Bei den Demos gegen rechts dürfen wir nicht aufhören

Bei den Demos gegen rechts dürfen wir nicht aufhörenSeitdem im Januar das Geheimtreffen mit AfD-Politikern, Nazis, finanzstarken Unternehmern, Mitgliedern der CDU und Martin Sellner von der Identitären Bewegung aufgeflogen ist, bei dem u.a. über die Massendeportation von „Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht – und ‚nicht assimilierten Staatsbürgern’“ gesprochen wurde, gehen bundesweit viele Millionen Menschen gegen rechts auf die Straße. Das ist ein wichtiges Signal und stärkt diejenigen, die durch diese Pläne existenziell bedroht werden. Gerade Opfer von rassistischer Gewalt können sich dadurch evtl. gestärkt und weniger alleine fühlen. Die riesigen Demos dürfen aber nur ein Anfang sein. Wir haben es nämlich nicht mit einem einzelnen Geheimtreffen zu tun und auch nicht mit einem plötzlichen Rechtsruck, sondern mit einer langjährigen Rechtsentwicklung, der wir auch eine auf längerfristige Perspektiven ausgerichtete Organisierung entgegenstellen müssen.
Gerade in Freiburg gibt es dafür einige niedrigschwellige Möglichkeiten. Z.B. kann man sich bei Aktion Bleiberecht engagieren. Die Gruppe setzt sich z.B. seit Jahren ebenso wie die Initiative LEA Watch kritisch mit der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in der Müllheimer Straße auseinander. Denn, um es klar zu sagen, solche Massenlager sind eine notwendige Voraussetzung für die Umsetzung von fürchterlichen Massendeportationsphantasien und stellen damit eine Vorstufe der faschistischen Modelle dar, selbst wenn das Niveau des Schreckens mit einer AfD in Machtpositionen noch einmal ein ganz anders wäre. Wir sollten uns aber auch jetzt gegen die Selektion von Menschengruppen stellen, für die das eingezäunte Erstaufnahmelager symbolisch steht. Die Bewohner:innen kommen nur nach vorheriger Leibesvisitation herein, Privatsphäre gibt es nicht, dafür Dauerkontrolle durch Securitys.
Ausdruck der stetigen Rechtsentwicklung ist auch die kommende Bezahlkarte für Menschen, die unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Das sind zahlreiche Menschen, auch viele, die schon einige Jahre hier leben. Gerade der Einkauf in kleineren Läden oder Kiosken, die keine Visa- Karten akzeptieren oder auch Online-Einkäufe, die oft günstiger sind, wären voraussichtlich unmöglich. Eine solidarische Art, dem etwas entgegenzusetzen, wäre es, im großen Stil gemeinsames Einkaufen zu organisieren. Also selber eigene Einkäufe über die Karte erledigen, um den Betroffenen mindestens den entsprechenden Geldbetrag bar zu geben.
Auch der bis zu den Grünen verbreitete „Nützlichkeitsdiskurs“ ist Teil der Rechtsentwicklung. Die Auslese von Menschen nach solchen Kriterien erzeugt ungute Assoziationen mit der dunklen deutschen Geschichte und ist verachtenswert. Es gibt viele gute Gründe dafür, dass Menschen hier sein können sollen, auch wenn sie nicht in der Pflege den alten weißen Rassisten den Arsch abwischen oder unseren Müll wegputzen. Für den Klimawandel trägt der Kapitalismus des Nordens die Hauptverantwortung. Warum sollen Menschen, deren Lebensgrundlagen durch unser Wirtschaftsmodell zerstört werden, nicht hier herkommen? Und wollen wir wirklich Menschen, die aufgrund schwerer Krankheiten nicht arbeiten können, sagen, sie müssen Deutschland verlassen und in Länder gehen, in denen es evtl. kein Gesundheitssystem gibt, was sie versorgen kann, z.B. weil wir das medizinische Fachpersonal abgeworben haben oder schlicht das Geld fehlt? Wie schnell der Nützlichkeitsdiskurs nicht „nur“ Geflüchtete, sondern auch andere Gruppen der Bevölkerung treffen kann, zeigt der neoliberale Extremist der sogenannten Freiburger Schule Bernd Raffelhüschen. Er will, dass Bürgergeldempfänger:innen nur noch Geld erhalten, wenn sie aufstocken. Wer nicht irgendeinen miesen Minijob hat, soll nach seinem Willen nur noch Gutscheine für das Existenzminimum erhalten – die Bezahlkarte für Bürgergeldempfänger:innen sozusagen. Es gibt vieles, wogegen wir kämpfen müssen. Auch im Alltag sollten wir rechten Aussagen im Betrieb, auf der Straße und im eigenen Umfeld laut widersprechen. Fit machen, kann man sich z.B. bei den Workshops für Stammtischkämpfer:innen des Freiburger Bündnisses gegen rechts. An Möglichkeiten sich langfristig gegen rechts zu organisieren mangelt es nicht.