichtlich, dass die Lebensbedingungen in der LEA Gewalt verursachen und fördern. Das mit Stacheldraht abgesonderte Lager ist Ausdruck einer Unterbringungsform, die auf Isolation und Ausgrenzung ausgelegt ist. Sie sorgt nicht für Sicherheit, sondern hindert die Menschen daran, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Am Eingang werden die Taschen durchsucht, die Bewohner*innen dürfen weder arbeiten noch kochen und auch Kontrollen der nicht abschließbaren Zimmer sind jederzeit möglich.
Dadurch entsteht eine Stimmung, in der Kleinigkeiten für eine Gewalteskalation ausreichen. Konflikte sind bei der Gestaltung von Massenlagern vorprogrammiert. Gerade wenn Geflüchtete von der Flucht traumatisiert sind oder (deswegen) mit Suchtproblematiken kämpfen, ist die LEA mit Sicherheit kein sicherer Ort. Dies ist den Betreibern auch bewusst! Sie wissen, dass sie ein Lager mit vielen Risikofaktoren (Gewalttrigger) für die Menschen geschaffen haben, die jederzeit Auslöser für (tätliche) Auseinandersetzungen werden können, denn sie haben es in Dienstanweisungen, Leistungsverträgen und in Hausordnungen bereits einkalkuliert. Da eine alternative Unterbringung von Geflüchteten jenseits von Massenlagern gar nicht mehr anders gedacht wird, gibt es auch nur eine Reaktion auf die Vorfälle: mehr Polizei, mehr Security, mehr Kontrollen, sprich mehr Gewalt. Und natürlich schnellere Asylverfahren und Abschiebungen, vor allem für Straftäter. Die mediale und politische Reaktion auf Straftaten, die von Ausländern oder Geflüchteten begangen werden, ist so verlogen wie vorhersehbar: Das Problem heißt Ausländer und die Lösung Abschiebung.
Da aber genau diese Interpretation und diese Berichterstattung ein Klima fördern, in dem Geflüchtete unter Generalverdacht gestellt werden, Unterkünfte immer mehr zu Hochsicherheitsknästen umgebaut werden und die „Rückführoffensiven“ auf Hochtouren laufen, darf das nicht stehengelassen werden. Die Geflüchteten werden in den Lagern absichtlich schikaniert, um weitere „Fluchtanreize“ zu vermeiden. Damit wird mit den Lagern eine Abschreckungspolitik verfolgt. Solange sich daran nichts ändert, wird es in der LEA weiter Konflikte geben.
Die einseitige und rassistische Darstellung der Vorfälle in der LEA ist Populismus, kein Journalismus. Es braucht nicht mehr Security und Polizei und auch keine „baulichen Maßnahmen, um Unbefugte am Betreten des Geländes zu hindern“; die einzig sinnvolle Prävention von Gewalt in der LEA ist die Abschaffung der LEA.