STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (03/04 2015)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese Stadt-für-Alle Nachrichten (Rückblick 15. März – 15. April 2015)

[FR] STADTBAU ERHÖHT SCHON WIEDER MIETEN
Zum 1. Juni erhöht die Freiburger Stadtbau (FSB) zum zweiten Mal innerhalb von 8 Monaten die Mieten. In 900 Haushalten, in denen über 2.000 Menschen wohnen, werden zum 1. Juni die Mieten um bis zu 15 Prozent steigen. Teilweise bedeutet das Erhöhungen von 80 Euro im Monat. Besonders betroffen sind ärmere Gegenden wie der Auggener Weg in Weingarten, die Ferdinand-Weiß-Straße im Stühlinger, aber auch viele ältere Menschen im Freiburger Osten. In etwa 240 Wohnungen mit sozialer Bindung wurde in der Vergangenheit zu viel gezahlt. Hier ist die FSB nun gezwungen die Miete zu senken. Geld zurück für die zu viel gezahlten Mieten bekommen die MieterInnen natürlich nicht. Immer wieder erklärt FSB-Chef Klausmann, der Wohnungsbestand sei deutlich günstiger als der Rest der Freiburger Wohnungen. Er übergeht nicht nur den sozialen Auftrag der Stadtbau, er verschweigt dabei auch, dass einerseits der Standard und oftmals auch der Zustand der FSB-Wohnungen deutlich schlechter ist als bei anderen Wohnungen und er bezieht sich auf den Mietspiegeldurchschnitt, der deutlich über dem eigentlichen Durchschnitt der Mieten liegt, da bei ihm immer nur die in den letzten Jahren erhöhten Mieten einfließen.

MAKLERINNEN SAMMELN GELD FÜR KLAGE GEGEN BESTELLERPRINZIP
Der völlig unnötige Berufsstand der MaklerInnen, der das Grundbedürfnis nach Wohnen nur noch teurer macht, jammert über das sogenannte Bestellerprinzip, das zum 1. Juni in Kraft treten soll. Damit soll nicht mehr der Mieter bezahlen, sondern derjenige, der den Makler oder die Maklerin bestellt hat, also meist der Vermieter. Jetzt befürchten viele MaklerInnen Umsatzeinbußen und sammeln für eine Verfassungsklage.

[FR] WOHNUNGSEIGENTUM WIRD WENIGER, ABER IMMER TEURER VERKAUFT
Der Durchschnittswert beim Neubau von Eigentumswohnungen liegt in Freiburg jetzt bei 4.534€ pro qm. Mit 2472 Verkäufen wurde weniger verkauft als in den Jahren zuvor. Auch beim Verkauf von gebrauchten Wohneigentum stiegen die Preise 2014 um 7 Prozent. Waren es bei gebrauchten Immobilien 2009 noch 61% aller Immobilienverkäufe, die unter 2000 €/qm verkauft wurden, sind es 5 Jahre später nur noch 26 %.

HAUSBESETZUNG AM 1.MAI IN BERLIN?
In Berlin diskutierte die linke Szene im Vorfeld der alljährlichen Mobilisierung rund um den 1. Mai, dem Kampftag gegen die Arbeit, als Höhepunkt des 1. Mai ein Haus bzw. ein soziales Zentrum zu besetzen und möglichst zu halten. Für mehr nachhaltiges Wirken für eine etwas sozialere Stadt für Alle, statt bloß einmaliger Eventgegenkultur! Für eine breite HausbesetzerInnen-Bewegung!

[FR] OBERBÜRGERMEISTER WILL NICHT ÜBER HANDLUNGSPROGRAMM WOHNEN DISKUTIEREN.
Weil er offensichtlich eine Gemeinderatsmehrheit gegen sich fürchtete hat der Grüne Oberbürgermeister Salomon schnell mal die Notbremse gezogen und den von ihm vormals eingebrachten Punkt Handlungsprogramm Wohnen kurzerhand von der Tagesordnung der Sitzung am 17. März genommen. Das akute Nicht-Handeln der Stadt gegen die Freiburger Wohnungsnot hatte dazu geführt, dass SPD, UL, Freiburg Lebenswert und sogar die FDP gemeinsam einen Antrag einbringen wollten, der sich für die Verlängerung von auslaufenden sozialen Belegungsbindungen bei privaten Bauträgern und Genossenschaften um 5 Jahre einsetzte. Stadtbauwohnungen, die bis 2024 aus der sozialen Bindung fallen, sollten um weitere 10 Jahre ihre Bindung behalten. Für den zukünftigen Neubau von Geschosswohnungen forderten die Fraktionen einen 50-prozentigen Anteil von sozialgebundenen Mietwohnungsbau. Selbst dieses sozialdemokratische Maßnahmenpaket gegen die Wohnungsnot ist durch den Grünen marktradikalen OB nun erst einmal wieder aufgeschoben.

TOURISTEN STATT OBACHLOSE
So lautet das Motto in Hamburg. Wo im Rahmen des Winternotprogramms Obdachlose einen Schlafplatz hatten, will der städtische Unterkunftsbetreiber fördern&wohnen im Sommer in einem Hostel Touristen beherbergen, und das, obwohl der Bedarf an Schlafplätzen für Obdachlose auch im Sommer hoch ist.

RASSISMUS BEIM BERLINER LIEGENSCHAFTSFONDS
In Berlin knüpft der Liegenschaftsfonds, ein Tochterunternehmen der Stadt, die Vertragsverlängerung für das Wohn- und Kulturprojekt „Wagenburg Schwarzer Kanal“ an Klauseln, die das linke Projekt unmöglich annehmen kann. So soll laut Willen des Fonds „Obdach geben“ oder die „Unterbringung von Flüchtlingen“ Grund für eine fristlose Kündigung sein.

BZ BLICKT VOYEURISTISCH AUF ARMUT
In einem offenen Brief kritisiert die Initiative Schlüsselmensch die Berichterstattung des Badische-Zeitung-Redakteurs Adrian Hoffmann über die Lebensbedingungen der aus Freiburg abgeschobenen Familie Ametovic, die nun in einem Elendsviertel in Nis leben muss. Der BZ-Redakteur war selbst nach Nis gereist und hatte anschließend in mehreren Artikeln privateste Details der Familie der Öffentlichkeit präsentiert. So ging er sogar auf die Familienplanung von Frau Ametovic ein und bediente damit munter antiziganistische Stereotype, die in Roma die „wilden“ „Anderen“ sehen, die nun mal quasi von „Natur“ aus unzählige Kinder kriegten, anders als „wir“ „Zivilisierten“, die in Sachen Familienplanung in diesem naiven schwarz-weiß-Weltbild immer alles unter Kontrolle haben. Offenbar, so der Autor, lege keiner in der Siedlung Wert darauf, den Müll einzusammeln. Anstatt den BewohnerInnen der Siedlung pauschal zu unterstellen, ein sauberes Umfeld wäre ihnen nicht wichtig, ließe sich z.B. die Frage stellen, warum der serbische Staat es nicht für nötig erachtet, eine funktionierende Infrastruktur in diesen Siedlungen zu installieren. Anstatt zu fragen, aus welchen Gründen ganze Bevölkerungsteile in informellen Siedlungen wohnen, anstatt die serbische Administration mit solchen Lebensbedingungen zu konfrontieren, suggeriert der Artikel so, die Menschen seien an ihrem Unglück selbst schuldig. Die Initiative Schlüsselmensch sieht in der detailreichen Berichterstattung, die die Privatsphäre der Menschen ignoriert, poverty porn, also Armuts-Pornographie.

KRETSCHMANNS „DAS-BOOT-IST-VOLL-RHETORIK“
Zum wiederholten Male macht der Grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, Stimmung gegen Flüchtlinge und für schnellere Abschiebungen. So erklärte er, bezogen auf steigende Zahlen von Flüchtlingen und die Dauer von Asylverfahren, es sei „vor allem notwendig, dass die Verfahren beschleunigt werden, dass heißt, dass die, die kein Recht auf Asyl bekommen, dass wir die auch  zurückführen können, schneller, damit für die, die es tatsächlich benötigen, auch der notwendige Platz da ist.“ Es ist kein Platz für Flüchtlinge da: beste „das-Boot-ist-voll  Rhetorik“, aber nicht von NPD, CSU oder PEGIDA, sondern vom ersten grünen Ministerpräsidenten. Er setzt sich auch weiterhin für schnellere Abschiebungen ein. So erklärte der Grüne, dass verhindert werden müsse, dass Flüchtlinge, die kein Asyl bekommen, zukünftig nach drei Monaten in den Erstaufnahmeeinrichtungen überhaupt in die Kommunen „verteilt“ werden. Wie wir schon mehrfach ausgeführt haben, zeigt das wieder: Freiburg bekommt mit der Eröffnung der LEA Anfang 2017 ein auf Ausgrenzung und Abschreckung zielendes LandesErstAbschiebeLager. Wir meinen weiterhin: Niemand flieht ohne Grund! Refugees welcome!