Asylbewerberleistungs-Gesetz abschaffen – Wohnungen statt Lager

Asylbewerberleistungs-Gesetz abschaffen – Wohnungen statt LagerVor 30 Jahren, am 26. Mai 1993, wurde im Rahmen des sogenannten „Asylkompromisses“ nicht nur das Grundrecht auf Asyl ausgehöhlt, sondern auch das ausgrenzende Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) eingeführt. Obwohl das gesetzliche Existenzminimum für Bezieher*innen von Bürgergeld (Hartz IV) bereits niedrig gerechnet wird und nicht für ein menschenwürdiges Leben ausreicht, erhalten Personen im AsylbLG noch weniger als das staatlich festgelegte Existenzminimum.
Baden-Württemberg und insbesondere auch Freiburg stechen in diesen Debatten als Vorreiter der restriktiven Politik gegen Asylbewerber_innen heraus. So erließ das CDU-geführte Landesinnenministerium – ohne Druck der Bundesregierung – einen Erlass am 28.07.1980, welcher zur Folge hatte, dass ab dem 15.9.1980 Sammellager, Arbeitsverbot, Sachleistungsversorgung und Wohnsitzauflage eingeführt wurden. Die ersten Sammellager befanden sich zu dem Zeitpunkt in Konstanz, Tübingen, Donaueschingen und Karlsruhe. In Karlsruhe wurde zudem die „Zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge“ (ZAst) eingerichtet. Bis zu dem Zeitpunkt der Arbeitsverbote sorgten ca. 80% der Asylsuchenden selbst für ihren Lebensunterhalt, was nun für viele nicht mehr möglich war. Baden-Württemberg ließ es sich ordentlich kosten, Asylsuchende von der Gesellschaft zu trennen, zu isolieren und zu unterdrücken. So überstiegen die anfallenden Kosten von durchschnittlich 1054 DM pro Kopf und Monat bei Weitem den Sozialhilfesatz bei individuellem Wohnen.
Auch in Freiburg wurde 1980 ein Sammellager installiert. Die Bewohner:innen bekamen keine Sozialhilfeleistungen mehr. Neben den genannten Punkten galt auch ein Kochverbot. Bis Ende 1987 gab es nur fertiggekochtes Essen. Danach Essenspakete. Dagegen gab es Protest.
Im April 1988 wurde ein Hungerstreik von Bewohner*innen der Idingerstraße in Freiburg organisiert. Im selben Jahr scheiterte die Sammellager-Politik von Baden-Württemberg. 1993 wurde in Freiburg dann ein „Modellprojekt“, ein Sammellager im Stadtteil Vauban, vom Land etabliert. Darin
sollte ein Asyl-Schnellverfahren stattfinden. Es gab Demonstrationen, Haus-
und Dachbesetzungen gegen das Lager. Wieder nur Fremdversorgung, Arbeitsverbot und eine minimale Krankenversorgung. Die Bewohner*innen protestierten mit Sitz-, Hungerstreiks und Boykottaktionen.
Ab 1993 galt dann bundesweit das Asylbewerberleistungsgesetz. 2003 hat die Stadt Freiburg selbst ein Rechtsgutachten zum AsylbLG in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Eine
Sachleistungsgewährung über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten stellt nach verbreiteter Ansicht eine unzulässige Diskriminierung dar.
Die Einrichtung der Landeserstaufnahmestelle in Freiburg ist ein Rückfall in die Politik der 90er Jahre. 42 Jahre Lagerleben von Geflüchteten in Freiburg steht für eine strukturelle Ausgrenzung von Menschen auf der Flucht. Mit dem AsylbLG wurden weitere Einschränkungen bei der
medizinischen Behandlung und eine mögliche Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeit für 80 Cent/h eingeführt.
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag festgelegt, sie wolle das „Asylbewerberleistungsgesetz im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weiterentwickeln“. Für uns kann eine „Weiterentwicklung“ nur bedeuten, dass die Bundesregierung endlich aufhört, Menschen in ein Leben unter dem gesetzlich festgelegten Existenzminimum und in ein staatlich diktiertes Sachleistungssystem zu zwingen.
Daher sagen wir: 30 Jahre sind genug! Wir fordern die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Am 26. Mai soll in Freiburg eine Demonstration stattfinden, auf asylbewerberleistungsgesetz-abschaffen.de kann ein offener Brief unterschrieben werden.